Fundstücke LXXII

Gerade gelesen: Martin Sellner berichtet über den systematischen Versuch, seine bürgerliche Existenz via Kontensperrungen zu vernichten. Diese Tatsache gehörte auf die Titelblätter aller Zeitungen!

Ständig in Bewegung bleiben

Chronologisch

Interessante Gedanken zur Migration äußerte die Integrationsforscherin Naika Foroutan in der „Berliner Zeitung“

Wer Deutschland bewohnt, ist Deutscher

Einen Blick in die Zukunft wagte Michael Klonovsky:

Der neue große Sprung nach vorn

Wichtige Fragen zum Fall Amri wirft die „Junge Freiheit“ auf:

Ein Geräusch, das ich nie vergessen werde

Protestforscher Kraushaar meint, daß die Fridays-for future-Bewegung ihren Zenit überschritten habe:

Die Stimmung kann beim Klimathema schnell kippen

Worum es eigentlich geht, beschreibt Matthias Glaubrecht in einem beunruhigenden Beitrag:

Das Verschwinden der Arten ist die Krise des Jahrhunderts

Deutschland mal wieder im Fokus der Weltpolitik:

Der lange Arm der Mullahs: Irans Europa-Netzwerk wird aus Hamburg gesteuert

Einen der Grundkonflikte aufgeheizter Kommunikation bedenkt Caroline Sommerfeld:

Abstraktion und Einfühlung

Es sei „ein gewaltiger Unterschied, ob der kritische Geist von links oder rechts weht“, meint Jan Fleischhauer und reflektiert den letzten Dresdner Skandal:

Wie rechts darf man als Schriftsteller sein?

Daß Ideologie auch charakterlich verursacht sein könnte, hatte ich anhand Alan Posener zu zeigen versucht. Zwei seiner letzten Tweets scheinen das nun zu erklären. Der eine hat zudem einen originellen Diskussionsschwanz bekommen:

Über die Bedeutung, Möglichkeit und Notwendigkeit historischer Analogien – inklusive Holocaust – schreibt Peter E. Gordon in der New York Review

Why historical analogy matters

Das Video des Monats zeigt uns einen Menschen, der demonstriert, daß man auch eine schwere Sprache wie Arabisch in nur einem Jahr erlernen kann. Eine großartige Motivation und nebenbei eine Fundamentalkritik des Schullernens:

7 Gedanken zu “Fundstücke LXXII

  1. Zitat: „Es müßte noch die Frage beantwortet werden, in welcher Zeit Sie Ihre Kenntnisse erworben haben und in welcher Lebenssituation.“

    24/7 Immersions-Methode, Die Brut-Force, d. h. ca. 50 Vokabeln/Tag in’s Langzeitgedächtnis nach Methode. Das über 3 Monate, und dabei sehr mäßig essen bis hungern. Es lernt sich besser, Sie wissen, Plenus venter …. hab immer 3 ungarische Studentinnen um mich gehabt. In D hab ich tunlichst bei den ung. Gasstudentinnen in der Mensa zu Mittag gegessen. Das half ungemein.
    Damals wurden im ung. Fernsehen noch Gedichte vorgetragen! Gedichte lernen ist auch gut: Tedd a kezed homlokomra, mintha kezed kezem volna …. Ich hab damit aufgehört, nachdem beim Trampen im Auto der Fahrer erst nach einer halben Stunde frug: Ah, te nem vagy magyar?

    Zitat: „Selbst Türken oder Deutsche mit fließenden Türkischkenntnissen (agglutinierende Vorbildung) geben auf ….“ Polen haben auch eine komplexe Indogerm. Grammatik, lernt Deutsch sich daher einfacher für Polen als Japanisch?…. das Argument erscheint mir nicht stichhaltig.

    Zitat: „Ich hatte schon mehrfach mit Menschen zu tun, die von sich behaupteten, Ungarisch gelernt zu haben, die allerdings in realitas nicht über ein paar Floskeln hinauskamen.“ Ja, von der Erfahrung kann jeder berichten. Befreundete Biodeutsche, die dort arbeiteten und als Berufssprache Englisch wählten, hatten nach 10 Jahren Leben in Hu immer noch Schwierigkeiten, an einem Gespräch auf ungarisch teilzunehmen. Das hat mit der Muttersprache des Partner wenig zu tun.

    Meine Gattin ist Ungarin, wir sprechen fast nur deutsch untereinander. Die Brut ist komplett zweisprachig, auf unterschiedlichem Niveau, wer in HU lebt, spricht naturgemäß besser, als der, der in DE lebt.

    Besorgen Sie sich mal HAR von Varga Csaba.

