Nancy Faesers neuerlicher Vorstoß, mit einem Maßnahmeplan gegen „Rechtsextremismus“ vorzugehen, stellt erneut eine Zäsur dar. Einmal mehr hat Martin Lichtmesz in messerscharfer Analyse Wesentliches zusammengetragen – hier gibt es nur ein paar Ergänzungen. Weiterlesen
Meinungsfreiheit
Dem Gegner keine Flanke
Von der Öffentlichkeit fast ein wenig unbemerkt, hat das Europäische Parlament letzte Woche den Digital Services Act beschlossen. Offiziell geht es mal wieder gegen „Haß und Hetze“, was die wahren Ziele des Gesetzes sein dürften, ist innerhalb weniger Stunden sichtbar geworden: es geht um die Bekämpfung, es geht um die mediale Vernichtung des politischen Gegners und damit um die Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Weiterlesen
Maaßen und die trotzkistische Verschwörung
Daß Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Chef des Verfassungsschutzes, nun selbst in den Fokus seines früheren Arbeitgebers gerät, sollte uns alle stutzig machen. Nicht wegen irgendwelcher Sympathien für seine Arbeit oder seine politischen Positionen, sondern als historische Parallele. Weiterlesen
Martin Walser und die Vergangenheitsbewältigung
„Man könnte so weit gehen und sagen, daß der ganze linksliberale Block aus undeutlichen Habermasianern besteht. Für diese große Mehrheit ist typisch, daß sie sich für eine verfolgte Minderheit hält und daß sie ihre fast nirgends angefochtene kulturelle Hegemonie im Stil von Notwehr gegen einen übermächtigen Gegner ausübt.“ Peter Sloterdijk
Martin Walsers Tod beschäftigt alle politischen Akteure. Im Mainstream wird er als „Jahrhundertschriftseller“ bezeichnet – dieses Epitaph dürfte nur als Lebensjahrhundert Bestand haben oder aber als Hinweis auf den erbärmlichen Zustand unserer deutschen Literatur. Mir ist es nie gelungen, ihn so zu sehen; ich konnte mich nur zu wenigen Lektüren durchringen und auch diese blieben erinnerungslos.
Die Linke und die Rechte sehen ihn hingegen als einen, der die „Brandmauer“ niedergerissen hat, die Brandmauer zu unserer verschütteten Geschichte. Tatsächlich wird er in dieser Funktion bedeutender gewesen sein, auch dann noch, wenn seine Werke auf dem Ramschtisch vergilben. Die Linke sieht darin den Entgrenzer, die Rechte den Befreier.
Gelegenheit, das politische und geistige Netz der Zeit ein wenig zu entfalten und mit dem Heute noch einmal zu verknüpfen.
Vor 25 Jahren hielt Martin Walser seine legendäre Rede in der Frankfurter Paulskirche, deren Worte die deutsche Zivilgesellschaft bis heute ebenso erschüttern, wie die darin aufgezeigten und zu Bewußtsein gebrachten deutschen Idiosynkrasien. Stella Hindemith, eine Kulturwissenschaftlerin mit jüdischen Großeltern, hat dazu einen aufschlußreichen und maßgebenden Artikel veröffentlicht, der den geistigen Zustand der „Eliten“ auf wunderbare Weise selbstkarikiert: „Im Umgang mit der deutschen Nazivergangenheit markierte Martin Walsers Rede in der Paulskirche eine Wende: Vor 20 Jahren verschob er die Grenzen des Sagbaren nach rechts.“
Zweierlei Maß
Dieser Tage las ich ein recht interessantes Buch zur Wohnungsfrage. Darin finden sich Zeilen wie diese (Hervorhebungen von mir): Weiterlesen
Teufelskreis Wikipedia
Ein geistiger Teufelskreis läßt sich meist nur durch Bildung, durch freiwillige Selbstunterrichtung durchbrechen. Das wurde mir gerade erst wieder vorexerziert.
