Dekadenzgedöns

Allerdings giebt es Leute, ja, recht viele, die hierüber lächeln; weil sie unempfindlich gegen Geräusch sind: es sind jedoch eben die, welche auch unempfindlich gegen Gründe, gegen Gedanken, gegen Dichtungen und Kunstwerke, kurz, gegen geistige Eindrücke jeder Art sind. (Schopenhauer)

Den Grad der Dekadenz einer Gesellschaft, kann man an den großen historischen Parallelen erkennen – wie das David Engels etwa tut, Alessandro Barbero oder Alexander Demandt – aber auch an den ganz kleinen Details. Und ich behaupte:

Eine Gesellschaft, in der man zum Laubharken nicht mehr die Harke, sondern Laubbläser benutzt, ist wert unterzugehen.

Jetzt sieht und hört man sie wieder an allen Ecken und Enden: Men at work. Ein anderes Wort für Idioten, sofern die Arbeit sinnlos ist, zum Selbstzweck wird. Sie müssen sich sogar die Ohren verstopfen, um es überhaupt erträglich zu machen. Die seltsame These Freuds – die mit dem Penis – wird hier in jeder Hinsicht evident.

Man kann die Absurdität modernen Lebens und auch den vornehmlich männlichen Drang, immer „etwas zu tun“ zu haben, an tausend Beispielen durchexerzieren, aber der Laubbläser ist kaum zu überbieten. Denn er leistet noch nicht mal etwas.

Schon der Rasenmäher ist ein eigen Ding. Was, bitte schön, ist gegen eine gute Sense einzuwenden? Scharf geschliffen, wohl gedengelt – ein Wort, das U30 gar nicht mehr versteht – läßt sie eine kunstfertige Bewegung zu, die, wenn man sie erst beherrscht, eine innere Schönheit ausstrahlt, ein Wohlgefühl, ja, in den besten Fällen eine Meditation ermöglicht, die eine Jahreskarte im Sonnenstudio locker ersetzt. Aber nein, Männer brauchen Maschinen, brauchen Krach, brauchen Qualm und irgendein Ding vor der Hüfte. Immerhin, man kann dem Rasenmäher zumindest einen Zeitgewinn – die bedeutsamste Währung in unserer Ära – zusprechen und auch weniger Kraftverbrauch … weshalb auch sehr dicke Männer solche Geräte schieben können.

Andererseits verlangt die Maschine natürlich Nutzung und so werden unzählige Wiesen zu Tode gemäht und geschunden, die keinen Menschen stören würden, die aber wichtigen Lebensraum für sehr viel Leben darstellen. (Daher wird mein Garten nicht gemäht und wenn, dann hauptsächlich mit Sense – ein paar Gehschneisen ausgenommen.)

Am schlimmsten freilich ist der Rasentrimmer mit seinem lauten hohen Summen, Kreischen, Knattern, daß einem die Ohren schmerzen, der eine Arbeit vollbringt, die eine Gartenschere ebenfalls geleistet hätte. Ich gestehe: wenn ich Rasentrimmer sehe, bekomme ich Erschießungsphantasien – sie sind nur so schwer zu treffen.

© OBI „In die Ecke, Besen, Besen! Seids gewesen. Denn als Geister ruft euch nur zu seinem Zwecke, erst hervor der alte Meister.“

Wer hier nicht an Heideggers „Gestell“ denken muß, hat Heidegger nicht gelesen. Muß man auch nicht – wichtiger ist, mit dem Unsinn aufzuhören!

Der Laubbläser ist nun der Inbegriff dieser vernichtenswerten Dekadenz, denn, wie gesagt, er leistet nichts. Bisher hat mich auch der größte Laubbläserkünstler nicht davon überzeugt, daß er die gleiche Arbeit nicht in gleicher Zeit und mit gleichem physischen Aufwand, für weniger Geld und ohne Ressourcenverschwendung hätte erledigen können, wenn er zum Rechen oder zum Laubbesen gegriffen hätte, wie Männer das viele Jahrhunderte lang taten – und auch die, glaubt es mir, haben eine abbekommen.

