Die Kunst des Heizens

Vielleicht war es diese Szene, die mich letztlich zu Albert Wass hinzog, die mich von seiner Bedeutung, seinem schriftstellerischen Genie überzeugte. Sie findet sich in seinem wohl berühmtesten Roman „Die Hexe von Funtinel“ und fehlt bezeichnenderweise in der frühen, stark gekürzten und auch sprachlich wenig geglückten Übersetzung[1].

Wir sehen den alten Griesgram Tóderik und seine vermeintliche Tochter, das Mädchen Nuca – die später die „Hexe“ werden wird – in den ersten Wintertagen. Der Winter bricht in den Bergen ein wie eine Urgewalt: „Drei Tage lang schneite es ununterbrochen. Tóderik hatte die große Holzpalette schon lange im Voraus vorbereitet, und als der Schnee zu fallen begann, holte er sie ins Haus. Da stand der Schnee bereits hüfthoch. Emsig schaufelte er einen Pfad um das Haus frei und noch einen bis zum Baum hinauf und einen zum Wasser hinunter.“

Noch können sie es sich leisten, zu lachen und zu spielen, und das Mädchen beginnt eine Schneeballschlacht mit dem Alten, der für fünf Minuten aus seiner vom Leben verhärteten Haut heraus kann. Aber dann hört er abrupt auf und beginnt weiter zu schaufeln und da es nicht aufhört zu schneien, tut er das zwei oder drei Mal am Tag. Die Kleine weiß, was das bedeutet und auch sie wird schnell wieder ernst. Im Wald knacken und knarren die Bäume vor Kälte.

Das Mädchen „stapelte auf seine dünnen Arme bis unters Kinn gespaltenes Holz und trug es hastig ins Haus. Dann rannte es wieder hinaus und trug, trug eins nach dem anderen die duftenden Fichtenscheite, die schwere Buche und die gespaltene Erle hinein. Als genügend Vorrat für zwei Tage drinnen war, machte es sich an die Arbeit. Hinter dem Ofen stapelte es alles ordentlich auf, Fichte, Buche und Erle fein säuberlich getrennt.“

Als wenig später dann der Alte zur Tür hereinkommt und drei weitere Schneetage voraussagt, als der kalte Windstoß durch die offene Tür ins Innere des aus Holz gefertigten Hauses dringt, als sie dann der Dunkelheit im Raum gewahr wird, da erschaudert die Kleine, kriecht instinktiv zum Ofen hin und schürt im Feuer, um wenigstens im Schutz des Lichtes zu kauern. Tóderik schüttelt derweil den Schnee von Hut und Mantel, wirft sein Schaffell zum Trocknen über den Ofen und inspiziert die Holzstapel: Fichte, Buche, Erle.

Er setzt einen großen Topf Wasser auf und während er auf das Kochen wartet, greift er sich Schleifstein und Feile und schärft Axt und Messer. Dann sagt er dem Mädchen: „Leg Buche auf.“ Und damit begann der mittlere Teil des Abends. Die Fichte war niedergebrannt, ihre Aufgabe bestand darin, eine große Flamme zu erzeugen, den Ofen aufzuheizen, das Wasser zum Kochen zu bringen und den Raum zu erleuchten.

„Gelbe und weiße Flammen flackerten nun in höllischem Tanz. Aus seinen zwei großen haarigen Händen schüttete Tóderik mit feierlicher Langsamkeit das goldfarbene Maismehl ins kochende Wasser. Süßlicher Puliskageruch erfüllte das Haus und der warme Geruch des brennenden Buchenholzes.“

Nachdem die Puliska – eine Art Polenta – fertig war und sie sich zum Essen setzten, wurde noch einmal kräftig Buche nachgelegt, um den Ofen richtig aufzuheizen. Sie essen schweigsam, das Mädchen kann den Blick während des Kauens, „als wäre sie verzaubert“, nicht von den züngelnden Flammen wenden. „Sie lauschten dem Feuer, und ihre Gedanken wurden allmählich müde von der Wärme, dem Essen und vom Anblick des Feuers.“

Das Mädchen ist als erste fertig, räumt ihr bißchen Geschirr ins Regal, tritt vor die Tür, um sich noch einmal im Schnee zu waschen. Aber die Kälte schlägt zu wie eine Peitsche, zitternd rennt sie ins Haus zurück. Schnell kriecht sie auf ihrer Lagerstatt unter das Schaffell und zieht sich darunter aus. Wieder kann sie den Blick nicht vom roten Schlund abwenden und selbst als sie bereits tief im Fell vergraben liegt, „starrte sie auf das nervöse Spiel der Flammen“.

