Klopp – You’ll Never Walk Away

Entsetzen in der Fußball-Welt: Jürgen Klopp hört zum Saisonende als Trainer bei Liverpool auf, erfüllt seinen Vertrag bis 2026 nicht. Er zählt schon jetzt zu den ewigen Ikonen dieses besonderen Klubs.

So außergewöhnlich seine Leistung als Trainer ist, so gewöhnlich ist – bzw. wird sein – seine Entscheidung. Man kann das alles perfekt verstehen. Ein solcher Job zehrt unfaßbar an den Kräften: Jahr aus Jahr ein, Tag für Tag, Stunde für Stunde „hundertzehn Prozent“ – wahlweise auch zweihundert oder hunderttausend – zu geben, bringt den Menschen an seine Grenzen – besonders den modernen Menschen. Und da wird es für uns interessant.

Das Handtuch zu werfen, bevor Ruf, Aufgabe oder Vertrag erfüllt worden sind, liegt im Trend und wird in Zukunft wohl weiter um sich greifen. Hätte ein erfolgreicher Trainer im besten Alter, von den Fans geliebt und verehrt, so etwas vor 50 oder 20 Jahren auch tun können? Vermutlich nicht. Das süße Gift der work-life-balance-Ideologie steckt nun in unser aller Adern, etwas bis zum Ende durchzustehen, auszuhalten, ist kein positiver Wert mehr.

Vor zwei Wochen etwa dankte die dänische Königin Margrethe ab; man muß bis ins Jahr 1146 zurückgehen, um einen Präzedenzfall zu finden.  Sportler treten auf dem Höhepunkt ihrer Karriere zurück, obgleich sie noch viele erfolgreiche Jahre gehabt hätten, Magnus Carlsen, das Übergenie des modernen Schach hat keine Lust mehr auf TitelverteidigungPernille Vermund zerstört mit ihrem Rückzug eine ganze Partei, Jacinda Ardern gab von einem auf den anderen Tag ihren Rücktritt als neuseeländische Premierministerin bekannt usw. Aber auch in unserem Alltag sehen wir viele Menschen trotz erheblicher Abschläge mit 63 in die Rente gehen.

Den Ursündenfall aber schuf Joseph Ratzinger, als er 2013 als Papst Benedikt XVI. freiwillig seinen Stuhl räumte. Sünde an der Kirche war das gleich mehrfach: Er saß auf dem Heiligen Stuhl, als Stellvertreter Gottes auf Erden – auf der ganzen Welt gab es nur eine Stellung, die unaufgebbar war, und das war seine. Daß er damit wissentlich einem Befreiungstheologen das Zepter überließ, der aktiv an der „Anpassung“ – andere sagen Zerstörung – der Katholischen Kirche arbeitet, kommt erschwerend hinzu. Schließlich hatte er in Johannes Paul II. selbst einen Vorläufer und persönlichen Lehrmeister, der exemplarisch vorlebte, was es heißt, sein Kreuz bis zum bitteren Ende zu tragen. Daß ausgerechnet ein Konservativer und Deutscher diese Zäsur der Selbstzerstörung setzte, mag man als Ironie der Geschichte begreifen oder auch als vollkommen zwingende Folge des neudeutschen Wesens.

Die alte Generation jedenfalls, die Wojtilas oder Elisabeths, stirbt aus. Bald wird man gar nicht mehr verstehen können, wieso sie sich so lange plagten und anstrengten. Auch Klopp werden weitere folgen, und zwar in allen Positionen, Rollen, Aufgaben. Das geheimnisvolle Wort „Aufgabe“ entfaltet seine volle Bedeutung. Es gibt nun immer eine zweite Möglichkeit, die umso attraktiver wird, je größer die Schwierigkeiten werden. Flucht wird zur positiven Tat. Die Täter werden sogar noch dafür belohnt, denn man überschüttet sie mit der bewundernden Botschaft, doch so unendlich mutig gewesen zu sein, diesen Schritt zu gehen. Ein besseres Beispiel für die Verkehrung, die Pervertierung aller wesentlichen Begriff in unserer modernen Welt wird man schwerlich finden.

So sehr man diese Entscheidungen persönlich nachvollziehen kann, so wichtig ist es, ihre allgemeine Bedeutung zu verstehen: Dem Westen geht der Atem aus, er bringt systemisch Menschen hervor, die Begriffe wie Pflicht, Ehre, Norm, Beruf, Treue, Versprechen, Opfer etc. nicht mehr in ihrer Tiefendimension fassen können, sich daran nicht mehr gebunden sehen. Die Wohlstandsgesellschaft gebiert ihren eigenen Tod, indem sie Menschen, Einzelkinder, aparte Identitäten produziert, die zwar den Wohlstand genießen, die Voraussetzungen für die Schaffung des Wohlstandes aber nicht mehr leisten wollen: Entbehrung, Durchhaltevermögen, Disziplin, Einsatz, Wille, Arbeit und Kinderkriegen.

Der Erfolg frißt seine Kinder und die Kinder fressen den Erfolg.

Ein Gedanke zu “Klopp – You’ll Never Walk Away

  1. Frank Danton schreibt:

    Ich bin mir ungefähr sicher, das Klopp körperlich am Ende ist. Er gehört ja zu den Überzeugungs-Geimpften. Die mRNA/Spikes nagen an seiner Gesundheit, aber er würde einen Teufel tun dies öffentlich zuzugeben. Als Teil der primitiven Propaganda rund um die Spritze, und Klopps extrem diffamierenden Einlassungen gegenüber Ungeimpften besteht wenig Bedarf in dieser Kausa Kausalitäten zu sehen. Dieser massive Leistungsabfall, den Klopp m.E. hinnehmen muß nach der 2., 3., 4. Impfung, ist in diesem Job tötlich. Klopp ist Opfer seiner selbst. Das geht aber vielen so, denen vielleicht Kraft in den Beinen gegeben ist, aber diese im Kopf fehlt.

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