Blutrunst

Wir stehen fassungslos vor den Berichten der Überlebenden jenes Abschlachtens von hunderten wehrlosen jungen Menschen auf einem Festival an der israelisch-palästinensischen Grenze. Die Mörder sind nicht zufällig auf die Feiernden gestoßen, nein, man hat sich diesen Ort bewußt gewählt, der Überfall wurde taktisch geplant und konzertiert durchgeführt. Das Ziel war: Töten! So viele Menschen wie nur möglich töten. Komplett unschuldige, harmlose, wehrlose Menschen.

Es ist ein Unterschied, ob Soldaten im Krieg einander umlegen – selbst, wenn sie in einen Blutrausch gelangen. Es ist auch ein Unterschied, ob ein Breivik oder ein Tarrant aus ihrer ideologisch selbsterzeugten einzelnen Haßblase dutzende Menschen hinrichten. Und natürlich ist es auch ein Unterschied, ob man ein ganzes Volk in kalter Mechanik ausrotten will. Gewalt kennt viele Formen: wer nur das Leid der Opfer sieht – das sich freilich oft gleicht – kann diese nicht mehr wahrnehmen.

Was sich in Israel abgespielt hat, hat eine andere, eine archaische Qualität. Menschen werden wahllos ermordet, dabei verstümmelt, Frauen wurden vergewaltigt und danach ermordet, so als seien sie nichts. Die Vorstellung, daß man inmitten dieses Blutbades, des Rennens, Schreiens, Flehens, daß man neben den verrenkten Körpern von Toten und Verwundeten noch vergewaltigen kann, ist unbegreiflich – man kann es nicht fassen … und doch ist es passiert.

Es ist etwas anderes, wenn der russische Soldat sein „komm Frau!“ ruft … auch da gibt es Unterschiede.

Was dort in der Wüste vor sich ging[1], das kennen wir aus der Geschichte. Es waren die Nomadenvölker des weiten Ostens, die Hunnen, die Mongolen, die Tataren, an die man erinnert wird. Der Schreckensruf ging ihnen selbst in an sich schon harten Zeiten lange voraus und löste ganze Völkerwanderungen aus. Nur noch weg – die Hunnen kommen! Sie kamen auf ihren Pferden, mähten nieder, was sich ihnen in den Weg stellte, vergewaltigten die Frauen, raubten ein paar Habseligkeiten und verschwanden wieder. Sie taten dies vermutlich ohne jegliches Schuldgefühl und feierten – wenn wir den Legenden glauben dürfen – danach ihre Grausamkeiten.

Diese Reiche haben eines gemeinsam: sie lebten komplett parasitisch, sie hatten weder den Willen noch das Vermögen, eine positive Kultur aufzubauen, sie hatten kein inneres Werdeziel und deshalb sind sie auch alle wie eine überdehnte Blase zerplatzt und vom Erdboden verschwunden, sobald ihre einigende Kraft – meist ein charismatischer Führer – verschwand. Dynastische Folgen hielten nur kurz. Es gab kein haltbares inneres Band: das System beruhte auf Raub und Mord und Angst. Aus letzterer zog man Tribute – das einzig „Nachhaltige“ dieser Kulturen.

Oder denken wir an die Assassinen, jene schiitischen Selbstmord-Kommandos, die man durch religiösen Fanatismus, militärischen Drill und exzessiven Drogengebrauch zu furcht-und gnadenlosen Tötungsmaschinen machte. Die Frage, ob man diese Angstlosigkeit unter dem Begriff „Mut“ verhandeln kann, steht offen.

Was tausende Menschen in Israel erleben mußten, ist ein Rückruf ins Mittelalter.

Diese Menschen haben mit uns nichts gemein, ihnen fehlt „der Sinn für das sittliche Grundgebot jeder Kultur: die Regel der Gegenseitigkeit“ (Enzensberger). Sie leben in einer anderen Welt, in einer anderen Zeit. Vergebliche Liebesmüh, sie in die Jetztzeit heben zu wollen.

