Müll in den Städten

„Als ich in diese Schule eintrat, wurde mir schwer ums Herz. Ich habe diese Mauern gesehen, voller Graffiti und voller Schmutz, alles ohne Liebe und ich habe verstanden: Gewalt erzeugt Gewalt. Ihr seht eine Welt, die vergewaltigt wurde. Wenn diese Mauern mit allerlei Schweinereien zugeschmiert sind, dann stimuliert das neue Schweinereien …“ (Tiziano Terzani: Vortrag vor Schülern in Pisa)

Das beklagt die „Welt“: „Und es wird immer schlimmer!“

Demnach sammelt sich in unseren Städten zunehmend unachtsam weggeworfener Müll. Gerade im Sommer verwandeln sich die Straßen und Parks über Nacht wie von Geisterhand in Müllhalden.

Was ist da los?

Man begibt sich auf Ursachenforschung, kommt aber nicht weit. Wie immer dürfte es sich um einen ganzen Komplex von Ursachen handeln, ein Zusammenspiel vieler Faktoren, wichtigere und weniger wichtigere, regional bedingte, aber eben auch kulturhistorische, soziale und – demographische …

Könnte einer der Gründe die bunte Multikultiwelt sein, die ihre mannigfarbigen Spuren eben auch auf der Straße hinterläßt?

Vor einigen Monaten weilte ich ein paar Tage in Bonn. Vor den Häusern eines ganzen Straßenzuges lag der Müll, einiges davon ganz offensichtlich einfach aus dem Fenster geworfen, vom Kinderwagen bis zur vollgeschissenen Windel, von der Chips-Tüte bis zum Fernsehgerät, vor allem aber zugeknotete Mülltüten. Auf der Straße hörte man viele verschiedene Sprachen, die DITIB-Moschee war gleich um die Ecke. Ich schaute mir einige Klingelleisten an und bekam bestätigt, was zu vermuten war. In einem Haus lebten – sofern man die Namen zuordnen konnte – Parteien aus aller Herren Länder: Türken, Araber, Russen, Perser, Polen, Rumänen, Zigeuner, Bulgaren, Schwarz- und Nordafrikaner und hier und da auch ein Deutscher. Mancher Eingang roch nach Urin.

Der Zusammenhang schien mir evident. In einer Gesellschaft, in der es keine gemeinsame Sprache, keine gemeinsamen Rhythmen, keine gemeinsamen Werte gibt, muß das Zusammengehörigkeitsgefühl bald erlahmen, das Interesse am anderen, die Verantwortung für das Gemeinsame – weil es das Gemeinsame nicht mehr gibt. Und warum sollte A das Haus wischen, wenn B zwei Mal die Woche in die Ecke pinkelt? …

„Leider müssen wir feststellen, daß der achtlose Umgang mit Abfall zunimmt“, bietet die „Welt“ als Erklärung an. Aber warum, muß man doch fragen! „Manche Bereiche blieben nur kurzfristig sauber – ein gesellschaftliches Problem, führt er weiter aus.“ – Na klar, ein gesellschaftliches Problem, was sonst, aber welches? Es sei „eine zunehmende Verrohung bei der Nutzung öffentlicher Bereiche festzustellen“. „Was bringt Menschen dazu, ihren Dreck einfach unter sich zu lassen? Schwer zu sagen. ,Ein immer geringeres Unrechtsbewußtsein vielleicht‘, vermutet der Mannheimer Stadtsprecher.“ usw. Aber warum, warum gibt es ein immer geringeres Unrechtsbewußtsein? Eine Frage wird mit einer neuen Frage beantwortet, die alle ohne eigentliche Antwort bleiben.

Eine einzige „Erklärung“ wird dann doch gegeben: „Die Einstellung von den jüngeren Leuten stimmt nicht mehr, das ist denen egal“ – erneut: Warum ist es ihnen egal? Und was für junge Leute sind das?

Trotzdem gibt der Artikel eine wesentliche Antwort, ohne daß die Verfasser sich dessen bewußt sind. Die Rede ist nicht von Plauen, Weimar, Schwerin oder Wernigerode – dort gibt es diese Probleme in dieser Form nicht (ich kenne alle drei Städte). Die Rede ist von Karlsruhe, Stuttgart, Mannheim, Tübingen, Freiburg, Ulm … alles Städte im reichen Bundesland Baden-Württemberg, alles Vorzeigestädte, Universitätsstädte, Attraktionen in irgendeiner Form.

Aber alles auch Städte mit ausgesprochen hohem Ausländeranteil, mit einer Vielfalt von multikultibunter Segregation.

In Stuttgart ist der Anteil der Migranten im Jahre 2017 auf 44% gestiegen, es wird eine der ersten Städte sein, in denen Deutsche in wenigen Jahren die Minderheit stellen. Zusammen mit  Mannheim, das ebenfalls kurz vor der Wende steht. In Karlsruhe, Tübingen, Ulm oder Freiburg sind es nur halb so dramatische Zahlen, aber daraus lernen wir nur, daß eine Zerteilung der Bevölkerung bereits mit 15 oder 20% zu einem Verantwortungsverlust und folglich zu einer Verwahrlosung führt.