Das alles gilt übrigens auch für den Laubsauger.

siehe auch:

Was heißt konservativ

Wiese und Weg

15 Gedanken zu “Dekadenzgedöns

  1. Buchempfehlung: „Das pyramidale Prinzip 2.0“

    Wir sind die Basis einer Pyramide!
    Wir sorgen als Produzenten, Konsumenten, als Kunden und Patienten, als Klienten und als potentielle Delinquenten, für den sich beschleunigenden Strom der Waren, Finanzen und Daten, im Stoffwechsel eines ‚pyramidalen‘ Organismus. Nachdem wir das Ertragsnutzenkalkül eines besinnungslosen Fortschritts im Wachstum verinnerlicht haben, empfinden wir den Raub der Selbstbestimmung und Identität nicht mehr als Verlust. Auf die atomare Einheit der Existenz reduziert, reihen wir uns ein, in die weltweiten Ströme der dynamischen Massen. Dabei steht die Isolation im Nahfeld der Beziehungen, in einem krassen Gegensatz zur Identifikation mit einem globalen Bewußtsein. Über die Instrumentalisierung religiöser Bedürfnisse, werden die Menschen zur Opferung der eigenen Identität gerufen, und zum Dienst für einen allumfassenden Welt-Ethos vorbereitet
    Wer sich nicht weiter von den Kulissenprojektionen der Matrix täuschen lassen möchte, dem hebt sich mit dem Buch: „Das pyramidale Prinzip 2.0“ von Franz Sternbald, der Schleier, und gewährt dem Leser einen unverstellten Blick auf das Wesen des Willens zur Macht! Gleichzeitig ist es ein leidenschaftliches Plädoyer für einen aufgeklärten Glauben, der sich, nach Kierkegaard, auch dem fundamentalen Zweifel stellen muß, sowie die Rettung der Würde des Individuums, gegen die kollektive Vereinnahmung, und seiner Zurichtung für die Zwecke eines globalen Marktes. Hier wird der Versuch unternommen, das Bewußtsein von einem Erlösungsbedürfnis aus der ‚Selbstentzweiung’ des Willens in der Natur zu erklären, und die Selbstentfremdung des Menschen aus seiner ‚Seinsvergessenheit’. Dem überzeugten Christen verschafft die Beschäftigung mit der Analyse des Willens zur Macht von Schopenhauer, über Nietzsche bis Heidegger, ein freieres Auge. Deren Aktualität steht nicht im Widerspruch zu einer apokalyptischen Deutung der Weltgeschichte, sondern liefert vielmehr deren Bestätigung – darin liegt zwar eine machtvolle Absicht, jedoch keine Unvermeidlichkeit.
    L.G. stern.

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  2. Stefanie schreibt:

    Mir ist heute eine sinnvolle Verwendungsmöglichkeit für dieses Gerät untergekommen: als ich die Gräber abdeckte und dabei das Laub aus dem Cotoneaster herauspulte, regte sich in mir der Gedanke: Jetzt könntest du einen Laubbläser gebrauchen!
    Gut: die 1,5qm ließen sich auch so noch bewältigen, doch sollte ich einmal in die Verlegenheit kommen, einen Viertelhektar öffentliches Grün derart entlauben zu müssen, wäre es eine Option.

    Seidwalk: In diesem Fall gilt Regel 1.

    Friedhof kommt erschwerend hinzu.

    Und was spricht eigentlich gegen Laub im Cotoneaster?

    @ Stefanie: Was spricht gegen Laub im Cotoneaster?

    Auf dem Friedhof und im repräsentativen Bereich: Ordentlichkeit.-Und da kommt es nicht auf mein Empfinden an, sondern auf das vom Auftraggeber, oder ggf. der Oma.

    Ansonsten: wenn viel nasses Laub auf Immergrünen oder zwischen Immergrünen und geschlossener Schnneedecke liegt: Fäulnis

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  3. Till Schneider schreibt:

    Alles richtig, aber ich sehe hier die Gefahr, dass das Kind im Manne mit dem Bade ausgeschüttet wird. Im Einzelnen: dass der „vornehmlich männliche Drang, immer ‚etwas zu tun‘ zu haben“, zusammen mit dem Laubbläser im Gully des Bewusstseins verschwindet.