Der Preis ist, ihre abartigen Gewalttätigkeiten – wie etwa Gruppenvergewaltigungen, Clankriminalität, Familienvendetta oder sogenannte Ehrenmorde; alles nicht auf unserem Mist gewachsen, alles Relikte des kulturellen Mittelalters – zu importieren und ihnen ratlos gegenüberzustehen.

Die andere Wange hinzuhalten, Mitleid, Verständnis, das funktioniert nur unter seinesgleichen, unter vergleichbaren Wertesystemen … und auch dann nur in geglückten Fällen.

Sollen sie bleiben, wie und wo sie sind. Macht tief die Tür, das Tor macht zu!

[1] Oder im Bataclan

siehe auch: Ästhetik des Schrecklichen

4 Gedanken zu “Blutrunst

  1. Amy schreibt:

    Ich möchte dringend davor warnen, sich von diesen Videos, Bildern und Berichten, so grausam das darin Dargestellte auch ist, über Gebühr manipulieren zu lassen und daraufhin das nüchterne Denken teilweise oder gar komplett einzustellen.

    Hier soll ganz eindeutig mittels Emotionen der Verstand ausgeschaltet in die Masse erneut in eine bestimmte (bzw. zwei polarisierende) Richtung(en) gelenkt werden – und es ist verblüffend zu verfolgen, wie das bei einem Großteil der Menschen allein in den letzten drei, vier Jahren bereits zum dritten, vierten Mal problemlos zu funktionieren scheint.

    Wenn uns, auch bzw. gerade die jüngere Vergangenheit eines gelehrt haben sollte, dann doch wohl, dass wenig bis nichts so ist, wie es auf den ersten und zweiten Blick wirkt bzw. wirken soll.

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  2. Otto Reincke schreibt:

    Hier muss ich ihre Meinung kritisieren. Wegen des Mittelalter Bashing. Wo hat es sowas gegeben? Ist überhaupt der Vergleich mit einer Zeit angebracht? Ich will derartige Atrocitäten und unsagbare Grausamkeiten nicht ausschliessen aber die östlichen Reitervölker haben zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich, dass sie hungergetrieben waren. Das entschuldigt nicht, aber lässt Gaza nochmal in einem anderen Licht erscheinen. Eine Kultur, die den Hass positiv rezipiert, kann nur in Totalität enden. Ein brodelnder Hexenkessel, der notwendigerweise irgendwann überkocht. Alles was den „Westen“ davon unterscheidet, ist durch das Vorbild des Christi geschehen, denn jener lehrte die kleine Unmöglichkeit, seinen Feind zu lieben, und das Christentum transformierte dies zur Lehre, den gedanklichen Hass zuerst, und die diesem folgenden tätlichen Rache demnächst ächten. Dies erst ermöglichte den gesellschaftlichen Fortschritt, denn die Verlagerung der Gewalt auf Institutionen verlangte nach codifiziertem Recht und der technischen Fortschritt ist eine Frucht der dadurch gewonnenen Zeit. Dies ist die Ursache des Verschwindens der Steinzeit us den Herzen der Europäer. Da aber der „Westen“ sich auch gedanklich von dem christlichen Vorbild und der daraus gezogenen Lehre entfernt, ist das, was in Israel geschehen, quasi nur ein funkenartiges Aufglühen dessen, was in Europa und der Welt, alle Chancen hat, Norm des „Zusammenlebens“ zu werden, denn die fanatisierten Krieger und die Masse an Dummheit und Hass, sowie die Waffen dazu, sind alle schon hier in Europa. Das gänzlich Neue an dem Geschehen, ist dass die Weltöffentlichkeit, oder diejenigen, die sich für diese ausgeben, dieses finanziert: Erinnern wir uns hier an Herrn Schwab, der sagte: Normalität wird es nicht mehr geben! Es besteht also die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Ausbruch auch designt ist.

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  3. Nordlicht schreibt:

    Da ist man fassungslos.

    Aber nicht eigentlich überrascht, den ich habe seit langer Zeit bestimmte Vor-Urteile zu diesen Gruppen.

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