Die Spur der Stimmen

Die weibliche Stimme ist zum einen das hörbare Zeichen ihrer Geschlechtsmerkmale, zum anderen selbst eines. Wer die Stimme einer Frau hört, weiß, daß ihm ein Wesen mit allen weiblichen Attributen gegenübersteht. Die wenigen Ausnahmen werden hier – entgegen der zeitgeistigen Ideologie ausgeklammert und nicht überbetont, was die einzig vernünftige Form ist, Wesentliches über die Realität in Erfahrung zu bringen.

Die aktuelle Dekonstruktion der Völker und Nationen scheitert bereits an den einfachsten Evidenzen. Daß es volkliche, kulturelle und nationale Differenzen gibt, kann jeder, der es will, sehen und hören, und zwar bis ins kleinste Detail. Zum Beispiel an den Stimmen der Frauen.

Warum die Frauen? Nun, vermutliche achte ich – als Mann – mehr auf diese als auf männliche Stimmen, darüber hinaus gibt es aber auch innerhalb eines Sprachkreises Unterschiede in den Sprechweisen der Geschlechter – so nutzen amerikanische Frauen Glottisierung stärker als amerikanische Männer.

Es gibt in verschiedenen Ländern jeweils andere Stimmen – man muß nur zuhören. Das mag einerseits an der jeweiligen Sprache und der Sprachmelodie liegen, muß aber noch andere, wohl vor allem Mentalitätsgründe haben. Allerdings trifft diese Beobachtung nicht auf alle Sprachen gleichermaßen zu.

Die Engländerinnen zum Beispiel haben das hohe Falsetto kultiviert. Sehr oft gehen ihre Stimmen am Ende eines Satzes stark in die Höhe, eine Art Sopran. Um dies zu erreichen, setzen sie oft einen Satz schon sehr hoch an. Ist man nicht daran gewöhnt, kann das schnell als eine Form der Hysterie mißverstanden werden.

Besonders bei erregten Gesprächen tritt das Phänomen häufig auf und wird dann auch von Männern zelebriert.   Jamie Carragher, ehemaliger Fußballstar und nun Fernseh-Pundit ist mit dieser Redeweise fast schon zum Meme geworden und wenn man sich einige Streitgespräche mit Gary Neville anhört, dann sollte man die Kopfhörer nachregeln.

Es scheint, als gäbe es in England verhältnismäßig wenige tiefe Frauenstimmen.

Ganz anders ist die Lage in Italien. Hier finden wir sehr viele Frauen – und weit weniger Männer – mit einer „Voce rauca“, einer tieferen, rauheren, heiseren Stimme. Bei den Männern haben damit eine ganze Reihe von Sängern Erfolge feiern können, Drupi etwa oder Marco Masini. Sie nutzen die Stimme zur Erhöhung der Emotionalität. Auch Gianna Nannini nutzt dieses Mittel als Frau ausgiebig. Hier geht es aber vornehmlich um die Straßensprache.

Der Grund erklärt sich vermutlich, wenn man die Spanierinnen noch mit einbezieht. Bei ihnen ist das Phänomen noch ausgeprägter. Es liegt demnach nahe, anzunehmen, daß in diesen hochkommunikativen Kulturen das menschliche Sprachorgan ganz einfach überlastet wurde. Italiener und Italienerinnen sprechen viel und schnell, bei den Spaniern kommt die Lautstärke noch hinzu. Schweigen wird als Affront betrachtet oder als Peinlichkeit. Diese natürliche Heiserkeit dürfte sich als Sprachideal durchgesetzt haben und wird auch von vielen angenommen, die an sich nicht darunter leiden.

Mir ist bewußt, das Material ist dünn. Man könnte noch die flachen Stimmen der Dänen erwähnen. Bei den Ungarn hingegen fällt es mir schwer, markante Stimmen zu unterscheiden und von den Deutschen mag ich nicht sprechen. Vielleicht kann das Publikum mit anderen Beispielen oder Gegenbeispielen helfen.

2 Gedanken zu “Die Spur der Stimmen

  1. externnet schreibt:

    In Ungarn geboren und aufgewachsen fiel mir das, wovon hier die Rede ist, nicht auf. Mundarten ja, die jedoch für alle verständlich sind, Unterschiede im Bildungsstand sind bemerkbar. Hinzu kommt, dass Ungarn ein Vielvölkerstaat (gewesen) ist, was die MSM hier in den letzten Jahrzehnten nicht mal erwähnt. „Viktor Orbán ist böse“, soviel wissen dt. Beamte im nichttechnischen Dienst, was auch für alle Fernsehzuschauer genügen soll. … Im verlinken Wikipedia-Artikel sind die Volksgruppen aufgezählt, aus denen die Staatsangehörigen Ungarns bestehen. Ethnische Spannungen sind chronisch und mühsam in Schranken gehalten NUR, wenn Zigeuner und Juden im Spiel sind. „Juden als Minderheit“, wohl auf eigenen Wunsch, gibt es nicht in Ungarn; sie sind in allen Volksgruppen durch Mischehen zu finden. Ich erinnere mich dunkel, in Hörfunkinterviews deren Stimmlage (nur bei Männern) hie und da erkannt zu haben: tiefer als sonst und wie aus der Speiseröhre gesprochen. Das war alles, was mir dort auffiel. Hier in Deutschland, wiederum durch Radio, die etwas affektierte Sprechweise des Michel Friedman (CDU) zum Beispiel.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ethnische_Gruppen_in_Ungarn

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    • Ja, die Situation in HU erscheint mir diffus. Ähnlich dem Dänischen ist das Ungarische phonetisch eine nivellierende Sprache, d.h. sie klingt eben und flach und hat nur am Ende des Satzes diesen typischen Abfall. Und das wird für unsere Ohren relativ konstant eingehalten, weshalb sie dem Ausländer fast tranceartig vorkommen kann. Plus die Vokallastigkeit, vor allem e und dann a.

      Aber vielleicht gibt es noch andere Gründe, weshalb Ungarn die prononcierte Sprache meiden. Man hält sich bedeckt – ich hatte das ja mehrmals thematisiert – will nicht auffallen, bleibt lieber in der Menge. Und das hat lange historische Gründe und wird aktuell auch nicht politisch gefördert.

      Aber das sage ich nur unter uns und lasse mich gerne widerlegen.

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