Dann beendet auch Tóderik das Essen, der mit großer Sorgfalt und sehr langsam gekaut hat, wie einer, der weiß, daß das Essen die Grundlage von allem ist. Er löst seine Bundschuhe, geht dann zum dritten Holzstapel, wählt mit abwägender Geste einen besonders dicken Stamm aus und legt ihn bedächtig in den Ofen: das ist Erle. „Der letzte Abschnitt des Abends: das Erlenfeuer.“

Alles muß stimmen, alles hat sich bewährt, alles hat die Erfahrung langer Winter gelehrt. „Jetzt stiegen nur noch winzig kleine rote Flämmlein aus dem Holz hervor. Sie verschwanden, wurden wieder geboren, leckten an den zähen Fasern, und der Ofen begann zu stöhnen, zu ächzen, wie ein Sterbender.“ Das Erlenfeuer hat die Aufgabe, durch die Nacht zu tragen. Langsam nur verzehrt es sich, mehr Glut als Flamme, und bedeckt somit die herabgesunkene Glut des Fichten- und Buchenholzes und schützt und bremst es.

Jetzt folgt die endlos lange, kalte, stille Nacht – in der man sterben kann, wenn man Fehler begeht. Der Raum wird dunkel und unwirtlich, „die einzige Wirklichkeit darin ist das schwach rötliche Viereck der Ofentür, der stöhnende, fasrige Erlenstumpf, die unter der Asche schwindende Glut, die die Seele des Feuers bewahrt, bis der Morgen kommt. Schlaf und Wachsein wechseln sich ab, aus der Vergangenheit kehrt dies und jenes zurück. Bilder werden an die feuchte, schwarze Schiefertafel der Nacht gemalt, bis die zähfließende Zeit sie mit feuchtem Traumlappen wieder wegwischt. Seufzer, verschlafene Bewegungen, Zähneklappern und Geruch von Rauch: das ist die Zeit des Erlenfeuers.“

Tóderik beginnt nun sein Abendritual, er zieht sich die Bundschuhe ab, inspiziert sie genauestens, um auch nur den geringsten Verschleiß sofort auszubessern, hängt seine schweißnassen Fußlappen am Ofen auf und massiert sich die Füße und die Zehen. Auch er beginnt nun zu gähnen und fragt schläfrig zur anderen Bettstatt hin: „Schläfst du schon?“, erhält aber keine Antwort und wir erfahren nicht, ob das Mädchen wirklich schon schläft oder doch noch immer verzaubert, verängstigt, demütig, hoffend unter der bis ans Kinn gezogenen Decke in die Glut schaut. Vielleicht liegt sie da und sieht nach der Art der Kinder durch ihre zusammengezogenen Augenwimpern ins Hell, um diesem noch einen letzten Zauber zu entlocken.

Dann schlafen sie beide ein. „Dann wurde der rote Fleck immer kleiner und kleiner und immer ferner, zähflüssiger die Zeit, die Dunkelheit, die Stille … bis die endlose Nacht wie eine tiefschwarze Welle langsam alles mit dumpfer Bewußtlosigkeit bedeckte. Durch die moosbewachsenen Balken griff eine kalte Hand. Mit Asche bedeckte sie die Glut, und berührte die Stirnen der Schlafenden. Sie zuckten bei ihrer Berührung zusammen und zogen die Felle fester an sich.“

So endet diese Szene. Sie lehrt uns in wenigen Worten und Bildern – ganz typisch für Wass – das Wesentliche über Leben und Tod, Werden und Vergehen, über den täglichen Kampf ums Überleben in unwirtlicher und zugleich zauberhaft schöner Natur. Sie lehrt uns auch Weisheit und Könnerschaft im Einfachen und die Bedeutung des Wissens um die wesentlichen Zusammenhänge und die Tradition.

Und sie lehrt uns über die Abfolge des Richtigen, die Ordnung der Dinge.

