Die Globalisierung hat uns nicht nur die Fernstenliebe, sondern auch die Fernstensorge beschert. So dürfen wir uns – neben tausend anderen Sorgen – auch über den Zustand der Demokratie in Chile ängstigen, am anderen Ende der Welt.
Dort gibt es gerade einen konservativen Backlash – reacción, wie man dort so treffend sagt –, weil sich die Progressisten zu siegessicher waren und zu schnell alles wollten. Nämlich in der Verfassung all das festzuschreiben, was uns auch zu Hause sorgt: Gendergerechtigkeit, Wokismus, Quoten etc. Laut „Welt“: „Multikulturell, gendergerecht und ökologisch sollte die neue Verfassung sein, weltweit einzigartig. Dazu gehört das Recht auf „nicht-sexistische“ genderneutrale Bildung in Schulen und Universitäten, ein plurinationaler, interkultureller und ökologischer Staatsbegriff und ein sozialistischer Feminismus, der es möglich machen sollte, dass alle staatlichen Organe der Politik paritätisch besetzt sein müssen, theoretisch aber auch einen Frauenanteil von 75 oder 100 Prozent hätten haben können.“ Weiterlesen →
Es gilt ein Journal anzuzeigen, daß es fast nicht gibt. Die Auflage ist klein, kaum dreistellig, die Autoren bleiben anonym und selbst der Bestellvorgang erfolgt quasi-konspirativ: man schickt einen Zehneuroschein an eine Anschrift und bekommt ein paar Tage später – wenn man Glück hat – einen weißen Umschlag ohne Absender …
Das Magazin komplettiert die mittlerweile breit gefächerte rechte Druckmedienlandschaft mit einer jugendlichen, dynamischen, manchmal regelrecht aggressiven Komponente. Weiterlesen →
Precht und Welzer versuchen, einem mysteriösen Phänomen auf die Spur zu kommen und Abhilfe zu schaffen: der Selbstgleichschaltung und Kritikresistenz der Hauptmedien. Diese reagierten auf allen Kanälen fast unisono mit Leugnung, Verriß, Häme und Wut – eine bessere Bestätigung der These konnten sie kaum liefern. Daß dem so ist, weiß jeder, der nicht die Mainstream-Meinung in puncto Migration, Corona oder Ukraine-Krieg vertritt. Die Kritiker aber wollen Evidenz, Statistiken, Studien; Precht und Welzer bieten hingegen viel anekdotische Evidenz und gefühlte Eindrücke. So machen sie sich in einer wichtigen Sache angreifbar – die Relevanz ihrer Überlegungen wird davon nicht tangiert. Die eigentliche Schwäche ihrer Argumentation ist bisher – in den Hauptmedien – allerdings noch nicht ausgesprochen worden. Weiterlesen →
Großes Aufsehen erregte mal wieder Viktor Orbán. Nach einem Fußballänderspiel besuchte er die Spielerkabine, um einen Veteranen – dessen Abschiedsspiel es zugleich war – zu begrüßen. Dabei hing ein Schal mit den nationalen Farben um Orbáns Schultern. Bisher alles normal. Auf dieser Devotionalie war allerdings mehr zu sehen: die Umrisse Großungarns. Weiterlesen →
Rezension von: Pedro Baños: So beherrscht man die Welt. Heyne 2019
Es gab in den letzten Wochen ein verstärktes Interesse für Baños‘ Buch. Woher es kommt, darüber kann ich nur spekulieren. Vielleicht war Erik Lehnerts Vortrag zur Geopolitik der Auslöser oder sein entsprechender Beitrag in der „Sezession“ Heft 110. Dort findet sich auch eine sehr kurze Vorstellung des Buches. Aufgrund des Interesses stelle ich meine sehr ausführliche Rezension des Werkes erneut ein. Sie entstand vor drei Jahren und ist noch immer weit und breit die umfassendste und neutralste. Das Buch ist auf dem deutschen Markt weiterhin „verschwunden“, das spanische Original, eine italienische oder polnische Übersetzung kann man erwerben.
