Sloterdijks Samthandschuhe

Bewahrung läßt sich nur durch Modernisierung verwirklichen. Die echten Konservativen sind progressiv, weil sie etwas haben, wovon sie überzeugt sind, es verdiene Bewahrung. Leerer Progressismus führt zu nichts. Nur wer etwas hat, wofür er die Hand ins Feuer legt, betreibt Bewahrungspolitik authentisch. Peter Sloterdijk

Diese kleine Sammlung später, vor allem coronaler Interviews ist zuvörderst ein Beweis des vitalen und virulenten vierzigjährigen Denkens Sloterdijks. Es stellt ihm ein ganzes, längst erarbeitetes Arsenal an Begriffen und Denkbewegungen zur Verfügung, die jetzige Ausnahmesituation ansatzweise zu erfassen.

Sein Gedanke der Ko-Immunität – in „Du mußt dein Leben ändern“ entwickelt -, die „die Menschheit als biomassisches Ensemble“ forme und „neues Bewußtsein, neue Gewohnheiten des Herzens, der Kooperation und Solidarität mit anderen“, eine „neue Grammatik des Verhaltens“ erfordere, erhält plötzlich unerwartete Aktualität. Die „unglaubliche Fügsamkeit“ in der Regelbefolgung sind bereits negative Ausläufer. Sein längst geleistetes Nachdenken über Globalisierung, den Staat, über Terrorismus, die Medienlogik, die Macht der Gabe, die Gesellschaft als Streßgemeinschaft … all das scheint nun zu greifen und bietet Erklärungsmuster.

Wenn er den Ablauf der Gespräche dennoch als „Lernprozeß“ beschreibt, der mit einer Ohnmachtserklärung endet, dann ist das in erster Linie der mangelnden Informationslage geschuldet, die uns einerseits mit stark divergierenden Fakten, andererseits mit deutlich homogenisierten Meinungen und Haltungen versorgt.

Der Staat streift seine Samthandschuhe ab: Ausgewählte Gespräche und  Beiträge 2020-2021 von Peter Sloterdijk - Suhrkamp Insel Bücher Buchdetail

© Suhrkamp

Die Gespräche lassen erkennen, daß Sloterdijk Zeit und Muße fehlen, im Wust der alternativen Deutungen nach Wahrheitskörnern zu suchen. So kommt es, daß er einerseits als Warner auftritt – „Seit einem Vierteljahrhundert erleben wir in der ganzen westlichen Welt, daß Freiheitsthemen gegenüber Sicherheitsthemen zurückgedrängt werden“, „Keine Sorge, das westliche System wird sich als ebenso autoritär erweisen wie das chinesische“ u.ä. –, andererseits eine erstaunliche Naivität und Gutgläubigkeit an den Tag legt, die auch direkte Selbstwidersprüche auf nur einer Seite zuläßt.

Wenn er z.B. schreibt: „Im Ausnahmezustand streift der Staat die Samthandschuhe ab, mit denen er im Normalzustand die Bürger anfaßt“, dann ist ihm offensichtlich nicht bewußt, daß der Staat auch im Normalzustand bestimmte Bürger durchaus mit der „eisernen Faust“ behandelt und andere auch im Ernstfall noch immer mit Samthandschuhen, oder wenn er das Gender-Sprech für „eine kapriziöse Verirrung“ hält, „die sicher binnen weniger Jahre verschwinden wird“, ist eine gewisse Sorglosigkeit nicht zu übersehen. Auch der Vorschlag, potentiellen Terroristen „eine staatsbürgerliche Impfung anzubieten“, wirkt ein wenig drogiert.

Vielleicht ist „Naivität“ doch das falsche Wort: man sollte es mit Gelassenheit ersetzen – oder ein tiefes Vertrauen in die relative Trägheit historischer Prozesse – denn ja, allen Gesprächen liegt ein gelassener Ton zugrunde, der vor Übertreibung, Hektik und Panik warnt und zwar in beide Richtungen: die exekutive Entartung und die Übertreibung oder Relativierung der Gefahr. Sloterdijks Humor sekundiert dem kongenial – man kann, man muß gelegentlich laut auflachen, wenn man sich selbst einer gelassenen Lektüre befleißigt und den Gehalt der vorgetragenen Ideen nicht an der Kongruenz zu eigenen Meinungen mißt.