Einer Person, von der ich annahm, daß sie an der Wass-Übersetzung interessiert sein könnte, schrieb ich davon. Das ist keine Nullachtfünfzehn-Person, sie hat durchaus eine spezifische Individualität, einen eigenen Kopf, eine starke Persönlichkeit. Unsere Beziehung ist komplett unpolitisch, bisher. Weiterlesen
Die Redlichkeit des Zuhörens
In politischen Systemen, die dem Recht auf freie Meinungsäußerung den Status eines Grundrechts einräumen, darf die schlichte Möglichkeit, sich zu äußern – und ich meine stets politische Äußerungen – nicht verlorengehen. Meinungen müssen als Meinungen an und für sich zunächst wenigstens geduldet werden, und dieses Dulden muß den Eliten solcher Länder ein verteidigungswertes Gut sein. Mit anderen Worten: Es muß unter den Meinungsführern und Meinungsmachern ein Ethos der Anstrengungsbereitschaft und Redlichkeit beim Zuhören, Durchdenken und Revidieren vorhanden sein. Weiterlesen
Phantom „Neue Rechte“
Appendix zu: Flaggschiff „Junge Freiheit“
Dieses Büchlein ist selbst die Lektüre wert. Stein lehnt den Begriff der „Neuen Rechten“ ab, zum einen, weil er eine Fremdbestimmung darstelle und als solche zur Waffe des Verfassungsschutzes gegen die JF und konservatives Denken im Allgemeinen genutzt wird, zum anderen, weil es eine „Neue Rechte“ aus seiner Sicht gar nicht geben könne, da die Binnenvielfalt im konservativen, nationalen Spektrum viel zu groß ist, um ein Etikett anhängen zu können. Weiterlesen
Flaggschiff „Junge Freiheit“
Einer der spannendsten Thriller, den ich je gelesen habe, ist die 2006 erschienene 20-jährige Geschichte der „Jungen Freiheit“. Sie hat alles, was man von einem grandiosen Pageturner erhoffen kann: Spannung, perfektes Gespür für Geschwindigkeit und Rhythmus, faszinierende Figuren, komplexe Zusammenhänge und tiefsinnige Gedanken und Reflexionen. Allein, nichts, was dort steht, ist fiktiv, alles ist passiert und wird akribisch dokumentiert. Ich mußte dieses satte Buch in vielen kleinen Sitzungen lesen, immer wieder unterbrechen, bremsen, aufatmen, reflektieren, eruieren, voller Gedanken und Emotionen. Wem das nicht als Empfehlung genügt, der lese weiter. Weiterlesen
Precht/Welzer – Die Vierte Gewalt
Precht und Welzer versuchen, einem mysteriösen Phänomen auf die Spur zu kommen und Abhilfe zu schaffen: der Selbstgleichschaltung und Kritikresistenz der Hauptmedien. Diese reagierten auf allen Kanälen fast unisono mit Leugnung, Verriß, Häme und Wut – eine bessere Bestätigung der These konnten sie kaum liefern. Daß dem so ist, weiß jeder, der nicht die Mainstream-Meinung in puncto Migration, Corona oder Ukraine-Krieg vertritt. Die Kritiker aber wollen Evidenz, Statistiken, Studien; Precht und Welzer bieten hingegen viel anekdotische Evidenz und gefühlte Eindrücke. So machen sie sich in einer wichtigen Sache angreifbar – die Relevanz ihrer Überlegungen wird davon nicht tangiert. Die eigentliche Schwäche ihrer Argumentation ist bisher – in den Hauptmedien – allerdings noch nicht ausgesprochen worden. Weiterlesen
Was man (nicht) darf und was man (nicht) sollte
Laß die Einbildung schwinden, und es schwindet die Klage, daß man dir Böses getan. Mit der Unterdrückung der Klage „Man hat mir Böses getan“ ist das Böse selbst unterdrückt. Mark Aurel
Die Welt hat ein „neues“ Totschlagargument. Eine grüne Politikerin – ich kann mir ihren Namen nicht merken, vermutlich aufgrund der kognitiven Dissonanz – hat es dieser Tage wieder aktualisiert. Demnach warnt sie vor Vergleichen von „Aktivisten“ der „Letzten Generation“ mit der „RAF“. Das würde „den Terror verharmlosen und die Opfer verhöhnen“ und das sei unstatthaft, das darf man nicht. In letzter Zeit wird dieses Argument immer öfter benutzt, demnach dürfe man dieses mit jenem nicht vergleichen, weil es diesem nicht gerecht werde und die Opfer verhöhne. Weiterlesen
Zynische Theorien
Ein Buch, das durch alle Lager schneidet, links, rechts, liberal, geliebt und gehaßt wird, verspricht schon deshalb ein Ereignis zu sein. Man kann Konsens und Dissens rein argumentativ verstehen, noch vor aller ideologischen Zuordnung. So überwältigend seine Verdienste nämlich sind, so zahlreich sind auch seine inneren Widersprüche und Fehler. Während der erzlinke Micha Brumlik in der TAZ etwa ins Schwärmen gerät, hat der Experte fürs Absolute (Daniel-Pascal Zorn) einiges auszusetzen und während die einen den ruhigen, sachlichen Ton loben, sehen andere die Autoren mit „Schaum vor dem Mund“ (DLF). Es gibt aber bis dato wohl nichts Vergleichbares, weshalb es bis auf weiteres zum Kanon aller gehören sollte, die sich dem Themenkomplex kritisch nähern wollen. Weiterlesen
Baños: So beherrscht man die Welt
Rezension von: Pedro Baños: So beherrscht man die Welt. Heyne 2019
Es gab in den letzten Wochen ein verstärktes Interesse für Baños‘ Buch. Woher es kommt, darüber kann ich nur spekulieren. Vielleicht war Erik Lehnerts Vortrag zur Geopolitik der Auslöser oder sein entsprechender Beitrag in der „Sezession“ Heft 110. Dort findet sich auch eine sehr kurze Vorstellung des Buches. Aufgrund des Interesses stelle ich meine sehr ausführliche Rezension des Werkes erneut ein. Sie entstand vor drei Jahren und ist noch immer weit und breit die umfassendste und neutralste. Das Buch ist auf dem deutschen Markt weiterhin „verschwunden“, das spanische Original, eine italienische oder polnische Übersetzung kann man erwerben.