Dank des Angebotes des „Antaios”-Verlages und meines schnellen Entschlusses, kam ich in die Lage, jenes Buch lesen zu können, das den meisten Menschen in diesem Land verwehrt bleiben wird, weil ein Journalist – Alan Posener – dieses Buch als antisemitisch bezeichnete. Daraufhin nahm der namhafte Heyne-Verlag es aus dem Programm und ihm folgten in einer seltsam konzertierten Aktion alle – alle! – kommerziellen Anbieter auf dem Fuß. Ich versprach daraufhin, das Buch hier öffentlich zu besprechen.
Die Frage ist noch nicht endgültig entschieden: Schadet es einer Sache mehr, wenn sie aktiv bekämpft wird oder wenn man sie mit falschen Mitteln verteidigt? Ist also der Gegner der eigentliche Feind oder ist es doch eher der in der Sache Verbündete, der diese aber schlecht vorträgt und falsch begründet?
Man kann David Richard Prechts und Harald Welzers Mut, sich gegen die Fehlentwicklungen in der „Vierten Gewalt“ – und damit, wie die gestrige Sendung bei Lanz zeigt gegen diese selbst – zu stellen, begrüßen, man kann aber auch über die viel zu kurzen Sprünge der beiden entsetzt sein. Weiterlesen →
Zwei Artikel mit scheinbar gegensätzlichen Botschaften kreuzten sich heute im Internet.
Zum einen hatte Martin Lichtmesz auf „Sezession im Netz“ den zweiten Teil seiner „Bilanz der Impfschäden“ vorgelegt, zum anderen zeigte sich Jan Josef Liefers, Initiator der #allesdichtmachen-Initiative, nach einem Besuch auf einer Intensivstation geläutert und plädiert nun offen für die Corona-Impfung. Sein Fazit: „Bei keinem der Patienten wäre eine Intensivbehandlung nötig gewesen, wenn sie geimpft gewesen wären.“
Die „Hohe Luft“ – ein vielversprechender Titel –, die als „Philosophie-Zeitschrift“ vertrieben wird, „für alle, die Lust am Denken haben“, kam ganz zufällig in meinen Blick. Daniel-Pascal Zorn hatte via Twitter auf einen seiner Artikel in diesem Blatt und damit auf ein überhohes Niveau verwiesen – Zorn sieht sich quasi als letzten streng denkenden Philosophen der Gegenwart, der gern fast allen anderen Zeitgenossen das Philosoph-Sein abspricht. Exakt, was meine dürstende Seele suchte.
Wie sagt der Engländer? It blew me away! „Tumult“ – gleich vorweg – ist ein Magazin allererster Güteklasse, ich kann nur schwärmen, habe es von der ersten bis zur letzten Seite durchgelesen, viele Unterstreichungen gemacht, immer wieder Recherchen angestellt, Bücher bestellt oder begutachtet, mich immer wieder belehrt und angeregt gefühlt und auch das Gefühl gehabt, nicht dauernd das Gleiche und Altbekannte, sondern wirklich Originelles zu lesen. Geärgert habe ich mich nur darüber, daß ich die Zeitschrift nicht schon früher geordert habe.
Man sollte immer wieder versuchen, seinen Horizont zu erweitern, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. In diesem Monat habe ich zwei mir neue Zeitschriften bestellt, drei andere habe ich bereits im Abo und eine der beiden neuen wird nun hinzukommen. Drei davon möchte ich nachfolgend kurz vorstellen.
Die Kehre
Die habe ich seit Beginn ihres Erscheinens abonniert, sie nennt sich „Zeitschrift für Naturschutz“, ist geistig im neurechten Milieu verwurzelt und sieht sich – wie der Name bereits verrät – im gründenden und hegenden Denken Heideggers verwurzelt. Treibende Kraft ist Jonas Schick, ein junger studierter Politologe, der auch auf „Sezession im Netz“ veröffentlicht. Mit seinen 30 Jahren hat er sich offenbar schon recht tief in die wissenschaftliche Öko-Debatte eingearbeitet. Das Ziel der Zeitschrift ist es wohl, das Ökologie-Thema dem linken Diskurs streitig zu machen und es dorthin zurückzuholen, wo es genetisch hingehört: nicht in die progressistische – denn blinder Fortschrittswille ist das Entree Billet in die Umweltkatastrophe –, sondern in die konservative Ecke, aus der es auch geboren wurde. Auch wenn Heidegger, die beiden Jünger und nun noch Sieferle zu den wesentlichen geistigen Inspirationsquellen gehören, befleißigt man sich doch auffallend, die ganze Breite, vor allem auch die aktuelle Diskussion und gänzlich ohne ideologische Scheuklappen, einzubeziehen, also weg von den grauen Klassikern – die im Hintergrund weiter wirken – hin an den Puls der Zeit.