Andererseits spricht er von „Meinungspflicht“, von der „Pandemie der Angst“, dem „ärmer gewordenen feuilletonistischen Raum“, von semi-diktatorischen“, „semi-sozialistischen“ und „neo-feudalen“ Zuständen und dergleichen.

Die Gespräche bieten einen reichen Fundus an nutzbarem Vokabular und Volten,  sie sind ein rhetorischer Genuß, sie beweisen Sloterdijk noch immer als den am weitesten Um-die-Ecke-Denkenden unserer Zeit, sie zeigen aber auch, daß der Lernprozeß noch längst nicht abgeschlossen ist, daß das Phänomen „Corona“ noch immer und vielleicht auf lange Zeit – auch weil die klassischen Begriffe nicht mehr greifen – der philosophischen Erschließung harrt: „Die Realitäten laufen dem Lexikon davon“.

Peter Sloterdijk: Der Staat streift seine Samthandschuhe ab. Ausgewählte Gespräche und Beiträge 2020-2021. Suhrkamp 2021. 200 Seiten. 18 Euro

6 Gedanken zu “Sloterdijks Samthandschuhe

  1. Michael B. schreibt:

    Die Bedeutung eines Denkens sollte nicht nach diesen Kriterien beurteilt werden […]

    Klassischer Einwand, mancher wuerde das Efenbeinturm nennen. Das Zitat, welches Ihren Artikel einleitet:

    Nur wer etwas hat, wofür er die Hand ins Feuer legt, betreibt [was auch immer] authentisch. Peter Sloterdijk

    Wo ist die seine Hand? Rhodos ist hier und heute. Ausser das war eben auch nur ein Spruch.

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    • Pérégrinateur schreibt:

      Vermutlich steht es so mit Sloterdijk: Dieses Herdenverhalten in den beflissenen öffentlichen Stellungnahmen so vieler zu Beginn der als Flucht verkleideten Immigrationswelle hat ihn wohl angeekelt; er ist ja ein Maverick. Seitdem kam weniger von ihm, er ist ohnehin eher Worttänzer und kein Kämpfer, weil ihm der Kampf nicht behagt oder auch weil er ihn als aussichtslos ansieht.

      Immerhin ist er kein Nasenring tragender Ochse. In unserer Zeit zeigen viele unter Hintanstellung ihres Intellektes eine so grenzenlose Anpassungsbereitschaft, dass man damit jedenfalls in einer Hinsicht ganz zufrieden sein kann. Denn von Schranzen, die ebenfalls in des Kaisers neuen Kleidern gehen, erfährt man auf die einfachste Art der Welt, wen man nie mehr im Leben ernst nehmen muss.

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  2. Zweifler schreibt:

    Danke sehr für die Einordnung. Es hilft aber nicht, er hilft (mir) nicht. Habe zuletzt so einiges von ihm gelesen. Zugegeben, auf der Suche nach Hilfe, nach Hilfe eines Denkers, eines Großen. Allein, die auch in diesem Artikel angesprochenen Widersprüche schlagen mir erheblich auf den Magen. Ich empfinde die Darlegungen S. als im Ergebnis inkonsequent, aussitzend. Habe das Buch deshalb sogar relativ schnell aus der Hand gelegt, um Zeit für anderes frei zu bekommen. Sein Motto ist, so scheint es mir, nicht das „es kömmt aber darauf an, sie zu verändern“ (wobei der Große, der das geschrieben hat, von tatsächlicher aktiver Umsetzung seiner Thesen z.B. durch die Versuche des vom ihm sogar schwer geschmähten Lassalle, auch nicht viel gehalten hat.) S. vertraut aus meiner Sicht darauf, daß sich das Richtige schon durchsetzen werde. Seine nicht näher hinterfragte oder begründete geäußerte Abneigung zur AfD paßt da gut rein. Was denn dieses Richtige sein soll wird mangels Konsequenz undeutlich, nach dem Motto-klar, die übertreiben, die Spinner-aber es wird schon wieder. Klar wird, daß er ablehnt, was viele konservativ oder rechts oder kritisch links Eingestellte vielfach auch ablehnen, -Zustände, Herangehensweisen, Folgerungen, Aktivitäten. Aber dieser oben teilweise zitierte Veränderungsgedanke, der Wille, der Unterstützungswille ( Marx hat ja wenigstens das Manifest erstellt) fehlt. Er fehlt nicht nur, sondern seine Abwesenheit nährt Ignoranz, sogar Ablehnung. Leider wittert man da in betroffenen Kreisen „Verrat“. Worin der allerdings liegen soll, erschließt sich mir auch bei der Lektüre des angesprochenen Buches nicht. S. zu unterschieben, daß er überhaupt helfen will bzw. dies irgendwie versprochen hat, ist unredlich. Man sollte sich tatsächlich nicht verraten fühlen, wenn man nicht viel mehr zu erwarten hat, als eine philosophische Interpretation der Welt, die zugegeben kritischer und auch deshalb deutlich hochwertiger daherkommt, als die anderer Zeitgenossen, allerdings auch viel mehr offensichtlich gar nicht sein will. Warum sollte S. die ihm zugesprochene „Wirkmächtigkeit“ nicht auf alle Teile der lesenden Gesellschaft gleichmäßig verteilen wollen ohne irgend jemanden dabei wirklich zu vergnatzen. Schicksale wie Bernig, Tellkamp, Maron oder neuerdings auch Thielemann und die krtisierenden Schauspieler braucht es da gar nicht. Persönlich zweifel ich ja stark an dieser „Wirkmächtigkeit“, da ich gesellschaftlich relevante Wirkungen nicht erkennen kann.

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    • Es gibt bei Sloterdijk tatsächlich einen gewissen Willen zur Unfeststellbarkeit, die in der Philosophie eine lange Tradition hat. Man will sich damit die Offenheit bewahren – Sloterdijk realisiert das vornehmlich sprachlich, gepaart mit ironischer Gelassenheit. Diese Gelassenheit ist konstitutiv, sie gehört zu seinem Denkhabitus seit der „Kritik der zynischen Vernunft“.

      Das ist eine Tonlage, die heutzutage oft nicht mehr goutiert wird, aber es ist der philosophische Ton per se. Wir erwarten heute feste Positionen, Lösungen, Aktionen – Philosophie ist aber besinnendes Bedenken des Vorhandenen und sollte, wenn sie seriös bleiben soll, in der Regel auf direkte Handlungsanweisungen verzichten. Diese ergeben sich freilich organisch aus dem Denken, sofern es faßbar ist. Das tiefenphilosophische Denken wird leider immer mehr verlernt und je alarmistischer die Zeiten, umso ungeduldiger die Lektüren, umso schwächer aber auch die Begründungen.

      Das Wirken der Philosophie ist meist ein langsames, subkutanes. So hat uns Hegel etwa noch immer nicht verlassen, sogar die ferne Station Platon sendet noch immer. Sloterdijk greift nicht umsonst auf diese großen Distanzen zurück, etwa wenn er Augustinus oder die Kirchenväter auf die Bühne zitiert. Daß, was Marx und Habermas in dieser Hinsicht geleistet haben, stellt eher die Ausnahme dar, wird aber zunehmend typisch; heute wissen wir um das Katastrophische dieses intervenierenden Denkens. Ob Sloterdijk jemals eine solche Rolle spielen, ob er überdauern wird, muß die Zukunft zeigen, jedenfalls sollten wir gerade jene Denker preisen, die die klare politische Intervention scheuen und uns stattdessen helfen, ein Tiefenverständnis der Zeit zu erlangen.

      Daß das nicht jedem individuellen Bedürfnis in entsprechenden Lebenssituationen entspricht, bleibt unbenommen. Wahrscheinlich muß man seine innere Unruhe zuvor erst totgelesen haben – auch das ist eine notwendige Arbeit.