    Das darf nicht sein! Ich mache mich ausdrücklich stark für diesen männlichen Drang und fordere, ihn radikal getrennt zu betrachten von Bagatelldelikten à la Laubbläser-Benutzung, die in allererster Linie auf des Mannes kindliche Liebe zu Apparätchen und Radau zurückgehen dürften. Hinzu kommt noch der typisch männliche Besitzerstolz, ferner das evolutionär notwenige Balz- bzw. Pfauen-Verhalten inklusive der Pflicht, die Ehefrau bei Laune zu halten („tja, Edith, WIR können uns so einen leisten, aber die Müllers nebenan …“) und nicht zuletzt eine gesunde Portion Neomanie, welch letztere doch zweifellos den Aufbau unserer hochtechnisierten Komfort-Zivilisation überhaupt erst ermöglicht hat.

    Nein, nicht die Neomanie war das. Es war natürlich der Mann. Und für wen hat er es getan? Ich behaupte, vor allem für die Frau. Die Frau, so meine bislang unwiderlegte Generalthese, hat den Mann gewissermaßen mit der Erschaffung der Hochzivilisation beauftragt, indem sie offiziell S i c h e r h e i t von ihm verlangte („schaff mir die Wölfe, die Kindersterblichkeit usw. vom Hals, Schatz!“), aber hintenrum auch immer wieder N e u e s haben wollte (vgl. Neomanie oder auch nur Neugier, mitunter auch Habgier). Das passte „zufällig“ ganz gut zu den Veranlagungen des Mannes, nämlich zu dessen Tatkraft (vgl. „immer etwas zu tun haben“) in Verbindung mit seiner Kreativität (neue, immer bessere Lösungen ersinnen, insbesondere zugunsten von Frau und Kind).

    Daher glaube ich, dass die Neomanie des Mannes sehr viel mit der Frau zu tun hat. Ganz abgesehen von seiner Tatkraft, die bekanntlich massiv einbrechen kann, wenn keine zu versorgende Frau bzw. Familie in der Nähe ist. Wer also des Mannes Laubbläser-Benutzung kritisiert, der muss m.E. ganz zentral die Frau miteinbeziehen. Zum Beispiel wäre es der obigen Edith vielleicht gar nicht recht, wenn die Müllers nebenan sähen, dass ihr Horst KEINEN Laubbläser hat. Und zwar nicht unbedingt nur aus materiellen Gründen, ergo Protzerei, sondern auch und vor allem wegen der weiblichen Vorliebe für Mode, Moden, Modisches, sprich fürs mit-der-Zeit-Gehen. Vielleicht findet sie einen Mann mit Laubbläser einfach chicer als einen ohne – und der Mann spürt es seismographisch heraus und handelt danach?

    Es war nicht meine ursprüngliche Absicht, den Aspekt „Frau“ einzubringen und auch noch derart hochspekulativ und ungalant auszuwalzen. Daher zurück zum Ausgangspunkt, bzw. zu dem, was ich eigentlich (nur) sagen wollte: Der „vornehmlich männliche Drang, immer ‚etwas zu tun‘ zu haben“ ist etwas ganz Wunderbares und unbedingt zu begrüßen. Ohne ihn wäre die Welt … ich muss es nicht ausführen. Deshalb sollte m.E. jeder Kritik an männlicher Laubbläser-Benutzung ein expliziter Lobgesang auf die männliche Tatkraft beigesellt werden. Der Mann an sich ist gut – daran ändert kein alberner Laubbläser etwas! Und seine kindliche Liebe zu Apparätchen und Radau, sein Besitzerstolz und sein Pfauen-Verhalten sind nicht weniger ehrenwert und verzeihlich als die andersgearteten Vorlieben der Frau. Oder nicht?

    Seidwalk: Spannender Punk, danke! Leider fehlt gerade die Zeit … gehört aber diskutiert!

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    • gurriguh schreibt:

      Dass Sie das vollkommen richtig sehen und bewerten, davon zeugt bereits das Märchen „Vom Fischer und seiner Fru“, und zwar die Ur-Variante, nicht die sozialdemokratisch-feministisch vermanschte Grass-Version (in „Der Butt“). Rein „biologistisch“ betrachtet ist es nachgewiesenermaßen so, dass die Frauen bzw. die vorgeschichtlichen Primatenweibchen daran „schuld“ sind, dass die Männer heute so sind wie sie sind, denn die Weibchen/Frauen traten und treten dem paarungswilligen Männchen/ Mann als personalisierte Evolution entgegen: Mit dir? Niemals. Es sei denn…
      Die Partnerwahl geht vom Weibchen/ von der Frau aus und begründet die männliche Tatkraft . Wo dies unterbunden wird (bspw. per Zwangsheirat) – na, das muss man nicht weiter ausführen.