Sicheres Anzeichen dafür, daß Politik durch Abkapselung vom realen Leben in die gefährlichen Sphären der selbstimmunisierenden Phantasie abwandert, ist es, wenn die Protagonisten damit beginnen, ihre eigenen, ganz persönlichen Wahrnehmungen, Erfahrungen, Empfindungen und die daraus gezogenen Schlüsse zu verallgemeinern, als Universallösung anzupreisen und die Öffentlichkeit dazu bringen wollen – durch Zwang, Überredung oder Propaganda – diese auch zu verwirklichen. Stalin und Mao gelten als klassische Beispiele.
Vor fünf Jahren sagte ein hochgebildeter Akademiker mir, als ich auf die Gefahren einer zu starken Einwanderung und der Islamisierung hinwies, ganz lapidar ins Gesicht: Nun, bisher hatten wir das christliche Zeitalter, jetzt folgt eben das muslimische – was ist dabei?
Wer wissen wollte, was das Wort „Terror“ bedeutet, der hätte es heute Nacht live erlernen können. Ein einzelner Verbrecher – vielleicht auch zwei –, der, wie wir nun wissen, gerade einmal neun Minuten mit seiner Bewaffnung unterwegs war, bevor ihn die tödliche Polizeikugel traf, hatte eine ganze Stadt, ein Land, einen Kontinent in Atem gehalten. Stundenlang überschlugen sich die Meldungen, klangen immer dramatischer. Zwischenzeitlich war sogar von zehn Tätern die Rede, von mehreren Festnahmen, von sieben bestätigten Toten, von kriegserprobten tschetschenischen Banden (die es natürlich trotzdem gibt) und man mußte ein weitaus schlimmeres Erwachen befürchten. Als ich gegen zwei Uhr ins Bett ging, wähnte man noch immer mindestens drei Attentäter unterwegs.
Das war Terror in Reinform. Das Wort bedeutet – ich wiederhole es – „Schreckensbotschaft“ und auf die Botschaft kommt es an. Die Angst, die Unübersichtlichkeit, die bereits tief verinnerlichte innere Bereitschaft – spätestens seit 9/11 halten wir alles für möglich – und die mediale Verstärkung – ohne Medien gibt es keinen Terror[1] – haben zu einer vollkommenen Überhöhung der Lageeinschätzung geführt. Wien war für einige schreckliche Stunden in einer Terrorblase gefangen, aus der es erst das Tageslicht erlösen konnte. Das ist der Blueprint für alle kommenden Ereignisse dieser Art.
Und daß sie kommen werden, daran zweifelt wohl niemand, denn sie sind der zu zahlende Preis einer maßlosen Zuwanderung, einer Segregation der Kommunen, einer naiven, blinden und ideologisch verzerrten utopischen Politik, die von einer Buntheit und Diversity mit eschatologischer Inbrunst träumt. Der Traum geht davon aus, daß sich dann die menschlichen Konflikte wie von selbst lösen und wir in einer quasi gewaltlosen Welt leben werden – die Realität ist aber schon da und zeigt uns just das Gegenteil.
Das ist bereits das muslimische Zeitalter – das wird es mehr und mehr sein.