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      • Zweifler schreibt:

        Danke! Nach so einer Einordnung habe ich immer gesucht.

        Allerdings müßte er sich, wenn er sich denn tatsächlich konkreter Handlungsanweisungen enthalten wollte/sollte, m.E. dann wohl konsequent dazu entscheiden handelnde Akteure (Orban, AfD) nicht negativ einzuordnen-noch dazu jeweils ohne nähere Begründungen. Auch müßte er sich wohl enthalten, mehr oder weniger zu verbreiten, die Entwicklung sei den Zeitläuften (zu) überlassen. Andernfalls gibt er eben doch wieder Handlungsanweisungen und beteiligt sich (gewollt-weil er zu klug ist, dies nicht zu sehen) sogar an laufenden gesellschaftlichen Ausschluß- bzw. Sanktionsverfahren. Auch der Hinweis darauf, daß die Dinge einfach nur überdreht sind und sich schon wieder einrenken werden, ist ja eine Handlungsanweisung für die „Gegenseite“, nämlich die, sich anzupassen, den Mund zu halten (nicht jeder ist ein Sloterdijk und genießt einen gewissen Schutz bzw. kann sich so ausdrücken) und abzuwarten, bis wieder Licht in die Höhle fällt. Bis dahin kreist dann das Denken um sich selbst.
        Gerade aber, weil ich das nicht mehr konnte, habe ich angefangen darüber nachzudenken, warum die uns eigentlich jeden Tag in den offiziellen Nachrichten (ob privat oder ör ist egal) mit einer Realität konfrontieren, die es nicht gibt. Das Denken eingesperrt, die angelernten Wahrheiten ausgeleiert, sinnentleert, die Erkenntnis darüber erschreckend-letztlich brach das ganze Konstrukt zusammen-zu vergleichen vielleicht mit der Situation in Platons Höhlengleichnis-wobei das Unwohlsein schon in der Höhle eingesetzt hat-wohl weil die Schatten zu groß wurden (dazu ganz gut auch z.B. Kleine-Hartlage „Warum ich kein Linker mehr bin“, Verlag Antaios). Und Ich habe festgestellt, daß es gerade dies ist, was mich stört, dieses inhärente Vorgaben machen und die diesbezügliche Art und Weise. Oft ist das Nichtgesagte oder das Angedeutete, das Entscheidende. Es gab Orte und Zeiten, da war das praktisch fast immer so. Damit stellt er sich als großer, tatsächlich oft auch intellektuell toll zu lesender Denker hinter die Handelnden, die in der Realität bzw. die Realität exekutieren. Sie können sich auf ihn berufen ohne dies explizit aussprechen zu müssen oder zu dürfen. Nicht umsonst kann er wohl in praktisch allen gängigen beliebigen Publikationen mit einer entsprechenden Leserschaft aufwarten. Nachvollziehbar wäre, wenn er tatsächlich keine Wertungen etc. abgäbe. Das oben geschilderte Herangehen allerdings ist ein aktiver Eingriff bzw. Übergriff des Denkers. Auch wenn das Denken von den möglichen Handlungsalternativen nichts wissen will (was ich bei allen Denkern erheblich bezweifle-jeder will gehört werden, Einfluß nehmen), es sich selbst genügt, dann will es auch eher wenig von der Realität wissen bzw. wird die Realität als unerreichbar/unbeeinflußbar dargestellt. Allerdings wird sie eben doch beeinflußt-von realen Menschen, die nicht mal 10% des Denkvermögens von S haben. Diese Handelnden machen einfach und werden, wie gesagt, sogar noch unterstützt. Ein mögliches Gegenhandeln wird geschwächt, mindestens auf die intellektuelle Ebene verschoben also von der Realität entfernt. Das wiederum führt dann eben dazu, nicht nur Enttäuschung, sondern Verrat zu fühlen/zu denken. Wie gesagt, ich denke nicht an Verrat-warum auch, dafür ist meine Hoffnung in ihn zu gering und dasjenige, was S eben doch als Empfehlungen abgibt, jedenfalls im Ergebnis, zu vage/unbegründet/unhergeleitet und damit überraschend sehr auf der Seite derjenigen, die das heutige Handeln verantworten und mein geistiges Höhlendasein organisiert haben.
        Persönlich habe ich das Marx-Zitat auch nie so verstanden, daß er den zweiten Teil davon für sich reklamiert hat. Er wollte, das war klar für mich, ein Denker sein und nicht (viel) mehr. Allerdings ein kritscher, ein den Herrschenden konsquent unbequemer. Um das aber zu sein, muß er ganz klar sein und benennen was ist und was nicht (mehr) sein darf. Darin selbst steckt dann schon wieder eine Handlungsanweisung, ein Lösungsansatz. Das ist (natürlich) selbst dann so, wenn der jeweilige Denker nicht wie Marx ausgesprochene Vorgaben macht (aber eben nur dann, wenn man nicht dazu setzt, es werde sich alles von selbst regeln-in diesem Fall wird der umgekehrte Effekt bezweckt/erreicht). Und Tatsache ist angesichts seiner Schriften und seines Lebens natürlich auch, daß Marx nicht davon ausgegangen ist, die Zeitläufte werden es richten. Auch sein Exil macht deutlich, daß er keiner war, der in allen möglichen Blättern auftauchen konnte-insofern ähneln sich Habermas und Sloterdijk in ihrer Herrschaftskompatibilität aus meiner Sicht viel mehr als Marx und Habermas. Wo Marx heute stünde und was er sagte, ist für mich im Übrigen durchaus unklar. S hätte bei Marx sicherlich wenig Gnade gefunden-aber das muß natürlich nicht negativ sein.

