Twitter und Trump

Let’s be clear about this – unter allen „historischen Momenten“ der letzten Tage, Wochen und Monate, ragt einer heraus; dieser wird unter der Masse tatsächlich Folgen haben, mag die Erinnerung an ihn auch verblassen. Ob das geschieht, liegt kaum in unserer Hand: wir sind ihnen nahezu wehrlos ausgesetzt: den Big-Tech-Konzernen, der Meinungseinheitspresse, dem politischen Establishment, letztlich dem Zeitgeist.

Sein letzter Coup – davon ist hier die Rede – ist die Sperrung des Twitter-Kontos des amtierenden – beinahe hätte ich geschrieben „regierenden“ – Präsidenten der USA, Donald Trump.

 

Ganz unabhängig davon, wie man zu Trump steht oder ob man ihm Vorwürfe machen kann, sich nicht längst von diesen Haltungsriesen frei gemacht zu haben, ganz unabhängig von seiner eigenen Schuld und Verantwortung, ja selbst von seinen mehr oder weniger diskutablen Tweets – die Komplettsperrung seines Accounts, mit fast 90 Millionen Folgenden, ist eine Zäsur von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Es ist – oder kann zumindest sein – der Eintritt, die Sichtbarmachung der kommenden Diktatur des oben erwähnten Konglomerats an Big Playern. Diktatur deswegen, weil diese Organisationen, Firmen, Menschen letztlich diktieren können, wer noch gehört werden darf, was er sagt und wo er Gehör finden kann. Das Grab der Meinungsfreiheit, die die sich selbst als solche bezeichnenden demokratischen Staaten wie einen toten Fetisch vor sich hertragen, hat seit gestern einen für jeden sichtbaren pompösen Grabstein erhalten. Wer jetzt noch an seine mediale Unsterblichkeit glaubt ist entweder verblendet oder Schlimmeres. Dieser Akt steht symbolisch für die Bereitschaft zur radikalen Zensur ohne Ansehen der Person, der Bedeutung, des Amtes oder der schieren Menge an Teilnehmern. Selten wurde die Arroganz der Macht derart offen zur Schau gestellt.    

Übrigens frißt sich auch das scheinheilige Argument „ des inciting violence“ selbst auf, denn durch solche Aktionen wird genau das produziert, was man zu verhindern vorgibt. Wenn man Menschen die Ausdrucksmöglichkeit raubt, wenn man sie zu Millionen ins Schweigen zwingt, wenn man sie entmündigt und in die Ohnmacht treibt, dann werden sie gewaltsam reagieren – wer weiß, ob das nicht sogar das Ziel ist?

Es kann und wird – die Geschichte des Stalinismus hat das exemplarisch durchexerziert – jeden treffen und wer heute jubelt, steht morgen vor der medialen Exekution. Tatsächlich ist Trump nur der Schauprozeß, hinter den Kulissen spielen sich gerade Lösch- und Zensurorgien von allerlei „rechten“ und „konservativen“ Accounts ab.

Man müßte auch in Deutschland einen medialen Aufschrei erwarten, denn die „freie Presse“ lebt doch von diesem Saft. Aber die Ideologie hat längst die Überhand gewonnen: die einen spielen die Nachricht als quasi irrelevant herunter und reihen sie in eine timeline kommentarlos und als Petitesse ein, die anderen verteidigen die Ungeheuerlichkeit sogar.

Dabei ergibt sich aus diesen Ereignissen für jeden freiheitlich denkenden Menschen nur eine politische Konsequenz und damit die Hauptaufgabe aller kommenden Politik: Die „Big-Tech“-Firmen müssen zerschlagen werden!

Twitter, Facebook, Google, Amazon, Whatsapp, PayPal, Instagram und wie sie alle heißen, gefährden nicht nur das bißchen Restdemokratie, das wir noch haben, sie gefährden auch Politik als solche. Wenn die Politik sich nicht selbst abschaffen, sich nicht durch eine Medien-Oligarchie ersetzen lassen will, dann muß sie jetzt – nachdem die letzten Masken gefallen sind – handeln. Denn bald wird sich das Zeitfenster schließen, dann werden die Zuckerbergs, Bezos‘, Dorseys, Musks usw. die „Welt regieren“. Dann werden sie über Meinungsveröffentlichungen, über Geldbewegungen, ja sogar über den physischen Bewegungsradius (wer darf die Bahn, wer das Flugzeug besteigen?) bestimmen.

Die Zerschlagung sollte ein Ziel aller politischen Parteien, sollte in aller Interesse sein – sofern man sich der eigentlichen Aufgaben und Ziele ohne parteipolitische Scheuklappen besinnt. Es wäre ein sinnvolles Objekt gemeinsamer politischer Arbeit, es könnte tiefe habituelle Gräben überwinden helfen.

Der Staat muß die Initiative ergreifen, er muß seinen Fuß in die Tür stellen, im Idealfalle sollte er diese „Dienste“ übernehmen. Die Mindestanforderung sollten unabhängige und unbestechliche Kontrollgremien sein, die die wahre Vielfalt – und deren Interessen – der Gesellschaft repräsentieren, möglichst aus Volksvertretern bestehend, jedenfalls nicht aus Berufspolitikern, Interessenvertretern und Lobbyisten.

Das Argument, ein Privatunternehmen könne selbst bestimmen, wen es an seinem Geschäftsmodell teilnehmen läßt, verliert dann seine Überzeugungskraft, wenn es sich dabei um systemrelevante Unternehmen handelt, wenn diese Unternehmen also die Kraft erlangen, die Aufgaben des Staates zu übernehmen oder zu torpedieren.

