Ich, Misanthrop

Vor mir läuft ein Typ, 18 Jahre vielleicht, gebeugter Rücken, schwabbelnde Gestalt, östrogene Aura, Hosenbund an Ansatz Kimme, im Gehen auf ein Endgerät starrend. Trägt eine martialische schwarze Jacke, die seine Schultern nicht füllen können, auf der vor einem Totenkopf „Yakuza“ steht. Eine Marke, wie Bruder Google sagt, aber eben mit dem Titel der japanischen Mafia, ganz harter Hund.

Weiß er, was er trägt? Dreht sich erschrocken um, als ich ihn erreiche. Weißes Gesicht, dünner Bartflaum ums Kinn. Sehe ihm an, daß ich trotz der 40 Jahre Altersdifferenz ihn im 100-Meter-Lauf alt aussehen lassen würde und im Faustkampf ebenfalls. Vermutlich kann er nicht mal einen Gartenzaun überwinden.

An der Kreuzung rot. Die Straße leer, weit und breit kein Auto, in der Kleinstadt sind die Bordsteine schon nach fünf Uhr nachmittags hochgeklappt. Ich gehe einfach drüber – er bleibt stehen, drückt den Ampelknopf und wartet brav, bis die Ampel auf grün wechselt.

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