Spinner mögen die Spinnenden heißen

Denkanstoß – Sloterdijk

13.11.2013: Wie gern erfüllt das Rektorat der HfG den angestellten Letzten Menschen ihren Wunsch: Sie möchten künftig auf dem E-Mail-Verteiler nicht mehr „Mitarbeiter“, sondern „Mitarbeitende“ heißen, vorgeblich geschlechtsneutral. Unter dem Vorwand der Korrektheit schleicht etwas Bösartiges sich ein. Wo Behörden sind, ist die Wehrlosigkeit gegen Verhaltensgifte am größten, weil alles auf den Sinn fürs Mitmachen zielt. Der Sprachsinn war ja schon verlorengegangen,  als „Studenten“ die „Studierenden“ genannt werden sollten, vor Jahren nahm das Unheil seinen Lauf. Der lateinische Name für junge Menschen, die ihre Nase mit Eifer, studium, in Bücher stecken, war mit einem Mal nicht mehr participium praesens neutrum genug. Man eifert noch, aber in die falsche, die sexistisch nervöse Richtung. Sei’s drum, die Spinner mögen ab jetzt die Spinnenden heißen.

5.12.2013: Wer verstehen will, wie es kam, daß heute überall moralisch aggressive Kleingruppen die amorphen Mehrheiten, die bis eben noch plausible Meinungen wiederkäuen, vor sich hertreiben, sollte sich an diesen Rat erinnern: Identifiziere dich mit einer Minderheit, treibe dein Frau-Werden, dein Person-of-colour-Werden, dein Schwul-Werden, dein Tier-Werden in hinreichend provokanten Gesten voran, und du erreichst eine unangreifbare Angriffsposition. Die leeren Mehrheiten sind im Verhältnis zu ihr immer im Unrecht. Sie werden einknicken, verlaß dich drauf! Niemand hat die Statur, den Anwürfen einer organisierten Minderheit standzuhalten, die bewiesen hat, daß sie die Mehrheit unter Mitarbeit charakterloser Medien (die angeblich nur ihre Arbeit machen) an die Wand spielt.

Peter Sloterdijk: Zeilen und Tage. Notizen 2013-2016. Frankfurt 2023

Ein Gedanke zu “Spinner mögen die Spinnenden heißen

  1. Madame schreibt:

    Das Deutsche ist eine neutrale Sprache

    An: Seidwalk/Sloterdijk/David Domjahn

    „Spinnende“, Studierende, Forschende: das sind Deppenpartizipierungen von ungelehrten Feministen (von früher&heute) und Buchstabensexuellen (heute), die behaupten, dass deutsche Wörter (Substantive) ein Geschlecht hätten.

    Es wird unterstellt, dass mit »der«-Wörtern oder Wörtern auf »-er« Frauen nicht mitgemeint wären, woraus geschlossen wird, dass das Deutsche eine Männersprache wäre, die abzulehnen ist, und  eine geschlechtersensible oder geschlechtergerechte Sprache zu entwickeln wäre mit Sonderzeichen und Doppelnennungen und Partizipialsubstantivierungen. Darauf bezogen wird auch noch der Geschlechterdimorphismus bestritten, was zu Absurditäten führt wie Männer als »Transfrauen mit Front-oder Vorderloch«.

    Was jahrhundertlang nicht auffiel und auch keine Wirkungen hatte, ist offenkundig, dass neben Numerus und Kasus den deutschen Substantiven anders als lateinischen Substantiven kein Genus (das ist die Klasse, nach der Substantive dekliniert werden) inhärent ist. Im Deutschen bestimmen Artikel die Deklinationklassen der Substantive.

    der: Zauber/Gast, Rhein

    die: Tochter, Mutter/Elbe

    das: Kataster, Futter/Weib, Mädchen

    Das Gendergaga beruht also auf einem linguistischen Irrtum und verbietet sich von selbst. Diesen Irrtum anerkennend entwerten sich alle Genderprofessuren und („wissenschaftlichen“) Verteidigungen oder Entgegnungen.

    Der Widerstand dagegen ist also groß, man verteidigt gleichsam ein geozentrisches Weltbild. Es sind inkompetente Frauen, die dadurch besonders auffallen, wie auch solche in der gegenwärtigen Außenpolitik, Familienpolitik, Verteidigungspolitik.

    Aus guten sprachökonomischen Gründen allerdings wird Genderverbot seitens der Politik durchgesetzt (Hessen Bayern).

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