@ Wikipedia

Und dabei kommt es nicht nur auf die Menge an, sondern vor allem auch auf die Zersplitterung in viele verschiedene Ethnien, Kulturen, Sprachen. Eine Stadt mit einer derart bunten Farbpalette muß zwangsläufig Problemzonen entwickeln, in denen der soziale Zusammenhalt bröckelt und das äußert sich unter anderem im Müllproblem, zumal die meisten der „hier Lebenden“, aber nicht hier Sozialisierten einen anderen Umgang mit Müll gelernt haben.

Schon am ersten Tag unseres Kennenlernens ging ich mit zwei Syrern – Hussain und einem anderen jungen Mann – zum Bahnhof und fragte sie, was sie an Deutschland am meisten faszinierte. Beide antworteten sofort: die braven Hunde und daß man keinen Müll auf der Straße sehe. Im Syrien läßt jeder alles einfach fallen und basta. Riad Sattouf hat einen eindrücklichen Comic dazu geschaffen. Und wer Urlaub in Ägypten oder Tunesien oder auch in Süditalien gemacht hat und sich ein wenig aus den Ressorts herauswagte, der weiß auch, wovon die Rede ist.

In Ungarn hingegen fällt die Reinlichkeit der Straßen sofort ins Auge, auch wenn es in den Seitenstraßen – die mitunter auch Segregationsecken sind – oder hinterm Supermarkt hier und da schmutzige Ecken geben kann.

Auch dieses Thema wird sich nicht – wie die „Welt“ uns weismachen (oder weißmachen) will, durch Säuberungstrupps lösen lassen und selbst wenn: es wäre nur eine klammheimliche Kaschierung des eigentlichen systemischen Problems. Ein weiteres Zeichen des gesellschaftlichen Zerfalls.

Apropos Bonn: Dort sind mehr als 30% migrantischen Herkommens. Aber ob Essen, Wuppertal, Duisburg, Mönchengladbach, Gladbeck, ob Wiesbaden, Darmstadt oder Augsburg – auch ohne Recherche gehe ich jede Wette ein, daß man dort weiß, wovon hier die Rede ist.

In Plauen liegt der Anteil bei 2% und man kennt das Phänomen bislang nur dort, wo es freies WLAN gibt.

3 Gedanken zu “Müll in den Städten

  1. Pérégrinateur schreibt:

    Hinzu kommt noch die Verwüstungen in den öffentlichen Verkehrsmitteln: aufgeschlitzte Sitze, Bemalungen, beim Bremsen durch den Gang kullernde leere Getränkedosen. Vielerorts hat man ja wohl deswegen alle Polstersitze gegen harte Schalensitze ausgetauscht. Täter sind fast nur Jugendliche, und zwar durchaus auch die Sprößlinge „schon länger hier Ansässiger“.

    Bei einer Bahnreise konnte ich die vorteilhafte Wirkung beobachten, die hierbei eine solide elterliche Erziehung hat. Eine junge, offenbar deutsche Mutter stellte ihre vier- oder fünfjährige Tochter mit den Straßenschuhen auf den Sitz ihr gegenüber, worauf diese auf ihm wie auf einem Trampolin hopste. Die verzückte Mutter ließ dazu stolz ihren Blick über die anderen Reisenden im Abteil schweifen.

    An Bushaltestellen fallen mir regelmäßig die Spucklachen und die davon verbliebenen Restfärbungen der Bodenplatten auf. (Geputzt wird alle Jubeljahre.) Ab einer bestimmten Mindestgröße eine Clique von Jungs fühlen sich die Mitgllieder anscheinend verpflichtet, beständig vor sich hinzuspucken. Ejaculatio praecox?

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  2. Kurt Droffe schreibt:

    Sie sprechen an, was mich auch deprimiert: Der gänzlich unachtsame Umgang mit der unmittelbaren Umwelt, der ja, so steht zu befürchten, nur eine Facette des unachtsamen Umgangs mit den anderen ist. Und natürlich ist auch das eine Folge des Kulturimports aus anderen Ländern, wo es eben nicht zur Kultur gehört, Abfall nicht einfach wegzuwerfen, wo vielleicht auch das aesthetische Empfinden dafür gar nicht geprägt wurde. Auch hier: leichtfertiges Verzichten auf ein mühsam erreichtes zivilisatorisches Niveau, auf den Anspruch darauf – denn wer auf das hinweist, was hier verspielt wird, der ist ein Spießer und Besitzstandswahrer, ein Sekundärtugendenfreund mit vermuteter Prädisposition zum KZ-Wärter.
    Allerdings sollte man auch nicht die inhärente „Kriegserklärung“ in diesem Vermüllen verkennen: Es ist nämlich nicht immer nur Unachtsamkeit und Wurschtigkeit, sondern oft auch ein ganz bewußtes „Ich mach hier, was ich will“, ein Abstecken des Territoriums, ein beabsichtigter Übergriff, dessen Nicht-Ahndung eine eigene Befriedigung zu geben scheint.
    Als Bewohner eines gutbürgerlichen Viertels, in dem eine sogar noch ganz anständige Oberschule mit hohem Migrantenanteil liegt, kann ich das unmittelbar erleben. Mit dem kuriosen Ergebnis, daß ich bisweilen in meiner Straße die leeren Chipstüten unerzogener Rotzlöffel einsammle, weil sie mein Empfinden beleidigen.
    Lektüreempfehlung dazu, falls nicht bereits bekannt: Enzensbergers „Aussichten auf den Bürgerkrieg“ (1993) – das müßte ich selbst eigentlich auch mal wieder lesen, weiß nicht, wo mir das abgeblieben ist…

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