[1] Albert Wass: Es sind die größten Schmerzen nicht worüber Frauen weinen. Keysersche Verlagsbuchhandlung, Heidelberg 1956. Übersetzung von Tibor von Podmaniczky
Quelle: Wass Albert: A Funtineli Boszorkány. Erster Band. (Übertragungen: Seidwalk)

Geriebene Äpfel

Sándor Márai: Das Kräuterbuch LXXXI

Über den geriebenen Apfel

Weise handelst du, wenn du jeden Morgen nach dem Aufwachen und vor der Mahlzeit auf nüchternen Magen ein, zwei geriebene Äpfel ißt. Der Apfel ist eine geheimnisvolle Frucht. Es ist kein Zufall, daß er eines der ältesten Symbole des menschlichen Bewußtseins ist. Weiterlesen

Authentische DDR-Literatur

Seit drei Jahrzehnten geht der Ruf nach einem authentischen DDR-Roman. Dabei gibt es diese Bücher schon längst, man darf sie nur nicht außerhalb, aus der historischen Distanz herbeirufen, sondern müßte sich endlich ernsthaft der DDR-Literatur der 60er bis 80er Jahre widmen. Weiterlesen

Ethik der kulturellen Aneignung

Gegneranalyse V

Am Anfang steht das arglose Indianerspiel. Mit der Harmlosigkeit ist es nun vorbei. Ganz gleich, ob kulturelle, ethnische, sexuelle Nutzbarmachung, seit das giftige Wort der Appropriation die Runde im Kulturbetrieb macht, meint man in jeder Aneignung eine Enteignung, in jeder Appropriation auch eine Expropriation wahrnehmen zu müssen. Die Diskussion ist toxisch und kennt fast nur Apodiktisches; Balzer, Jens Balzer, seines Zeichens Poptheoretiker (*1969) und im Hauptstrom der Beobachter verortet, will mit seiner kleinen Ethik einen Kompromiß zwischen kritikloser Übernahme und Ablehnung des Konzeptes liefern. Per se sei die Appropriation ein zweiseitiges Ding: zum einen sei sie schöpferisch und kulturstiftend, zum anderen sei sie in Gewalt- und Ausbeutungsverhältnisse verstrickt. Es müsse also eine richtige und eine falsche Form geben. Sie zu bestimmen, ist die Aufgabe. Weiterlesen

Nackte Kinderkörper

Mein täglicher kurzer Twitterrundgang wurde gestern abrupt unterbrochen, denn das Profil, das ich meist zu Beginn anschaue, gibt es nicht mehr, stattdessen ein weißes Loch und die lapidare Mitteilung: „Account suspended. Twitter suspends accounts that violate the Twitter Rules.“

Nun befindet man sich bereits im Ohnmachtszirkel, denn eine Erklärung gibt es nicht. Nach kürzerer Suche stellt sich heraus, daß keine politische Botschaft verantwortlich zu sein scheint, sondern ein eher privates Photo. Wir wollen freilich nicht vergessen, daß es Menschen sind, die melden, petzen, überwachen und demzufolge an einer früheren Stufe der Verantwortung stehen. Aber Schwamm drüber: wer im rechten Spektrum twittert, weiß um die Denunziantenfront. Weiterlesen

Amt und Beamte

Sándor Márai: Das Kräuterbuch LXXX

Über das Amt und den Beamten

Es gibt keine Epoche im Leben der entwickelten, in Gesellschaft lebenden Menschheit, deren hervorragendste Dichter und Denker nicht über das Amt und den Beamten schimpfen würden. Nur der Nomade und die Horde kannte(n) diese Klage nicht. Weiterlesen

Der Traum von Afrika

Auf den Ästen der Mehlbeere vor meinem Fenster sitzen die Stare und warten. Eisiger Wind bläst ihre Federn auf. Beide, Männchen und Weibchen, tragen noch das Winterkleid, der Schnabel aber ist gelb und das bedeutet: sie wollen anfangen. Sie wollen ihr Nest bauen. Ein Starenkasten steht seit einigen Jahren hier – aus meinem Fenster kann ich direkt in ihn hineinschauen. Weiterlesen

Nationalfeiertag in Ungarn

Sándor Petőfi und das Nationallied

Er war der erste, der in den einfachen Menschen das Bewußtsein weckte, was es eigentlich bedeute, ein Volk zu sein. Was das Wort „Heimat“ bedeute. Und damit verbunden, das Wort „Freiheit“. Denn er konnte beide nicht voneinander trennen.  László F. Földényi

Schon Tage zuvor tauchen sie auf, die Nationalkokarden in den ungarischen Landesfarben. Zuerst auf den Märkten, dann in den Auslagen und Schaufenstern und schließlich an den Revers, Schals und Kragen der Menschen. Bald ist der 15. März, der Nationalfeiertag.