Unsinn – damit behaupte ich nicht, daß alle Muslime oder daß der Islam etc. in ihrer Gesamtheit … Es ist doch ganz klar, daß die meisten Muslime – wie die meisten Menschen überall – friedliche Zeitgenossen sind, die allerallermeisten. Und auch der Islam zwingt niemanden – auch nicht den gläubigen Muslim – die kuffar zu töten und zu verfolgen, selbst wenn es derartige Passagen im Heiligen Buch dieser Religion oder in den Hadithen und Rechtsbüchern gibt (es gibt auch dem widersprechende) und Michael Stürzenberger es tagtäglich behauptet. Aber es ist als Potenz, als Möglichkeit in sein geistiges Erbgut eingepflanzt und dieses wurde – im Gegenteil zum Christentum, in das es ebenfalls (wenn auch deutlich weniger) eingepflanzt war –, nie tiefgründig reformiert, durch eine überbordende und tatsächlich vielfältige Theologie relativiert und totgequatscht, und ist erst recht nicht einer jahrhundertealten Säkularisierung und Selbstverdauung ausgesetzt gewesen. Der Grund dafür liegt vordergründig in einem mohammedanischen Geniestreich – aber der ist hier nicht das Thema.
Die Wahrscheinlichkeit, daß Muslime die religiöse Botschaft im Frontradio hören, ist vielfach höher als bei anderen geschichtsrelevanten Religionen – und die übersetzt sich auch in Terror. Sie ist außerdem von der Religion ganz unabhängig in einer Gesellschaft erhöht, in der die Menschen keine gemeinsame Grundkultur, Lebensweise, Sprache, ethnische Nähe teilen, weil dort, wo Menschen sich fremd sind und habituell bleiben müssen, das Gemeinsamkeitsempfinden und damit das gegenseitige Verantwortungsgefühl schwinden muß. Dieser Gedanke erscheint mir so einleuchtend und evident, daß er auch ein ideologisch stark vorbelastetes Hirn erreichen können müßte.
Selbst wenn Diversity die Endlösung wäre, so käme sie zu einem teuren Preis und eine Facette ist der Terror, andere sind Kriminalität, Alltagsgewalt, Parallelgesellschaften, innere Konflikte, soziale Kälte usw. Man kann unendlich viel Pluralismus-Scholastik und Sophistik, Wortdreherei dagegen anführen – es sind und bleiben Tatsachen. Entweder ihr kapiert das oder ihr kapiert es nicht, wollt es nicht kapieren.
Nun haben wir in Wien erneut den Glücksfall, daß zwei türkische Jugendliche die „Helden von Wien“ wurden – widerlegt das nicht den obigen Defätismus? Es ist aber ein weiteres Indiz dafür, daß das muslimische Zeitalter bereits angebrochen ist.
Wie hätte die Presse reagiert, wenn zwei junge Identitäre die Helden gewesen wären? Eine solche Frage muß man sich stellen, um die korrekte Antwort zu bekommen.
Die beiden Männer sind durchtrainierte Martial Arts-Athleten – man darf annehmen, daß eine gehörige Portion Abenteuerlust, ein Schuß Adrenalin und nahöstliches Machotum eine Rolle gespielt haben. Aber sie waren mutig, haben ihr Leben riskiert, um anderes zu retten – das muß man anerkennen.
Sind sie deshalb schon Österreicher? Sie könnten es theoretisch sein – wenn man ihren Spuren im Internet allerdings ein wenig folgt, dann kommen Zweifel auf. In ihren martialischen Kämpfen treten sie stolz als Türken auf und in der Hagia Sophia heben sie in typischer Islamistenart den Zeigefinger zum Allah-Siegel oder posieren mit dem Fingerzeichen der „Grauen Wölfe“.
Eine Dummheit vermutlich, gänzlich ungefährlich – aber stünden die Türken mal wieder vor Wien, wer wollte die Hand dafür ins Feuer legen, daß die zwei auf europäischer Seite kämpften? Das ist die Wahrheit hinter eurer Multikultiblase. Sie sind vermutlich so österreichisch wie der Attentäter höchstselbst.