Druckfassung PDF
Dank des Angebotes des „Antaios”-Verlages und meines schnellen Entschlusses, kam ich in die Lage, jenes Buch lesen zu können, das den meisten Menschen in diesem Land verwehrt bleiben wird, weil ein Journalist – Alan Posener – dieses Buch als antisemitisch bezeichnete. Daraufhin nahm der namhafte Heyne-Verlag es aus dem Programm und ihm folgten in einer seltsam konzertierten Aktion alle – alle! – kommerziellen Anbieter auf dem Fuß. Ich versprach daraufhin, das Buch hier öffentlich zu besprechen.
Orbán in Berlin
Man muß nicht viele Worte machen, Bild und Ton sprechen für sich. Vom offiziellen Teil abgesehen, hat der Besuch des demokratisch gewählten Ministerpräsidenten eines EU-Mitgliedslandes aus zwei Gründen Furore gemacht. Beide Male empörte sich die Allerweltspresse und im Twitter- und Facebook-Reich war schnell von „Autokrat“, „Diktator“, „Faschist“ und anderem die Rede. Weiterlesen
Die Macht der Vierten Gewalt
Die Frage ist noch nicht endgültig entschieden: Schadet es einer Sache mehr, wenn sie aktiv bekämpft wird oder wenn man sie mit falschen Mitteln verteidigt? Ist also der Gegner der eigentliche Feind oder ist es doch eher der in der Sache Verbündete, der diese aber schlecht vorträgt und falsch begründet?
Man kann David Richard Prechts und Harald Welzers Mut, sich gegen die Fehlentwicklungen in der „Vierten Gewalt“ – und damit, wie die gestrige Sendung bei Lanz zeigt gegen diese selbst – zu stellen, begrüßen, man kann aber auch über die viel zu kurzen Sprünge der beiden entsetzt sein. Weiterlesen
Das vermeidbare I-Wort
Wenn die Enkelkinder da sind, weht hier ein anderer Wind. Jetzt sind sie endlich in dem Alter, mit den Indianern zu spielen. Davon habe ich schon lange geträumt. Weiterlesen
Sich selbst verschlingende Schlange
Manche Artikel schreiben sich wie von allein – besser noch: man muß gar nichts schreiben, es genügt zu zitieren, um den Zeitgeist einzufangen. Weiterlesen
Das Problem mit den „Satanischen Versen“
Vielleicht sehen sie auch, daß die Kontroverse um die Satanischen Verse im Grunde ein Streit um die Frage war, wer die Macht über die große Erzählung, die Geschichte des Islams, ausüben soll, und um die Meinung, daß diese Macht allen Gläubigen gleichermaßen zusteht. (Salman Rushdie)
Romanfiguren werden geschaffen, damit sie auf eigene Rechnung leben. (Umberto Eco)
Vor 33 Jahren wurde die Fatwa gegen Salman Rushdie, den Verfasser des bedeutenden Buches „Die Satanischen Verse“, verhängt. Gestern gab es den vermutlich ersten erfolgreichen Versuch, sie durchzuführen. Warum aber hassen viele Muslime den Mann und das Buch? Weiterlesen
Ungarische Rock-Kultur
Seit fünf Jahren höre ich nun fast nur noch ungarische Musik, in erster Linie Rockmusik. Auch dort hauptsächlich die Klassiker, also jene Gruppen, die vornehmlich in den 70er oder 80er Jahren ihren Kultstatus begründeten. Es gab – der DDR vergleichbar – im Sozialismus eine vielfältige Musikszene, sehr ausdifferenziert und oft mit den künstlerischen Mitteln subtil und subversiv arbeitend. Das geht vom Schlager über den Rock und Hard Rock bis hin zum Heavy Metal. Nur sehr wenig davon drang zu uns – Omega etwa –, aber heute weiß ich, daß die ungarische Szene qualitativ noch besser war als die ostdeutsche. Vor allem die Zahl der gut ausgebildeten Musiker scheint mir hier höher zu sein, allein das Angebot an herausragenden Sängern ist phänomenal. Weiterlesen
Der ersehnte Gast
Über Goethe hat uns neuerdings jemand belehren wollen, daß er mit seinen 82 Jahren sich ausgelebt habe: und doch würde ich gern ein paar Jahre des »ausgelebten« Goethe gegen ganze Wagen voll frischer hochmoderner Lebensläufte einhandeln, um noch einen Anteil an solchen Gesprächen zu haben, wie sie Goethe mit Eckermann führte, und um auf diese Weise vor allen zeitgemäßen Belehrungen durch die Legionäre des Augenblicks bewahrt zu bleiben. Wie wenige Lebende haben überhaupt, solchen Toten gegenüber, ein Recht zu leben! (Nietzsche)
Man hat, wenn unerwartet Gäste kommen, mitunter das Bedürfnis, Tür und Fenster weit zu öffnen, den Drang nach Luft und Weite.