Ungarn hat mehrere davon, doch die Erinnerung an die Revolution von 1848 sitzt am tiefsten, auch wenn sie von allen Regimes und Regierungen immer wieder instrumentalisiert und umgedeutet wurde. Eine Umfrage Ende der 90er Jahre sah den 15. März mit mehr als 50% Zustimmung weit in Front, immerhin wollten viele noch den 20. August, den Sankt-Stephans-Tag als bedeutsamstes Ereignis sehen, aber nur 4% werteten den 23. Oktober hoch, der Tag, an dem 1956 der Ungarische Aufstand losbrach[1]. Weiterlesen

Der sinkende Dampfer der Neuen Bürgerlichkeit

Treue Leser wissen, daß ich aus den Augenwinkeln die dänische Parteienpolitik verfolge und es mir in den letzten Jahren vor allem das Projekt der „Neuen Bürgerlichen“ angetan hatte. Dort hat sich nun einiges getan, es gab dramatische Entwicklungen, die ich hier darstelle, weil sie mir wesentliche und verallgemeinerbare Lehren zu enthalten scheinen, nicht zuletzt angesichts der drohenden oder erhofften Gründung einer neuen Partei durch Sahra Wagenknecht. Weiterlesen

Über die Bereitschaft

Sándor Márai: Das Kräuterbuch LXXIX

Über die Bereitschaft

Und weil wir Sterbliche sind – das größte Geschenk des menschlichen Lebens ist, daß wir diese Tatsache jeden Tag einfacher sehen und vollkommener verstehen –, müssen wir unser tägliches Leben so einrichten wie einer, der in Bereitschaft lebt. Wie Seneca, als Nero in Urbs[1] regiert; wie die Damen und Herren in den Kellern der Conciergerie[2]; wie jeder Mensch, der in Zeiten der Revolution lebt. Denn das Leben ist Revolution. Weiterlesen

Training und Ordnung

Sándor Márai: Das Kräuterbuch LXXVIII

Über Training und Ordnung

Der intellektuell kreative Arbeiter benötigt exakt die gleichen Ertüchtigungsmethoden, das gleiche Training, das gleiche Gesundheits- und Übungsprogramm, wie der Fechter, der Kunstreiter oder der Kraftmensch. Man kann aus einer trägen, niederen, unsauberen Lebensweise heraus nicht für Sekunden einen Ausflug zur höchsten Ebene menschlicher Anstrengung, in die Manege kreativer intellektueller Arbeit machen. Weiterlesen

Die Redlichkeit des Zuhörens

In politischen Systemen, die dem Recht auf freie Meinungsäußerung den Status eines Grundrechts einräumen, darf die schlichte Möglichkeit, sich zu äußern – und ich meine stets politische Äußerungen – nicht verlorengehen. Meinungen müssen als Meinungen an und für sich zunächst wenigstens geduldet werden, und dieses Dulden muß den Eliten solcher Länder ein verteidigungswertes Gut sein. Mit anderen Worten: Es muß unter den Meinungsführern und Meinungsmachern ein Ethos der Anstrengungsbereitschaft und Redlichkeit beim Zuhören, Durchdenken und Revidieren vorhanden sein. Weiterlesen

Was die AfD tun muß …

… das kann ich natürlich nicht beantworten. Nur hatte ich dieser Tage ein Gespräch, das ein paar Hinweise liefern könnte. Nicht in Lehrsätzen, vielmehr in Absenzen, die es zu füllen gälte.

Mein Gesprächspartner war Sachse, Rentner und ein „einfacher Mann“. Soll heißen, einer von der Sorte, die es nie gelernt haben, sich einem komplexem Problem denkerisch, lesend, abwägend zu nähern. Diese Menschen sind daher oft umso meinungsstärker. Weiterlesen

Wenn Aufgaben befehlen

Sándor Márai: Das Kräuterbuch LXXVI

Über die befehlenden Aufgaben

Eines Tages spricht eine Stimme. Du beschäftigst dich gerade mit etwas, oder etwas beschäftigt dich: ein Aufgabenbereich, von dem du glaubst, daß er von erstrangiger Bedeutung ist und nur dich etwas angeht, nur deine Aufgabe ist.

