Die Geschichte der Zukunft und die Frage der Identität
Anthropologie ist jene Deutung des Menschen, die im Grunde schon weiß, was der Mensch ist und daher nie fragen kann, wer er sei. Denn mit dieser Frage müßte sie sich selbst als erschüttert und überwunden bekennen. (Martin Heidegger)
Sicher gibt es bei Heidegger ein Bemühen, den Namen Nietzsche oder das „Wer ist Nietzsche“ auf die Einheit der abendländischen Metaphysik, ja auf die Einzigkeit einer Grenzsituation auf dem Gipfel dieser Metaphysik zu reduzieren. Und dennoch war die Frage „Wer ist X?“ seinerzeit, auf Denker bezogen, eine seltene Frage; sie ist es noch immer, wenn man sie nicht in einem trivialen biographischen Sinn versteht. (Jacques Derrida)
Wie Alice das Wunderland durchstreift, gerät sie an eine blaue Raupe, mit der sie ins Gespräch kommt. Mit der Frage „‚Wer bist du?‘ erkundigte sie sich gelangweilt und mit schläfriger Stimme“. Alltäglicher und banaler kann ein Dialog kaum beginnen und doch: „Diese Eröffnung der Unterhaltung war nicht gerade ermutigend“. „‚Ich weiß nicht recht, mein Herr‘, antwortete Alice ziemlich kühl, ‚wenigstens augenblicklich nicht'“. Dieses Nichtwissen über das eigene Sein hat seine Gründe, die jenseits der abstrusen Situation liegen. Sicher, in Alices Fall spielt die Verunsicherung eine wesentliche Rolle, denn seit sie sich im Wunderland befindet, mußte sie die wunderlichsten Veränderungen an sich erfahren, so daß sie Identitätsprobleme bekommt: „Ich bin nicht ich“. Was aber hätte sie antworten können auf die Frage „Wer bist du“?
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