Zeitschriften – H wie Habermas
Es ist nicht zu übersehen – je älter Habermas wird, umso auffälliger wird sein Autoritätsverlust und der ist umso signifikanter, als die Seitenhiebe oftmals aus verwandten Ecken kommen.
Zeitschriften – H wie Habermas
Es ist nicht zu übersehen – je älter Habermas wird, umso auffälliger wird sein Autoritätsverlust und der ist umso signifikanter, als die Seitenhiebe oftmals aus verwandten Ecken kommen.
Daß Roger Scruton, der englische Vorzeige-Konservative unter den Philosophen, mit „Fools, Frauds and Firebrands“ ein wesentliches Buch verfaßt hatte, und daß der Finanzbuchverlag selbiges voluminöses Werk nun unter dem Titel „Narren, Schwindler, Unruhestifter“ auf den deutschen Markt brachte, ist zweifelsohne verdienstvoll und ist bei der rechten Intelligenz begeistert aufgenommen worden. Von der Begeisterung kann man sich etwa auf dem „Kanal Schnellroda“ überzeugen.
Vor fast 25 Jahren, 1996, erschien eines der am meisten diskutierten und skandalisierten Bücher der Neuzeit: Samuel Huntingtons „Kampf der Kulturen“. In ihm entwarf er ein neues Paradigma des globalen politischen Zusammenlebens für die Zukunft. Anlaß genug, das Buch erneut zu studieren und abzuklopfen.
Der Mord an Walter Lübcke war ein Mord. Punkt. Wenn es denn einer war. Mehr muß man dazu nicht sagen, alles andere ergibt sich aus dem Strafgesetzbuch § 211. Das gleiche gilt, wenn es sich um einen Totschlag handeln sollte: Der Totschlag Walter Lübckes war ein Totschlag. Punkt.
Frage: Habermas sucht die gesellschaftspsychologische Ebene erst gar nicht, sondern sagt: Entzieht doch diese Dinge dem Nationalstaat. Wir brauchen neue europäische Institutionen. Er betätigt sich als Neukonstrukteur einer zusätzlichen überstaatlichen Ebene, die unsere Probleme in diesem eher auch vordemokratischen Raum mit neuen Institutionen lösen soll. Er baut sich da ein neues Europa. Was halten Sie davon?
Zum 90. Geburtstag
Nein, es handelt sich beim Titel nicht um ein neues Buch aus Habermas‘ Feder, nicht um eine soziologische Studie – wie die gleichnamige seines Doktorvaters Adorno –, sondern um den Versuch, den Charakter des Meisterphilosophen der Bundesrepublik, eines „deutschen Voltaire“, näher zu deuten. Als Quelle dient uns das vielfältig unerschöpfliche und hier besprochene Buch Karl Heinz Bohrers: „Jetzt“.
Es dürfte im Umkreis dieses Blogs ein mehrfaches Interesse an Helmut Lethens neuem Buch „Die Staatsräte“ geben. Das Zeitsujet, die Jahre des Nationalsozialismus und ihre Verwindung, gehören seit je zum engeren Aufmerksamkeitsspektrum, Carl Schmitt, Ernst Jünger oder Gottfried Benn zählen zum spezifischen Kanon, aber es kommt nun ein dritter wesentlicher Punkt hinzu: Lethen, Jahrgang 39, 68er, emeritierter Professor, Literaturwissenschaftler, einst in KPD-Kreisen aktiv und noch immer bekennender Linker, ist mit Caroline Sommerfeld verheiratet, die seit zweieinhalb Jahren einen kometenhaften Aufstieg im Sezessions-Milieu feierte. Das führte zu Verunsicherungen, hüben wie drüben.
Das Gute an Wahlen ist: jeder kann danach seinen Sieg feiern. Demokratische Wahlen haben, so lehrt uns die jüngere Geschichte, fast nur Sieger. Nicht nur die Demokratie als solche, ganz klar – die siegt immer, außer irgendwas Alternatives geschieht –, sondern auch die Parteien.
Vor 20 Jahren hielt Martin Walser seine legendäre Rede in der Frankfurter Paulskirche, deren Worte die deutsche Zivilgesellschaft bis heute ebenso erschüttern, wie die darin aufgezeigten und zu Bewußtsein gebrachten deutschen Idiosynkrasien. Stella Hindemith, eine Kulturwissenschaftlerin mit jüdischen Großeltern, hat dazu soeben einen aufschlußreichen und maßgebenden Artikel veröffentlicht, der den geistigen Zustand der „Eliten“ auf wunderbare Weise selbstkarikiert: „Im Umgang mit der deutschen Nazivergangenheit markierte Martin Walsers Rede in der Paulskirche eine Wende: Vor 20 Jahren verschob er die Grenzen des Sagbaren nach rechts.“
Das muß man erst mal können, angesichts der plötzlich mit aller Gewalt hereinbrechenden Migrationskrise, einen 25 Jahre alten Text aus dem Schubfach ziehen und ihn als Antwort auf hochaktuelle Fragen neu verlegen.