Du warst bereits auf die Aufgabe vorbereitet, eifrig erledigst du deine Arbeit. Und plötzlich spricht eine Stimme und sagt dies: „Du hast andere Dinge zu tun.“ Und es blitzt die Möglichkeit einer Aufgabe auf, an die du zuvor nie gedacht hattest. Und du weißt, diese Aufgabe wird ganz und gar nicht ungefährlich für dich sein.

Sie wird dich von der Richtung deiner bisherigen Arbeit ablenken, wird zudem außerordentliche Anstrengungen erfordern, Mißverständnisse, Streitereien, eine Reihe von Gefahren heraufbeschwören. Und dennoch, das alles mußt du nun zulassen.

Deine pragmatischen Interessen sind ernsthaft von deiner neuen Aufgabe bedroht. Und dennoch, du mußt alles beiseitelegen, du mußt dieses Risiko eingehen, diese Anstrengung, dieses Opfer, diesen neuen Arbeitsbereich, diese suggerierte und unverständliche neue Aufgabe. Das Befehlswort der Stimme kann nicht mißverstanden werden.

Wer dann gut zuhört und gehorcht, scheitert vielleicht an den banalen weltlichen Gefahren, die die Aufgabe mit sich bringt, aber er rettet seine Seele. Wer taub, bequem oder ein Feigling ist, spaziert weiter behaglich durchs Leben, aber seine Seele bleibt verwundet, unzufrieden und ruhelos.

Wähle, mein Freund.

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Lob des Nationalismus

Orbáns Leseliste IV

Als Viktor Orbán in seinem großen Interview in der „Budapester Zeitung“ nach Lektüretipps gefragt wurde, da fiel ihm zuerst Yoram Hazony ein. Dann berichtet er sogar von persönlichen Gesprächen mit dem israelischen Philosophen und Bibelwissenschaftler, die ihn sehr beeindruckt haben. Gleich zwei Bücher empfiehlt er dem Leser – „Nationalismus als Tugend“ wird hier deswegen ausgewählt, weil es seit zwei Jahren eine sehr gut lesbare deutsche Übersetzung gibt. Weiterlesen

Liest das noch jemand?

Die abendliche Routine beim Auskleiden bringt es mit sich, daß mein müder Blick jeden Abend nach links oben abschweift. Dort befinden sich zufälligerweise die Psychoanalytiker. Neben, über, vor den gesammelten Werken Freuds und Jungs stehen und liegen die Schüler, meist in billigen Taschenbuchausgaben der Verlage Kindler, Fischer und Suhrkamp. Schlägt man sie auf, dann brechen manchmal die Rücken, so billig war die Qualität, so ausgetrocknet ist das Papier. Adler, Groddeck, Reik, Rank, Neumann, Horney, Mitscherlich, Clark, Brenner, Politzer, Rogers u.a. bis hin zu Alice Miller und Gerhard Danzer müssen es nebeneinander aushalten, mögen sie sich in Leben und Denken auch spinnefeind gewesen sein im Kampf um die wahre Auslegung der Meister. Nur Wilhelm Reich steht nicht dort; er ist ohnehin viel umfangreicher vertreten, ihm gebührt ein eigener Platz, weit weg von Freud – er steht etwas unglücklich neben Hans Blumenberg, aber das ist nur der Platznot geschuldet. Weiterlesen

Vertikale Faulheit

Sándor Márai: Das Kräuterbuch LXXV

Über die Faulheit

Es gibt zwei Arten von Faulheit: die waagerechte und die senkrechte. Es gibt den Menschen, der nur in der langen Perspektive seines Lebens faul ist; in Plänen; darin, seine Entscheidungen, seine Entschlüsse hinauszuzögern; träge baut er sein Lebenswerk auf, alles baut er in die Zeit, in die weite Ferne hinein. Weiterlesen

Bildung ist eitel

Sándor Márai: Das Kräuterbuch LXXIV

Über die Bildung des Charakters

Selbstgefällig und stolz denkst du daran, ein paar Bücher gelesen und verstanden, dein Wissen vermehrt, etwas über die Natur oder die menschliche Seele gelernt zu haben. Weiterlesen