Vom Fasten

Über das Fasten kann ich nichts sagen, was man nicht auch in der Literatur nachlesen könnte. Sollte man nicht auch hin und wieder vom Reden und Schreiben absehen, also diesbezüglich fasten? Ich sage trotzdem ein paar Sachen, weil ich immer wieder auf Widerstände stoße, wenn ich das Fasten verkünde. Man kann tatsächlich in die Verkündigung verfallen, denn es gibt nicht viel Schlechtes darüber zu vermelden, nur auf einige Fehler und Mißverständnisse hinzuweisen.

Buddha tat es, Jesus tat es, Mohammed tat es – sollte das nicht genügen? Jede Katze tut es, wenn es ihr schlecht geht. Für alle, die vom religiösen Furor abgeschreckt sind. Hier der philosophische: es ist ein Jungbrunnen, es ist eine Erfahrung, ohne die man diese Welt nicht verlassen sollte, es ist auch eine Befreiung und eine Selbstermächtigung. Was kann im weltlichen Sinne erhebender sein als die Erfahrung der Unabhängigkeit von just den Dingen, von denen unser Leben, unser Stoffwechsel abhängt – zumindest für eine Zeit?

Anfang Juni hatte ich zwei Wochen gefastet, streng, ziemlich streng und das heißt: zwei Wochen, 14 Tage nichts gegessen, keine feste Nahrung zu mir genommen und mir ging es sauwohl dabei. Man sollte ein paar Erfahrungen mitbringen, bevor man sich an eine solche Dauer macht, und man sollte ein paar Dinge beachten, nicht viel, aber Wichtiges – ich schreibe alles auf.

Die obligatorische Warnung zuvor: Wer schwere gesundheitliche Probleme hat, für den kann das Fasten die Universallösung sein, aber es kann auch – da es den Körper durch die Entlastung belastet – gefährlich werden. Magengeschwüre etwa sollten ausgeheilt oder nichtvorhanden sein. Auch bei Herzsachen wäre ich vorsichtig. Immer wieder liest man Warnungen für Krebspatienten – der Instinkt sagt mir, daß das Fasten, lang oder wiederholt, gerade hier sehr gute Dienste leisten kann, aber man sollte den richtigen Zeitpunkt wissen und nie ohne ärztliche Aufsicht beginnen. Alte Menschen sollten – sofern sie keine Erfahrung haben – nur in Begleitung fasten.

Für den durchschnittlich Interessierten empfehle ich einen der hunderten Fastenkurse, die meist in Gemeinschaft und mit ausgebildeten Fastenlehrern durchgeführt werden. Das kann man jährlich wiederholen, man kann aber auch bei einem einzigen Kurs bereits alles Wichtige lernen. Auch ich habe so angefangen. Der größte Vorteil ist hier, daß man aus der Alltagssituation herausgelöst ist, und das hilft, anfängliche Schwierigkeiten zu überwinden.

Erhöhter Blutdruck? Diabetes Zwei? Arthritis? Rheuma? Nichts wie hin! Was Besseres als Fasten gibt es nicht! Überhaupt: Entzündungen aller Art, Knochen, Gelenke, Gewebe, Muskeln, Blut, Zähne sollten durch das Fasten günstig beeinflußt, wenn nicht geheilt werden. Das ist millionenfach bewiesen, auch in unzähligen klinischen Studien …, die ich nicht gelesen habe und auch nicht lesen brauche.

Man sollte – sofern keine Vorbedenken vorliegen – mit sieben Tagen beginnen. Der gewünschte Effekt, die sogenannte Autophagie setzt in nennenswertem Umfang überhaupt erst nach drei bis fünf Tagen ein; ich denke, fünf Tage sollten das Minimum sein, obgleich drei Tage besser sind als ein Tag und der besser als gar nicht fasten. Auch Intervallfasten ist empfehlenswert, vor allem, wenn es ums Abnehmen geht.

Die aus meiner Sicht wichtigste Regel und Bedingung – daran scheitert es leider am häufigsten – ist der leere Darm. Ohne den geht nichts, viele müssen ihre Analangst überwinden – das ist der Preis.

Erster Akt ist das Glaubersalz oder ein Äquivalent. Zwei Eßlöffel – kleine Menschen können es mit weniger versuchen – in warmem Wasser auflösen und trinken und dann auf den Effekt warten. Das sollte ein veritabler Durchfall sein, unaufhaltbar, mit Urgewalt. Er kommt in Schüben, drei-, viermal, je nachdem.

Zweiter Akt und noch viel wichtiger: der Einlauf, und zwar jeden Tag. Daran verzweifeln die meisten. Ich habe das Fasten Leuten empfohlen, die schwer an Arthritis oder Gischt leiden, aber als ich den Einlauf erwähnte, erschreckt abwinkten und das Gespräch beendeten: sie konnten nicht mal darüber reden, ihr Anus ist tabu. Ich sage dann stets: Nun, dann tut’s halt noch nicht weh genug. Auch gut.

Der Einlauf besteht darin, sich einen dünnen Plastikschlauch einen halben Meter in den Hintern zu schieben und mit Hilfe eines Irrigators ein bis zwei Liter körperwarmes Wasser – die alten Griechen stellten sich mit Klistier in den strömenden Fluß, um das eiskalte Wasser reinzubekommen – einströmen zu lassen, dabei den Schließmuskel tapfer zu betätigen und so lange wie möglich auf die Körperwirkung zu warten, am besten sollten ein, zwei, drei peristaltische Wellen ausgehalten werden. Man liegt dabei auf dem Boden und kann den Druck durch Drehungen und Wendungen etwas steuern. Danach Feuer frei.