So also geht Demokratie nach linkem Verständnis – ich nehme mir die Freiheit, die Ereignisse in Greifswald zu verallgemeinern. Dort hat man lange und intensiv um den Namenspatron der Universität gerungen. Man wollte Ernst Moritz Arndt nicht mehr. Man, das ist in diesem Falle nicht „keiner“, wie Heidegger meinte – zum ersten Mal wird er von links „widerlegt“ –, sondern das sind die Meinungsmacher, die „Institutionen“, die Gremien, die Ausschüsse …, die so lange tagen und wieder tagen, bis das einzig akzeptable Ergebnis auch gegen den demokratischen Mehrheitswillen durchgesetzt ist. Und da behält Heidegger doch wieder recht: „Das Man, das kein bestimmtes ist und das Alle, obzwar nicht als Summe, sind, schreibt die Seinsart der Alltäglichkeit vor.“[1] – Man macht das eben.
Es ist wieder passiert – jemand hat sich zu Tode getwittert. Eine US-Schauspielerin setzt einen „rassistischen“ Tweet ab und im Handumdrehen wird die ganze Serie eingestellt, deren Star sie ist. Die Serie hat eine große Fan-Gemeinde. Sie einzustellen, dürfte der an schwerer PC leidenden TV-Gesellschaft weh getan haben, aber der selbst erzeugte Druck war größer und wird durch derartige Entscheidungen für folgende Fälle noch größer. Er wird eine Gefahr für künstlerisches und geistiges Schaffen überhaupt.
Mindestens drei Mal wurde in der Presse der Versuch unternommen, Uwe Tellkamps „deutschnationales Pathos“ (Dotzauer), seinen „mentalen Aufbaustoff“ für Neurechte (Assheuer), seine „heftige Abstoßung“ (Kämmerlings), sprich seine „rechte Verirrung“ im Gespräch mit Durs Grünbein aus seiner Werkgeschichte zu erklären. Dabei geriet sein früher Erfolgsroman „Der Eisvogel“ (2005) besonders ins Visier, der sich nun, dreizehn Jahre später, scheinbar neu deuten lassen soll. All sein rechtes Gedankengut sei dort schon, mehr oder weniger versteckt, angelegt gewesen.
Man mag darüber streiten, ob die deutsche Sprache ausdrücklich im Grundgesetz verankert gehört, wie die AfD gerade forderte, oder ob die bisherigen Regelungen genügen. Fakt ist, daß vor einigen Jahren ein gleichlautender Vorstoß der CDU wenig Aufregung erzeugte, während der sachlich und durchaus wohl überlegte Antrag der AfD von allen Fraktionen vehement abgelehnt wurde.
Man mache den Test: Man erwähne den Namen Heidegger im Gespräch mit einem Nicht-Heideggerianer und man wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gleich zu Beginn das Zauberwort „Nazi“ zu hören bekommen. Und meist ist das Thema damit beendet.
In der „Rheinischen Post“ hat Jürgen Habermas ein kurzes aber sehr prägnantes Statement zum Thema „Leitkultur“ abgegeben. Die Bündelung der Mitteilung gestattet es, seinen Gedankengang Satz für Satz zu erläutern und kritisch zu kommentieren:
Leitkultur: Das sagt Jürgen Habermas zur Debatte Weiterlesen
Aus der akademischen Ecke kommt, wenn es um Sloterdijk geht – vom Karlsruher Kreis abgesehen – fast nur Schweigen oder Häme. Da werden dann auch Ersatzduelle interessant. Eines fand vor 10 Jahren zwischen Boris Groys, wohl einem Sloterdijk geistig nahestehenden Philosophen, den Sloterdijk selbst auch häufig diskutiert und zitiert, und dem einstigen Shootingstar der traditionellen deutschen Philosophieszene, Vittorio Hösle, statt. Daraus ist ein kleines Buch entstanden: „Die Vernunft an die Macht“. Da ich beide Autoren in ihrer Entwicklung verfolgte, entstand eine kleine Rezension des lang erhofften Dialogs:
Sloterdijk polarisiert. Die Kritiken seiner Bücher, im Feuilleton ebenso wie bei Amazon, legen Zeugnis davon ab. Halten die einen ihn für einen genialen und sprachakrobatischen Neudenker, so sehen die anderen in ihm einen Schwätzer und aufgeblasenen Besser- und Alleswisser. Am Grunde der Aversion liegt oft ein frustrierendes Lektürescheitern. Tatsächlich ist die Einstiegshürde hoch und tatsächlich kann man Sloterdijk ohne ironisches Zwinkern – und vielen Menschen fehlt der Zugang zur Ironie – nicht genießend lesen. Um trotzdem einige seiner Gedanken kennenzulernen, mag man zur Sekundärliteratur greifen. Die ist vergleichsweise noch immer gering – vermutlich ein Zeichen der intellektuellen Verunsicherung, aber auch des weitgehenden Ausschlusses aus der akademischen Gemeinde des „philosophischen Schriftstellers“.
Zwei einführende Werke sind (bedingt) empfehlenswert: Hans Jürgen Heinrichs: „Peter Sloterdijk. Die Kunst des Philosophierens“ und Sjoerd van Tuinen: „Peter Sloterdijk. Ein Profil“
Wenn man glaubt, der Tiefpunkt einer Debatte sei erreicht, dann gibt es meist noch einen, der auch das letzte Halteseil kappt und den Flug in die Hölle antritt.
Nein, es handelt sich beim Titel nicht um ein neues Buch aus Habermas‘ Feder, nicht um eine soziologische Studie – wie die gleichnamige seines Doktorvaters Adorno –, sondern um den Versuch, den Charakter des Meisterphilosophen der Bundesrepublik näher zu deuten. Als Quelle dient uns das vielfältig unerschöpfliche und hier vor wenigen Tagen besprochene Buch Karl Heinz Bohrers: „Jetzt“.