Jene Leser, die sich nicht für Fußball interessieren, sollten sich nicht gleich von diesem Text abwenden. Er führt zu einer Schlußfolgerung, die allgemein lehrreich sein kann. Weiterlesen
Fußball
Gerechtigkeit im Fußball
Der Videobeweis im Fußball ist nun schon fünf Jahre alt – und ich halte ihn noch immer für einen Fehler! Daß er Vorteile mit sich bringt, sei damit nicht geleugnet, ebensowenig wie die traurige Einsicht, daß er wohl unter den jetzigen Bedingungen nicht wieder verschwinden wird, daß man ihn „verbessern“ wird und daß er weiterhin den Kern des Fußballs aushöhlen wird. Er ist einem hochinvasiven Virenprogramm vergleichbar, das zwar recht sicher gegen Viren schützt, durch seine Systembelastung dieses aber so sehr schädigt, daß man es selbst zum Super-Virus erklären könnte. Weiterlesen
Berührung mit dem Weltgeist
Einmal in meinem Leben wurde ich unmittelbar von der Geschichte geküßt.
Das geschah irgendwann Mitte der 70er Jahre auf einem kleinen Fußballplatz in meiner Heimatstadt Auerbach im Vogtland. Der Platz hieß und heißt wohl auch noch „Siegeloh“ und die Legende sagt, daß es sich um eine Namensgebung der Nazis gehandelt haben soll – die Lohe des Sieges –, aber Genaues weiß man nicht.
Das Monster wächst
Martin Wagener – Politikwissenschaftler an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung – hatte es auf 500 ausladenden, aber sehr rationalen Seiten einer Untersuchung unterzogen. Das Buch wurde ein szeneinterner Bestseller, verdient aber eine weitere Lektüre; darin zeigt er u.a. die Kompetenzüberschreitungen des Verfassungsschutzes unter Haldenwang und zeichnet die inneren Denunziationsmechanismen nach. Der Versuch, damit eine sachbezogene und offene Diskussion anzufachen, wurde mit weiteren Restriktionen beantwortet. Darüber berichtet Wagener – noch immer sachlich-trocken – in diesem Podcast: Haldenwangs Rache Weiterlesen
Wahrscheinlichkeit und Spiel
Some people think football is a matter of life and death. I can assure them it is much more serious than that. (Bill Shankly)
In der Fußballwelt hat es zuletzt eine Anhäufung an Seltsamkeiten gegeben, die zu notieren lohnt.
Mein Kriegstagebuch VIII
Loyalität: In der lokalen Zeitung – Freie Presse Auerbach – wird das Schicksal eines ghanaischen Flüchtlings thematisiert, das uns schlaglichtartig das Problem der Migration aufzeigt. Nicht über diesen Einzelfall ist zu urteilen, denn es mag tausend gute Gründe geben, warum der Mann so handelt, wie er es tut, aber als Verallgemeinerung taugt die Geschichte gut.
Kriegstagebuch VII
Wahrheit: Die Wahrheit stirbt im Krieg zuerst – diesen Satz hört man allerorten. Doch Achtung! Wer ihn sagt, sagt mit ihm zwar die Wahrheit, daß er ihn sagt, kann aber mitunter das Vorhaben zu lügen vertuschen. Mit der Feststellung stellt man sich auf die Seite der Wahrheit und nimmt einen Wahrheitsanspruch für sich selbst in Beschlag, in dessen Schatten sich besonders gut die Unwahrheit verbreiten läßt. Muß nicht, kann aber. Der Satz entspricht exakt dem Paradoxon des Epimenides.
Die woke Woge
Die Woge des Wokismus schwappt wie das steigende Meer tagtäglich an unsere Küsten, läßt die Ränder des festen Landes erodieren und verschlingt immer mehr unschuldige Opfer.