Das, wie gesagt, täglich! Bei längerem Fasten, wenn die Gedärme wirklich leer sind, genügt auch jeder zweite Tag. Nicht lecker, aber notwendig. Man wird erstaunen, daß auch nach Tagen noch immer jede Menge Stuhl herausgespült wird, der in Farbe, Konsistenz und Geruch vom herkömmlichen Erlebnis stark, meist negativ abweicht. Wer das nicht über sich bringt, braucht nicht weiterlesen, braucht sich nicht mit dem Gedanken befassen. Ich hatte einst ein befreundetes Paar begeistern können, die brachten aber das Anale nicht über sich und litten fürchterlich und brachen am dritten Tag ab – alles, was sie sich eingehandelt hatten, war eine Selbstvergiftung. Der ganze Scheiß muß raus, immer wieder, das ist das A und das O.

Das war das Wichtigste – und natürlich: nichts essen. Aber viel trinken. Wenn alles korrekt ausgeführt wurde, sollte man keinen Hunger spüren. Die ersten ein, zwei Tage können ein wenig beschwerlich sein, Kopfschmerzen vielleicht, vor allem bei Abhängigen (Kaffee, Alkohol, Nikotin, Zucker), ein bißchen Schwindel, Schwäche, Müdigkeit …, das ist bei jedem anders. Bei mir ist es eine leichte Vernebelung im Kopf. Am dritten Tag etwa sollte sich das alles klären, dann, wenn der Körper kapiert hat, worum es geht.

Er verfällt zuerst in einen Alarmzustand und versucht, alles zu behalten, was er bekommen kann. Das kann auch nur Wasser sein, weshalb es wichtig ist, nicht auf Salz zu verzichten. Diesen Fehler habe ich einst gemacht – man liest es auch oft in der Fachliteratur –, was mir dicke Gelenke, Wassereinlagerungen einbrachte. Man kann das Problem von vornherein lösen, indem man der abendlichen „Suppe“ – dazu gleich ein Wort – entsprechend Salz, möglichst qualitativ hochwertiges Salz, Himalaya-Salz etwa, zufügt. Die Suppe ist eigentlich nur ein Saft, d.h., man kocht verschiedene Gemüse aus und löffelt nur das Wasser. Wenn man mit guten Kräutern würzt und auch noch ein paar Schwebeteile drin läßt, einen Schuß Olivenöl zugibt, bekommt man dennoch ein paar Kalorien – es dürfen nur nicht zu viele sein, denn wenn der Körper „glaubt“, es gäbe was zu essen, dann kann es schwierig werden.

Übrigens: bei allen Problemen, die auftauchen können – Hunger, Kopfschmerz in der Regel – hilft fast immer ein deftiger … Einlauf. An ihm kann man auch ermessen, ob man genügend trinkt, denn tut man das nicht, dann wird der Darm sein Wasser von unten beanspruchen.

Alles andere kann man nachlesen: Entlastungstag, Fastenbrechen etc. Am besten bei Buchinger selbst, der auch eine Art Philosoph war und nach dessen Methode heute im Westen die meisten Menschen fasten.

Ich habe nach 14 Tagen einfach aufgehört. Die ganze Aktion verlief komplett problemlos, ich konnte auch meine normale Arbeit fortführen, war klar im Kopf, vielleicht sogar klarer. Sport gab es keinen, aber dafür jeden Tag anderthalb Stunden Waldgang. Führte bei mir zu Wadenverhärtungen, kann man mit etwas Magnesium lösen – man muß einfach auf seinen Körper hören und mitdenken, das ist alles.

Einfach aufgehört heißt: ich hätte problemlos weitermachen können. Vorgenommen hatte ich mir sieben Tage, anvisiert zehn und 14 als Limit vorgegeben. Es stellte sich dann heraus, daß vielleicht auch 21 möglich gewesen wären aber sechs Kilo Gewichtverlust brachten mich zwei unters Idealgewicht, also ließ ich es genug sein. Seither halte ich das Ideal, das laut BMI Grenzwert zur Unterernährung darstellt, aber man sollte diesen steifen Zahlen nicht zu viel Bedeutung zumessen. Ich fühle mich wohl, leicht, bin leistungsfähig, habe auch acht Wochen danach keinen Alkohol getrunken, die Leber mal aufatmen lassen, und trinke noch immer deutlich weniger als zuvor, vertrage aber besser. Die Verdauung – immer das beste Zeichen – läuft seither Eins A, nahezu geruchslos – nur meine Frau widerspricht –, einmal am Tag in einem Flutsch, helle Farbe, zusammenhängend, morgens … wie im Lehrbuch. Danach wenig Fleisch, deutlich weniger Zucker … das kommt alles von ganz allein.

Im Herbst werde ich wieder sieben Tage fasten, man muß nur eine gute Phase finden, möglichst zurückgezogen, Urlaub vom Alltag …, aber es geht in der Theorie auch am Arbeitsplatz (für erfahrene Faster).

Ein Gedanke zu “Vom Fasten

  1. Pérégrinateur schreibt:

    Ich faste sehr regelmäßig – vom Fasten. Es fällt mir nicht schwer, denn ich verzichte unschwer auf spirituelle Übungen zugunsten von intellektuellen. Und wenn mir dereinst mein Stündlein schlägt, werde ich trachten, wie La Mettrie am [Pastetentod] zu sterben.

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