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    • Es gibt hier leider keine einfache Antwort auf diese Frage. Der männliche Tätigkeitsdrang ist ein ganz widersprüchliches Ding. Ja, er kann schaffen, aber er schafft auch sehr viel Elend, Müll und Zerstörung. Der kleine Verweis auf Heidegger sollte diese kleine launige Sottise zumindest ein bißchen theoretisch abfedern. Es kommt darin ja der Begriff der Technik zum Vorschein, die Heidegger als das grundlegende Problem der Moderne erkannt hat, so grundlegend, daß ein zwölfjähriger „Vogelschiß“ nur als Emanation dieses Problems deutlich gemacht werden konnte.

      Man kann das ganze Thema auch ganz anders aufziehen, als Sie das machen. Männlichkeit kann man auch im Entsagen-Können verwurzelt sehen und damit würde man sich im Einklang mit allen Weisheitslehren wissen. Da gibt es übrigens eine fast gespenstische Querfront, denn der Gedanke des Nichts-Tuns, des Wu-Wei, vereint nicht nur die religiösen Schulen, sondern auch die politischen Richtungen. Paul Lafargue, Marx‘ Schwiegersohn, beschrieb das „Recht der Faulheit“ durchaus noch im Marxschen Sinne, Marx selbst sah den Menschen im Kommunismus als einen frei die Tätigkeit Wählenden: „… während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.“ Man beachte den entspannten Ton – „Viehzucht treiben“ etwa, das ist nicht mehr erzwungene Arbeit des Bauern.
      Und auch André Gorz sprach vom „Goldenen Zeitalter der Arbeitslosigkeit“. Selbst Bahro machte das Patriarchat, also die männliche Energie als vorletzte und also zweittiefste Spiralrunde aus, die den Exterminismus antreibt.

      Und hier findet sich auch das konservative Denken ganz zwangsläufig wieder, das ja per definitionem eines ist, das bewahren will und gerade nicht verändern und wenn schon verändern, dann doch wenigstens zurückhaltend, nachhaltig und wohl überlegt. In der Sprache der postmarxistischen, psychoanalytischen Theorie kann man sagen: die männliche Energie – so kreativ und schaffend sie sein kann – ist doch wesenhaft auch auch und vor allem eine destruktive. Der Krieg ist dabei noch gar nicht erwähnt.

      Von all unserer Produktion – was ist davon wirklich notwendig oder sinnvoll? Wenn man unter diesem Gesichtspunkt sich einmal umschaut – z.B. in der eigenen Wohnung oder in einem Supermarkt – dann bekommt man eine Ahnung. Und selbst wenn Ihre Generalthese stimmig wäre (natürlich „ist was dran – aber sie scheint mir das moderne Paarverhältnis historisch ungerechtfertigterweise auszudehnen), so beglückt der Mann die Frau doch meist mit Unsinn. Das war die bunte Feder, das Fell, die schöne Muschel vielleicht auch, aber das waren vorfindbare Dinge, während heutiges Tun Produktion ist, also in die Existenz-Setzen von nie Vorgesehenem.

      Was Sie „Neomanie“ nennen, das nannte Erich Fromm „Nekrophilie“.

      Sicher: die Kultur! Auch die wurde wesentlich durch den männlichen Geist und Energieüberschuß geschaffen und ich selber verteidige sie, zumindest dort, wo sie den Name verdient. Sie hat uns unerhörte Einsichten ermöglicht und sie ist unser einziges Werkzeug, aus der Destruktionsnummer herauszukommen. Das sollten wir dann versuchen, wenn uns am Überleben gelegen ist. Wir produzieren mittlerweile zu schnell und zu viel, um es geistig und sprachlich noch bewältigen zu können.

      Aber noch mal: zu komplex das Thema. Zur Faulheit vielleicht später noch mal was.