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        • Meine vorherigen Zeilen war wohl etwas voreilig oder zumindest nicht umfassend genug. Unabhängig davon, ob man als Leser dem Autor mehr oder weniger diktieren kann oder sollte, wie er sich zu verhalten hat, war der von mir erweckte Eindruck, Sloterdijk würde sich nicht in aktuelle und politische Diskussionen einmischen, nicht korrekt. Er hat das immer wieder und auch ganz prononciert getan. Am deutlichsten vielleicht mit seiner Schrift „Die nehmende Hand und die gebende Seite“, die sich vornahm, Vorschläge zu machen, das Steuersystem im Sinne von Marcel Mauss zu reformieren, also die Steuer von einer Pflicht zur Gabe zu machen. Im Feuilleton gab es dafür viel Spott, aber es hatte danach konkrete Gespräche mit Schäuble etwa gegeben, der sich die Idee wohl erläutern ließ – danach versandete es.

          Oder denken wir an die demokratiekritischen Bedenken, die hier schon einmal ausführliches Thema waren. Die zahlreichen Kritiken der Einwanderungspolitik oder des Islam in Deutschland und all das … und schließlich ist der besprochene Band zur Coronapolitik auch eine Intervention.

          Die Äußerungen zur AfD werden ihm vor allem immer wieder aufgedrängt, erstens weil man viele seiner Äußerungen als „rechts“ verortet und Distanzierung einfordert, zweitens auch, weil Jongen nun mal sein Adlatus und wohl auch vielversprechend war – den hat er an die Partei verloren. Warum sollte aber Sloterdijk ein gutes Haar an der AfD lassen? Sie gibt genug Grund, sich von ihr angewidert abzuwenden – das tun die meisten Deutschen.

          Die Bedeutung eines Denkens sollte nicht nach diesen Kriterien beurteilt werden und schon gar nicht nach der Kongruenz zu den eigenen Vorlieben. Es geht darum, ob der Philosoph die Realität auf eine treffende oder wenigstens originelle, gedankenweckende Weise erfaßt. Bei Sloterdijk ist der präskriptive Teil dabei eher schwach ausgebildet, der deskriptive hingegen sehr stark, aber das heißt natürlich nicht, daß er keine Vorschläge machen kann, wie seiner Meinung nach gehandelt werden müßte. Die konkret-politischen Vorstellungen taugen dabei eher für die Tageserregungen, die tiefenphilosophischen Gedanken bleiben als Grundton davon weitgehend unberührt.

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