Statt sich diesen Evidenzen zu stellen, verliert die Linke nun Krokodilstränen. Hassnain Niels Kazim etwa schreibt in der „Zeit“: „Mein Wien war der Inbegriff von Frieden. Nun ist der Terror auch hier angekommen. Hoffen wir, daß die Terroristen ihr Ziel nicht erreichen, die Gesellschaft zu spalten.“ Kazim lebt in Wien, ist persönlich be- und offenbar auch getroffen. Aber den ursächlichen Zusammenhang will er nicht sehen, stattdessen ist es die „antiislamische Stimmung“, die den Terroristen in die Hände spiele.
Natürlich gibt es die, aber sie ist ein Resultat und der Terrorismus ist nur eine ihrer Bedingungen. Man müßte schon einen apriorischen Antiislamismus konstruieren, wollte man dieser Konstruktion folgen. Den aber gibt es nicht. Er ist stattdessen historisch evidenzgetragen und betrifft auch nicht nur Muslime.
Menschen sind in ihrer langen Menschwerdung evolutiv darauf getrimmt, es liegt in ihrer anthropologischen Natur, sich bevorzugt mit ihresgleichen zu umgeben. Das Gefühl zunehmender Fremdheit führt ganz natürlich zu Distanzen und Aversionen und wird deutlich verstärkt, wenn man das Empfinden hat, daß der Fremde sich dem Eigenen nicht anzupassen versucht. Die stark ausgeprägte Inklusion des Islam – theologisch seine größte Stärke – macht die Annäherung sehr schwer. Der Effekt wäre im Übrigen ähnlich, wenn Millionen Österreicher in kürzester Zeit nach Pakistan auswandern wollten.
Es nützt auch nichts, auf Christchurch oder Halle oder den allgegenwärtigen Rechtsextremismus hinzuweisen – den es freilich gibt und der zu bekämpfen ist –, vielmehr kommt es darauf an, zu verstehen, daß auch diese Form des Terrors ganz wesentlich – wenn auch nicht ausschließlich – eine Reaktion auf die rasanten demographischen und kulturellen Veränderungen ist. Er ist in keiner Form gerechtfertigt, aber er ist erklärbar.
Kazim sorgt sich nun um die Spaltung der Gesellschaft. Es gibt ihn in zweierlei Varianten. Wenn er für „Zeit“ und „Spiegel“ schreibt, dann säuselt er gern versöhnliche Worte, wer aber etwa seinen Äußerungen auf Twitter und Facebook folgt, der lernt einen verbitterten, vermutlich haßerfüllten[2] und hochgradig intoleranten Menschen kennen, der sich einen Spaß daraus macht, seine politischen Gegner zu triggern, und der allzu gerne in Verbotsphantasien seiner politischen Gegner schwelgt. Dieses „Spiel“ bewirtschaftet er auch noch, formt aus den Haßkommentaren, die er provoziert und dann meist grundsätzlich auf seine migrantische Herkunft projiziert, Bücher und wird zum Bestsellerautor und geschätzten Medienkommentator – er bedient die gierigen Bedürfnisse seiner eigenen Blase. Kazim ist ein Spalter par excellence und erntet dafür – wie sein Kumpan Igor Levit – Unterstützung, Anerkennung, Verträge und hochdotierte Preise vom Establishment.
Sein hintergründigstes Spiel ist nun die Rolle des Kalifen. Mit einem gewissen Sinn für doppelsinnigen Humor imaginiert er die Gründung eines eigenen Kalifats, dem sich seine Anhänger zu unterwerfen hätten. Hunderte oder Tausende folgen dieser Scharade und mimen Untertanen des Kalifen. Damit soll die Idee der Islamisierung und des Bevölkerungsaustausches karikiert und ins Lächerliche gezogen werden. Ein neues Buch beim Branchenriesen „Penguin“ ist auch schon angekündigt.
manche haben mich gefragt, woran ich denn gerade schreibe. Viele glauben, ich arbeitete an einem Kochbuch (gut, das habe ich selbst befeuert). Tatsächlich ist dies mein nächstes Buch. Es erscheint im… pic.twitter.com/PzPzPCblhS
Vielleicht wird ihm das Spiel nun ein wenig vergällt, wenn er begreift, daß auch der Wiener Terrorist, der ihm letzte Nacht Angst gemacht hat, auf einen Kalifen geschworen hatte, vielleicht kann er nun verstehen, daß nicht alle diese Art Witz lustig finden, vielleicht denkt „Penguin“ sogar um und macht eine politisch korrekte Kehre? – aber dazu bedürfte es wohl noch eine Dosis mehr vom muslimischen Zeitalter.