Relativ unschuldige zumindest, denn die Vergehen sind meist klein, die Strafen dafür gigantisch. Ich fürchte, so stellen sich Future-Friday-Kinder – „Keine Zeit für Kompromisse“ – die Zukunft vor: du hast deinen Joghurtbecher im Glasmüll entsorgt! Verflucht sei dein Name bis ins zehnte Glied, besiegelt dein Schicksal und in die ehernen Tontafeln des Wikipedia-Gerichts eingehauen.
Dixie
Jeden Tag sterben Leute – man nimmt das zur Kenntnis und weiter geht’s. Dieser Tage verstarb ein Bekannter von mir als Ungeimpfter an den Folgen … na, ihr wisst schon. Zur Kenntnis genommen, Witwe bedauert, aber nicht wirklich nahe gegangen.
Aber dann gibt es Tode, die erschüttern einen, selbst wenn man den Menschen nicht persönlich kannte, und von einem solchen habe ich soeben erfahren. Dixie Dörner war einer der großen Helden meiner wilden Jugend.
Was erlauben Kimmich?
OMG! Da hat sich der Joshua Kimmich was Schönes eingebrockt – es gibt sogar schon einen ausführlichen Wikipedia-Vermerk „Kontroversen„.
Nicht impfen lassen, Bedenken haben, auf Totimpfstoff warten – und all das auch noch öffentlich zugeben. Das Sportliche hat keine Bedeutung mehr, schon nach dem letzten Bayern-Spiel gab es das erste Grundsatz-Verhör und seither prasseln die Belehrungen auf ihn – und uns – nieder. In allen Hauptmedien das gleiche Bild.
Nichts gegen meine Ungarn
Die Kraft und Qual der fünf Herzen in meiner Brust:
Nichts gegen meine Ungarn. Sie haben gekämpft wie wahre Männer und wie immer verloren. Aber in der Niederlage haben sie Größe gezeigt und mit der Hand auf dem Staatswappen gemeinsam mit ihren härtesten Fans – von denen man sich in unseren Gefilden hätte distanzieren müssen – stolz und leidenschaftlich die Nationalhymne gesungen, ein Lied, das exakt die Geschichte dieses Spieles beschreibt: kämpfen, verlieren, und danach sich verhalten, als hätte man gewonnen – das ist so typisch ungarisch wie Pálinka und Paprikahuhn. Die Ungarn waren ein Nachruf, die letzte wahre europäische Nationalmannschaft des Turniers und vielleicht der Fußballgeschichte.
Haltung im Fußball
Unsere Fußballhelden wollen Haltung zeigen und mutig sein. Das könnte so einfach sein! So weit ich sehe, hat das auf dieser EM bisher nur einer getan, der viel gescholtene Ronaldo, als er angewidert ein paar Coca-Cola-Flaschen, die man ihm vor die Nase gestellt hatte, beiseiteschob und durch sein „aqua“ ersetzte.
Das ist nicht meine Mannschaft!
Gegen 19.30 Uhr hallte gestern ein lauter Schrei durch unser Viertel. Gerade hatte Raheem Sterling England gegen die Deutschen in Führung geschossen. Zu meiner Verblüffung mußte ich feststellen, daß der Jubel aus meiner Kehle kam.
Dänemark ist Europameister!
Seit 1992 träumen die Dänen davon, daß sich der nationale Wunschtraum noch einmal wiederholen könnte. Damals hatte eine Nachrückmannschaft, die noch nicht mal zur EM qualifiziert war, aber durch die Sanktion gegen Jugoslawien, ohne spezielle Vorbereitung, ins Turnier einsteigen konnte, sensationell den Titel geholt – man gewann im Finale gegen Deutschland. Die Namen der Spieler sind noch heute Legende.
Guardiolas Titanic-Fahrt
Verlieren gehört dazu! Wer nicht verlieren kann, der sollte kein Fußball-Fan sein. Manche – wie z.B. Schalke oder HSV-Fans – kennen gar nichts anderes mehr. Auch bei Manchester City weiß man ein Lied davon zu singen. Jahrzehntelang war man eine unberechenbare Fahrstuhlmannschaft, deren offizieller Slogan zwar „Superbia in Proelia“ lautete, inoffiziell erkannte man den wahren Fan aber an seinem „typical City“, was so viel hieß wie: nie Vorfreude riskieren, sie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auf tragische Weise bitter bestraft werden.