      Geschichte als Experiment

      Maschinenherz

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      • Pérégrinateur schreibt:

        In früheren Zeiten wurden 16jährige Mädchen an 40jährige etablierte Herren verkuppelt, da gab es keine weibliche Wahlfreiheit und also auch keine Männer-Eugenik durch sexuelle Zuchtwahl der Bräute. (Etwa gleichaltrige junge Ehepartner gab es fast nur im Adel, wo man möglichst früh und damit sicher “the heir and the spare” sichern wollte; das Verhungern war in diesen Kreisen ja eher rar.) Im Bauernstand ging es um das gleichgewichtige Arrangement der Güter oder allenfalls manchmal im Zuge des geglückten weiblichen Nach-Oben-Heiratens um das gemachte Nest einer guten Hofstelle. Diese Elemente einer eher von der ökonomisch-evolutionären Fitness bestimmten Partnerwahl findet man noch weithin in Jane Austens Romanen, zu einer Zeit, als das System jedoch durch den Einfluss der Romantik zu kippen beginnt, jedenfalls ideologisch. Ob und wann der Wandel auch in der Realität eintrat, bräuchte nüchterne Untersuchung statt naiven Glaubens an Selbstauskünfte vom Zeitgeist ideologisierter Damen und Herren.

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      • Zur Ergänzung, weil ich bei Ihnen (TS), Jack Donovan durchhöre – Entbehren-Können ist in ihrer Höchstform eine Tugend des Kriegers: er entbehrt selbst sein Leben, opfert sich. Aber dieses Opfer ist oft notwendiges Ergebnis toxischer Männlichkeit.

        Und im Übrigen ist der Mann, das Männchen (sein Weiterleben nach dem Zeugungsakt), in sehr vielen Fällen, ein Luxus, den sich „die Natur“, also viele Arten im Evolutionsprozeß, bis dato leisten konnten – mit dem Mensch (Adam) schlägt das erstmals ins Exterministische um.

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      • Stefanie schreibt:

        Das von Ihnen vorgebrachte Marx-Zitat ist meiner Meinung nach eines seiner dümmsten. Was Jagen und Fischen angeht, kann das mit dem „wenn man mal Lust dazu hat“ , vielleicht noch funktionieren (obwohl man auch hier nur durch beständige Übung richtig gut werden wird) – aber Teilzeit-Viehzucht treiben, können Sie vergessen. Das ist ein ähnlicher Beruf wie Krankenschwester/Kindergärtnerin/Hausarzt in einem – und übrigens auch einer, in dem Frauen sehr stark vertreten sind (im Gegensatz zum Feldbau, bei dem inzwischen Technik durch die Fluren fährt, vor denen der kümmerliche Laubbläser aber gleich einpacken kann.) Die schlimmsten Exzesse der Massentierhaltung kommen wahrscheinlich daher, daßin der Anzahl knapp kalkulierte und schlecht bezahlte Tierpfleger ihre Arbeit relativ wiederwillig erledigen und mit dem Feierabend schnell nach Hause wollen. Dabei schalten sie auch das Verantwortungsgefühl für ihre Schützlinge ab, bzw. überlassen sie der nächsten Schicht. Es ist ein Beruf, den man, wie viele andere, leben muss, um ihn anständig ausführen zu können.

        Die riesigen Maschinenmonster, die einem auf dem schmalen Landstrassen entgegenkommen, sind auch nur zum Teil auf dem Mist der technikbegeisterten Jungbauern gewachsen. EU-Investitionsförderung gibt es meines wissens nicht für Ersatzinvestitionen (also eine neue Maschine, die eine alte gleicher Art ersetzt), sondern nur für Erweiterungsinvestitionen (wenn die neue Maschine größer ist oder neue Funktionen hat). Die EU als Lehnsherr hat ihre Mittel, lenkend einzugreifen. Die Investitionsfördermittel landen auch nur indirekt beim Bauern, der ja nur seine Produktivität dadurch erhöht, aber direkt bei den Landmaschinenproduzenten, die entsprechende Titanen konstruieren, auch um sie dann weltweit verkaufen zu können. – In den meisten Agrarländern sind die Strukturen noch weit größer, als bei uns.