[1] Am gleichen Tag kamen in Kabul 35 Menschen bei einem Terrorangriff ums Leben, ohne daß das größere Panik ausgelöst hätte – vermutlich nicht mal vor Ort.
[2] So zumindest kann er wirken, wenn man sich auf der anderen Seite der Argumentationen befindet.
Die spannendste Frage hinsichtlich des neuen Borat-Filmes war, inwieweit Sascha Baron Cohens geniale Travestie- und Rollenkunst von vor einem anderthalb Jahrzehnt, heutzutage – in Zeiten der alles durchsetzenden Politischen Korrektheit, in Zeiten von BLM, in Trumps Epoche, in Corona-Zeiten etc. noch machbar ist und ob sie noch wirkt, noch wirken kann, noch wirken darf.
Viele Leute kennen Götz Kubitscheks Namen und wissen, was sie über ihn zu denken haben, aber deutlich weniger Menschen wissen tatsächlich, was und wie er denkt. Denn gemessen daran, daß er als der spiritus rector der Schnellrodaer Neuen Rechten gilt – die vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft werden – sind seine Wortmeldungen überschaubar und widmen sich meist nur dem Grundsätzlichen.
Die eklatanten Mißstände in unserem Medienwesen zu beschreiben und zu erklären, sind zwei ganz verschiedene Dinge. Weder Moreno noch Meinhardt – aller Verdienste eingedenk – versuchten sich an systematischen Aufklärungen. Uwe Krüger kam dem in seinem verdienstvollen „Mainstream“ am nächsten, indem er die Prozesse innerhalb der Redaktionen unter die Lupe nahm, aber die Einbettung dieser Phänomene in die gesamtgesellschaftliche Atmosphäre hat auch er nicht gewagt. Hier müßte eine historische Analyse durchgeführt werden. Wenn es so etwas geben sollte, dann wohl unter der Aufmerksamkeitsschwelle der Öffentlichkeit.
Bücher, die den Presse-Mainstream entzaubern, haben Bestsellerpotential. Dies allein schon ist ein Indikator des wachsenden Mißtrauens gegenüber Betreuungsmedien.
Hatte Juan Moreno letztes Jahr den Relotius-Skandal als Einzelfall auseinandergenommen, so beschrieb in diesem Jahr der preisgekrönte Ex-Journalist Birk Meinhardt seinen schmerzlichen Abschied von der „Süddeutschen Zeitung“ – er konnte Regulierung und Verengung des Meinungskorridors nicht mehr ertragen. Bei allen Verdiensten bleiben beide Versuche an der Oberfläche, das Systemische wird vermieden oder kommt nur gelegentlich zum Vorschein.
In meinem erweiterten Freundeskreis gibt es gleich zwei Abonnenten und bekennende Leser der „Süddeutschen Zeitung“. Es ist noch gar nicht lange her, da bekannte ich, just dieses Blatt kaum noch lesen zu können, so groß seien mittlerweile die Aversionen gegen ein stromlinienförmiges Propagandaorgan. Ich erntete beide Male entsetzte Blicke, die ein fundamentales Erstaunen signalisierten und beide Male vehemente Verteidigungen dieses Flaggschiffes des offenen Meinungsaustausches und der objektiven Information.
„Komm, wir schalten das Radio an“, sage ich zu meiner Frau, „mal hören, wie lange es dauert bis zur ersten Propagandasendung“. Es ist kurz nach 15 Uhr, wir haben soeben die deutsche Grenze – unkontrolliert – überfahren. Ich wähle den Deutschlandfunk, kann das allgemeine Gedudel nicht ertragen. Und – ungelogen – es dauert ganze drei Minuten bis wir auf diesen Satz stoßen: „Auch wenn es häufig zutrifft, Pop-Musik ist nicht zwingend progressiv und links.“