Zur Kritik der zahnlichen Vernunft
Sage mir deinen Zahnstand und ich sage dir, wer du bist. Hitler (gechannelt, post mortem)
Oh verdammt – wieder alles verkehrt gemacht. Zufälligerweise treffe ich meine Frau im Badezimmer. Endlich kann ich sie fragen, was ich seit Wochen – seit sie eine Tag- und eine Nachtzahncreme gekauft hatte – fragen wollte. Welche muß man denn nun morgens und welche abends nehmen? Alle vernünftige Logik sagte mir, daß die blaue für die Nacht, die rote für den Morgen gedacht sein muß. Abends ist es dunkel – blau – und morgens glüht die Sonne am Firmament – also rot. Sie spult einen Werbespruch herunter: Morgens Aronal, abends Elmex – das wisse doch jeder und überhaupt: Blau ist der Morgenhimmel und rot die Abendsonne. So ist es: Frauenlogik! Seltsam, aber möglich. Diese Doppelcreme – die übrigens im Ökotest krachend durchfiel – kann wohl nur von einer Frau designt worden sein.
Auf dem Zahnarztstuhl frage ich die Dentistin meiner Wahl nach dem Klopp-Gebiß.
Was das sei und wie man das macht. Sie weiß es nicht, es gäbe verschiedentliche Möglichkeiten, aber sie mag es gar nicht – es ist zu massiv und zu weiß. Farbe B1 sagt sie, das hellste, was es gibt, aber eben nur in der Phantasie der Menschen. Wir rätseln, warum er es hat machen lassen. Vermutlich weil er es kann, finanziell, sage ich, und weil es in Liverpool sicherlich einen guten Spezialisten dafür gibt. Besonders bei dunkelhäutigen Menschen wirke ein solches Gebiß hochgradig gewöhnungsbedürftig, sagt sie und ich muß sofort an Firminio und Couthino denken – Klopps brasilianische –, an Mané – Klopps senegalesischen Spieler. Vermutlich ist es auch Eitelkeit, zieht man die Haartransplantation noch in Betracht. Nötig hatten sie es wohl alle nicht gehabt – Klopps Gebiß vor dem Eingriff war auf der altersgerechten Seite überdurchschnittlich gut. So ist das, die Angst vor der Vergänglichkeit läßt uns alle Möglichkeiten ausschöpfen.
Vielleicht liegt es auch an seinem Lachen, grübeln wir weiter. Und dann fällt dieses Wort „von acht bis acht“. Wenn er lacht, dann lacht er von acht bis acht. Das ist Zahnarztsprech – wenn er lacht, dann kann man von einem Weisheitszahn (Nummer acht) bis zum anderen sehen. So ist das, der Beruf oder die Beschäftigung, also der Fokus bestimmt die Wahrnehmung. Sage mir, was du machst, und ich sage dir, was du siehst. Der Zahnarzt sieht überall Zähne, der Tattoo-Künstler überall Tattoos, der Modemacher überall schlecht sitzende Kleidung, der Architekt überall Häuser und deren Bauart, der Förster überall Waldschäden, der Künstler überall spannende Formen, Farben, Schattierungen, der Klimawandelbeauftragte überall Klimawandel, der Blogger überall Blogstoff, der Gynäkologe wünschte, er könne endlich mal etwas anderes sehen und der Philosoph sieht überall das Allgemeine – er ist, nach Odo Marquard, der „Stuntman des Experten, sein Double fürs Gefährliche“ oder noch besser mit Sloterdijk: „jemand, der wehrlos ist gegen Einsichten in große Zusammenhänge“. Wer von acht bis acht schaut, übrigens auch, nur kleiner.