        Ich teile ja ihre Bedenken hinsichtlich „des Gestells“ – ich merke selber, wie entsprechende Technik mehr oder weniger für sich arbeiten läßt, um sie erhalten (und später ersetzen) zu können. Doch Sie hängen in diesem Gestell ja nicht viel weniger (sie schreiben ja auch nicht mit dem Federkiel auf Büttenpapier). Daraus herunterzuklettern ist gar nicht so einfach. Wo sollte man da Halt machen?- Bei der Sense, beim Wendpflug, beim Feuersteinmesser, beim Grabstock? Mein Maßstab für den Bodenkontakt ist, daß ich die Funktionsweise des Gerätes noch einigermaßen verstehen muss und es notfalls von mir oder einem greifbaren Experten aus der Nähe zu reparieren ist. Der Laubbläser ist da unproblematisch – aber alles was komplexere elektronische Bauteile enthält, ist mehr oder weniger eine Blackbox, die irgendein Magier in Geheimsprache (Code) besprochen hat.Es gibt ein nettes Zitat von einem Science-Fiction-Autor, daß „hinreichend entwickelte Technik sich nicht mehr von Magie unterscheiden lässt.“ Vielleicht kommt aus dieser Ecke auch das „magische Denken“ in Hinsicht auf PC-Sprache, „Teilhabe“-quoten, die vielen „Beschwörungen“ und „Aufstehen“-Rituale gegen Rechts etc.

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  4. Stefanie schreibt:

    Sehen Sie ’s mal positiv : ohne diese Potenzmaschinen gäbe es wahrscheinlich noch weniger Bäume in den Gärten, weil:“Des Laaab!!!“
    Ich gebe den „ordentlichen“ Gärtnern auch gerne den Rat, noch eine letzte Runde mit dem Aufsitzmäher zu drehen und somit Laub und Gras mit dem Fangkorb einzusacken. Selber belasse ich es meistens beim einmaligen abbrechnen, wobei das zugegenermaßen die letzten Jahre ziemlich spät im Jahr wurde, da der Frost meist sehr spät einsetzte und der Laubfall dich entsprechend hinzog. Wer da jedesmal unruhig wird, wenn da drei Blätter auf dem Rasen liegen, hat ganz schön zu tun. Wenn irgendwo im öffentlichen Grün der Laubbläser bläst, könnte es auch daran liegen, dass man Maschinenarbeitsstunden teurer abbrechnen kann, als reine Handarbeit. Und der technisch aufgerüstete Garten-Landschaftsbauer hat ein Distinktionsmerkmal gegenüber der ABM-Kraft mit Rechen.

    Zum Thema Dengeln. Ehe Sie zu nostalgisch werden: mein Urgroßvater hat sich noch Anfang der 1950er beim Sensdengeln in den Finger geschnitten und ist anschließend an einer Blutvergiftung gestorben.

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    • Till Schneider schreibt:

      Herrlich: „Des Laaab!!!“ Das ist doch Kurpfälzisch – oder gibt es noch einen Winkel in Deutschland, wo man das so sagt? Ich wüsste eigentlich nicht! Darf ich fragen, ob Sie (auch) aus dieser Gegend stammen? Ich meine, auch die drei Ausrufezeichen gibt es im Grunde nur in der Kurpfalz. So brudaaal betont man sonst nirgends, so weit ich weiß. Das ist der hammerharte Amplitudenverlauf von Monnemerisch & Co. …

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      • Pérégrinateur schreibt:

        ‚Laab‘ [la​ː​b] gibt es genauso im schwäbischen und fränkischen Dialektraum, zumindest regional noch dazu das davon abgeleitete Kollektivum ‚Laabich‘ [la​ː​bɪχ] – so als ob nicht schon ‚Laab‘ eines wäre. Die weniger kollektivistischen Franzosen behelfen sich mit einem Plural, ‹ les feuilles mortes › – ‚die toten Blätter‘, der fast schon ein bisschen zu durchsichtig für Herbstgedichte über die Vergänglichkeit ist.

        In Frankreich gibt es übrigens schon seit vielen Jahrzehnten neben Laubbläsern:

        auch Laubbläserinnen:

        die jedoch alle faktisch mit der Schaufel räumen; jedenfalls behaupten sie das ganz selbstverständlich.