Alle anderen politischen Ziele – auch die politische Beherrschung der ökologischen Krise und des Klimawandels, die ökonomischen Krisen, die Massenmigration etc. – werden nur dann zu handhaben sein – zumindest theoretisch – wenn es eine gewisse Meinungsvielfalt gibt. Ist diese verhindert, laufen wir auch in diese Katastrophen kopflos hinein.

Gibt es darauf nun Hoffnung? Wohl kaum aus den USA – dort hat der neue Präsident sein Kabinett just mit jenen Leuten durchsetzt, die die Interessen der Big-Tech-Mafia vertreten, man hat sie zu ihrer Macht auch noch an die politischen Hebel gesetzt. Man erwarte keine Hilfe, nirgends!

Man überlege stattdessen, ob man sich selbst in diese Abhängigkeiten, in dieses angstbesetzte Twittern hineinbegeben will oder ob man sich dieser Denunziationsgemeinschaft nicht besser entzieht? Dies ist eine denkbar schwer zu entscheidende Frage, denn im politischen Diskurs gilt leider: Twittero ergo sum. Soweit hat Twitter es gebracht. Der Aufbau alternativer Plattformen ist die zweite mögliche Widerstandsmöglichkeit – sie steht unter ähnlichem Vorbehalt; wir sehen das an Fällen wie Stefan Molineux oder Martin Sellner, die auf ihren neuen Plattformen um den Faktor 100 reduziert weiter senden. Man hat sie bereits mundtot gemacht.

5 Gedanken zu “Twitter und Trump

  1. willanders schreibt:

    Erst nach meinem letzten Kommentar habe ich den Ausschnitt aus Zuckerbergs Anhörung gesehen. Da sehe ich deutlich die Hilflosigkeit der Politik angesichts der Tech-Giganten. Das Face von Facebook macht sich daraus einen Riesenspaß, ohne den Mundwinkel auch nur minimal zu verziehen. Aalglatt – selten passte dieses Wort besser. Und noch nie habe ich einen Geschäftsführer/Präsidenten eine Firma gesehen, der dermaßen schlecht informiert ist über die Vorgänge in seinem Unternehmen; er beantwortet nicht eine Frage des Politikers.

    Zu den Schwierigkeiten der Politik beim Umgang mit den Inhabern und Managern der Big Data gehört ihre gegenseitige, enge Zusammenarbeit. Silicon Valley erhält milliardenschwere Aufträge der Regierung, die Regierung erhält im Gegenzug Zugriff auf die Daten, dieser Zugriff wird allerdings durch die Techs kontrolliert, die Daten vorher entsprechend aufbereitet. In dieser Symbiose halte ich die Regierung allerdings für den schwächeren Part. Die Big Tech kann ohne die Regierungsaufträge leben – die Regierung ohne Google eher weniger.

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  2. willanders schreibt:

    Die meisten Staaten und die Bundesregierung der USA nehmen Alphabet/Google gerade in die Zange. Es droht eine zwangsweise Spaltung der Moloche, auch wenn es noch Jahre dauern würde:

    https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-12-22/google-and-facebook-s-antitrust-pileup-a-readers-guide

    Bin gespannt, ob und wie lange die Politik durchhält, oder ob ihr vorher die Puste ausgeht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Kraken mit ihren Fantastilliarden Dollar das Feld räumen werden. Sie haben ja selbst die neue Mannschaft im Weißen Haus erwähnt. Für die Demokratie heißt es wohl: Game over!

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  3. Michael B. schreibt:

    Natuerlich nicht, es hat aber eine auch sichtbar ausgenutzte Dampfablass- und Vermeidungsfunktion, ueber die man sich klar sein muss. Meist nicht bewusst (aber durchaus oefter unbewusst) durch den Schreiber gewollt, aber objektiv vorhanden und von interessierten Kreisen auch kalkuliert. Oder wo meinen Sie ist die Unzufriedenheit begruendet, die sich zwangslaeufig nach einiger Zeit der ausschliesslichen Auseinandersetzung auf der Schriftebene einstellt. Genau – es passiert nichts und das Gefuehl, das alles schon gehoert zu haben und Aehnliches taeglich zu erwarten. Die Aufklaerung ist eigentlich schon lange erfolgt, aber die meisten Leute warten lieber auf weitere Beispiele als das sie die Konsequenzen dessen sie mittlerweile wissen, beginnen umzusetzen. Insofern wirkt Schreiben auch systemstabilisierend. Speziell wenn dieses System als einen seiner Schleier den freien Ausdruck auf dieser Ebene – aber nicht der der der physischen Tat, die ist empfindlich strafbewehrt – verwendet. Da gehoert es zum bunten Federkleid.

    Seidwalk: Die Konsequenz hatte ich schon längst gezogen – nur der Schock über dieses spezielle Ereignis brachte mich noch einmal aus der Spur.

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  4. Michael B. schreibt:

    Sie wissen es doch auch – lesen sie die Menge an Konjunktiven und „muss“ und „soll“ in Ihrem Artikel – das ‚Ob‘ ist nicht die Frage. Die grosse Frage ist das ‚Wie‘. Technisch geht da etwas, aber dem stehen halt andere Dinge entgegen, ganz vorn auch mit die Unwilligkeit der Nutzer, auf ihre Bequemlichkeiten zu verzichten. Versuchen Sie mal jemand weg von WhatsApp auf Signal oder Threema zu bekommen…

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