Als sie meinen Zahn – dessen Krone zu Bruch ging – noch weiter abschleift, nimmt sie das Wort „grazil“ in den Mund. Ich bedanke mich für diese kundenfreundliche Wortwahl, die wohl meinte, daß da nicht mehr viel zum Beschleifen sei. So ist das, Menschen wollen – wenn es um ihre Eitelkeiten geht oder den Verfall – betrogen werden und kulturvoller Umgang befriedigt dieses Bedürfnis …, weshalb Deutsche im Ausland oft als rüde gelten. In einem Ungarischlehrbuch aus den 60er Jahren lobt die Hauptfigur die besondere Höflichkeit seines Friseurs, weil dieser kein Wort über dessen zunehmende Haarlosigkeit verloren hat und so tat, als würde er schwer arbeiten.
Meine Zahnärztin – wohl unbemerkt – hat das beste Rezept gegen Angstschmerz. Wenn sie sich über meinen Schlund beugt, dann berührt ihre Brust sanft meine Wange – ein ungemein beruhigender Effekt. So ist das, wenn es an die Existenzialien geht – Sorge, Befindlichkeit, Tod und Zahnweh – dann steigen wir hinab zu den Müttern.
Die Sprache der Trikots
Die letzten Spieltage der großen europäischen Ligen gaben uns die Möglichkeit, einen ersten Blick auf die Trikots der kommenden Saison zu werfen. Es ist fester Bestandteil der Merchandising-Industrie, jedes Jahr neue Designs einzuführen und die Fans zum Kauf derselben zu animieren. Ein Shirt wird mittlerweile von 70 bis 120 Euro gehandelt – die weltweiten Umsätze dürften enorm sein, bei den großen Klubs macht das Merchandising zwischen 25 und 50% der Gesamteinnahmen aus – wir sprechen hier von hunderten Millionen. Ein neues, hochwertiges und attraktives Trikot anzubieten – genau genommen sind es drei verschiedene: Heim, Auswärts und drittes – ist ein wesentliches Ereignis, Star-Designer werden engagiert, Ausstatter gewechselt, um immer nahe am Bedarf zu sein.
Das entscheidende Tor
Die Rede vom entscheidenden Tor hat mich immer verunsichert und nie richtig überzeugt. Nehmen wir an, eine Mannschaft liegt mit Null zu Eins im Rückstand, ihr gelingt der Ausgleich und in der Nachspielzeit schießt sie das zweite Tor. Mit großer Selbstverständlichkeit wird der Reporter vom „entscheidenden Tor“ sprechen, wenn nicht schreien. Dabei wäre dieses Tor nicht entscheidend gewesen, hätte es das erste Tor – also den Ausgleich – nicht gegeben. Damit das zweite Tor überhaupt entscheidend sein konnte, bedurfte es des ersten Tores, das damit entscheidend für das zweite Tor und letztlich für den Sieg war. Umgekehrt hätte es aber nicht für das zweite Tor entscheidend sein können, wenn dieses nicht gefallen wäre, womit das zweite Tor entscheidend dafür ist, daß das erste entscheidend sein konnte. Und von vorn.
Özils Uiguren
Mezut Özils aufwühlender Tweet über die Uiguren sollte uns alle angehen.
Fußball in Ungarn
Budapester Impressionen III
Seit langem hatte ich mir vorgenommen, in Ungarn ein Fußballspiel zu sehen. Zwei Jahre lang verfolgte ich die erste Liga im Fernsehen, zuerst der Sprache wegen, aber dann auch, um die Atmosphäre, die Stimmung – die uns ja immer in das Innere eines Volkes führt – kennen und verstehen zu lernen. Es gibt leider in unserer Gegend keine attraktive Mannschaft. Man könnte nach Paks fahren, das sind 50 Kilometer, aber diese Mannschaft strahlt den Charme des dortigen Atomkraftwerkes aus. Seit Jahren spielt man da grottigen Fußball vor leerer Kulisse in einem wenig einladenden Stadion.