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      • Stefanie schreibt:

        Ich komme ganz aus der Nähe des hiesigen Hausherrn. Das Vogtland und das Erzgebirge gehören mehr oder weniger zum fränkischen Sprachraum (bin jetzt linguistisch nicht so bewandert wo die Kurpfalz hingehört; siehe Pérégrinateur). Ich hatte schon mal ein ähnliches Erlebnis kurz hinter Würzburg: die reden fast wie wir, bis auf das gerollte Rrr – sogar die Intonation ist ähnlich.

        Um auf den obigen Kommentar einzugehen: „Was soll`n denn die Leit sogn!“ werden Sie wahrscheinlich meistens aus einem weiblichen Mund vernehmen. Frauen orientieren sich stärker an dem, was andere über sie denken, jedenfalls meiner Erfahrung nach. Wenn also ein repräsentativer Bereich, wie der Garten aussieht wie bei Hempels unter Sofa, dann wird der Göttergarte wohl Rasentrimmer, Laubbläser und Akku-Heckenschere auftragen müssen. (Möglicherweise hat er diese Gerätschaften sogar zum Geburtstag von ihr bekommen.)

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        • Pérégrinateur schreibt:

          In der Tat haben Frauen eine viel stärkere Neigung als Männer, es sich mit niemandem zu verderben. Wie oft habe ich doch von Großmutter und Mutter den Satzanfang „Was sollen denn die Leut von mir denken, wenn …“ gehört! Und wieso? Bei den Schimpansen soll ein Drittel der Kinder eines unnatürlichen Todes sterben. Ein Weibchen, das im Gegensatz zum Männchen sehr wohl weiß, wo in der nächsten Generation seine Gene residieren, tut also gut daran, zumindest keine Feindschaften zu erregen und selbst keine offen zu pflegen.

          Zum Vogtland siehe

          https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%A4nkische_Sprachen#Fr%C3%BChe_fr%C3%A4nkische_Mundarten

          und die dortige Karte: Plauen ist dinkelblau, also ostfränkisch, die Kurpfalz hellblau, also südrheinfränkisch.

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  5. Pérégrinateur schreibt:

    Wenn SIe es schaffen, eine größere Fläche einigermaßen ordentlich mit der Sense zu mähen, dann verdienen sie Respekt für ihr Können. Mir nur gelegentlichem Schnitter ist das nie gelungen. Bald schon führe ich die Sense so unsicher, dass ich mehr und mehr entweder die Spitze in den Boden ramme oder das Blatt aufwärts führe, wodurch die Schnitthöhe allzu ungleich wird. Einigermaßen ordentliche Schwaden habe ich auch noch nie gelegt. (Gilt alles für den Schnitt von Gras; Brennesselwälder zu mähen dagegen schafft jeder.)

    So habe ich mich irgendwann entschlossen, bei Familie Maulwurf nicht mehr mit dem Stahl anzuklopfen.

    Ein ausgewiesener Wanderweg hier in der Nähe, den ich oft begangen habe, führt seltsamerweise mitten durch einen Golfplatz. Dabei konnte ich oft eine weitere männliche Lächerlichkeit beobachten, welche ich bei angetroffenen Golfspielerinnen nie bemerkt habe; immerhin ist sie nicht mit Lärm verbunden. Manche Spieler, vorzugsweise in Begleitung, sieht man nämlich vor dem Schlag mit hochbedeutsamem Blick und ebensolcher Pose einen Probeschlag leer über den Ball führen, nicht selten sogar mehrere in Folge. Werden sie dann des munter daherwandelnden Pérégrinateurs ansichtig, stellen sie rücksichtshalber den richtigen Schlag zurück, bis der Störenfried wieder entschwunden ist. Der ob der Aufhaltung verdrossene Blick ist unbezahlbar. (Le golf oblige – also brüllen sie einen immerhin nicht an wie manche Jäger von ihren Hochsitzen an den Kirrplätzen herunter, an denen man bei Querwaldeingängen zufällig vorbeikommt.) Der ganze Ablauf erinnert an Maikäfer, die pumpen und pumpen und pumpen – und am Ende doch nicht abfliegen.

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  6. Giuseppe Bottazzi schreibt:

    Ergänzung:

    Eine Gesellschaft, in der man sich bei kühlem Wetter, draußen sitzend – oft in Decken gewickelt – von leistungsgstarken Propanheizstrahlern wärmen läßt, statt jahreszeitangepaßt drinnen zu sitzen, im ohnehin geheizten Raum, ist wert unterzugehen.

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