    Zitat: „Aber Sie wissen so gut wie ich, daß es die Logik der Grammatik ist, die es dem Europäer derart erschwert, fließend zu sprechen oder zu verstehen.“ Nein, daß Wissen geht mir ab. Ich finde den Satz richtiggehend falsch. Alany und Targy zu unterscheiden bringt der Gesprächsfluss mit sich. Selbst wenn man sie verwechselt, folgt Aufklärung durch den Fortgang. Die Information in einer Sprache steckt weniger als 5 % in der Grammatik und mehr als 95 % in nongrammatischen Gegebenheiten. (Semantik, Gestik, Mimik, Situation, Intonation) . Viele meinen, der ungarische Genitiv bzw. Possessiv sei schwer (annak az anyukaja) Wieso? Bei uns im Platt reden die Leute auch so: „ihm seine Mutter“. Haargenau dieselbe Konstruktion. Nun gut, wir haben kein 8 Genitive hintereinander, bei uns ist er am Aussterben, dort offensichtlich nicht. Man schachtelt und schachtelt … lesen sie mal ung. Gesetze…

    In einem Ungarn-Kreis in Bonn habe ich erlebt, wie ein 17- Jähriges Mädchen – nicht sonderbar intelligent – ohne Deutschkenntnisse nach 3 Monaten fliessend rheinisch plapperte, und ein Geographie-Doktorand nach drei Jahren in DE kaum einen Satz deutsch rausbrachte. Különbözöek az emberek.

    Zitat: „Was bedeutet es, eine Sprache zu können? Wenn Sie Hamvas verstehend lesen können: Glückwunsch! “ Mit fortgerücktem Alter ist man skeptisch, wenn man hört, wie die Leute auf polyglott machen. Die häufigsten paar hundert Vokabeln und Floskeln sich in 20 Sprachen reinzuschaufeln ist kein Kunststück. Wir wissen aber beide, daß dies nicht können ist. Ich behaupte von mir, Deutsch mäßig zu können, Ungarisch versteh ich auch und kann mich verständigen. Also ich sehe einen Film lieber auf Ungarisch als auf Englisch. In Amerika hatte ich keine Verständigungsprobleme. Aber können? Ich denke immer: Können tun eine Sprache nur Dichter! Da fängt bei mir Können an.

    Zitat: „Diese vokalisch nur schwach differenzierende Äbäbä-Grundmusik des Ungarischen macht aber sicher schon das Vokabellernen recht schwer.“ Unsinn – Es gibt keine Äbäbä-Grundmusik. Es scheint ihnen nur, so zu klingen. Ihr Ohr ist noch nicht offen für Ungarisch. Für jede Sprache muß erst das Ohr geöffnet werden. D. h. das Gehirn muß sich erst auf die einzelnen Qualitäten eingeschossen haben.

    Kann mir jemand mal sagen, was das soll, eine ULR hier unten angeben zu müssen?

    Ergänzung:
    Wollte nur noch die Beiden Artikel anfügen:
    1: https://www.nyest.hu/hirek/bizonytalankod-harm-nia
    2: https://m.nyest.hu/hirek/a-gy-torteneterol

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  2. Ich versteh das nicht, Herr Sidewalk, Sie sind doch nun schon 3 Jahre in Ungarn, so ich recht entsinne. Ich habe mich kaum mit Grammatik beschäftigt, habe nur Vokabeln gepaukt, aber richtig, und habe immer die Sätze laut wiederholt, die die Leute gesagt haben. Zuerst habe ich irgendein Kinderbuch gelesen, dann micsoda pók a vizipók und dann schon Hamvas Béla, Unicornis etc. Ich spreche heute nicht mehr so gut wie früher, besonders brauche ich immer ein – zwei Tage um reinzukommen, als ich jung war, aber bei Büchern keinerlei Verständnisschwierigkeiten, kann allen Tagesgesprächen lauschen, Fernsehfilmen ohne Probleme folgen und im Internet auch alle finden. Auf Ämtern verstehe ich das meiste, manchmal muß ich nachfragen, die bekomme aber immer so antworten, daß ich folgen kann.

    Ich benutze die etymologische Methode. Ich kann nur davon abraten, perfekt sein zu wollen. Was értekezlet betrifft, jeder Ungarn versteht konferalni und konferencia. Und in értekezlet steckt érteni und als Eselsbrücke Készlet.

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    • Hát, nem tudom! Vermutlich haben Sie recht, wenn sie die „Schuld“ mir oder meiner (nicht vorhandenen) Methode geben und ganz sicher gibt es auch hin und wieder Menschen, denen ausgerechnet diese Sprache leicht fällt, aus irgendwelchen Gründen.

      Die Erfahrung aus der Umgebung lehrt mich aber etwas anderes. Ich hatte schon mehrfach mit Menschen zu tun, die von sich behaupteten, Ungarisch gelernt zu haben, die allerdings in realitas nicht über ein paar Floskeln hinauskamen. Auch durfte ich hier eine ganze Reihe Deutscher kennenlernen, die schon viele Jahre hier leben, zum Teil mit ungarischem Gespons und noch immer weit hinter meinen bescheidenen kommunikativen Fähigkeiten zurückstehen. Einige „lernen“ es schon viele Jahre, andere haben irgendwann kapituliert. Im Budapester Kurs saß ich mit Leuten zusammen, die bereits ein dutzend Jahre pauken und noch immer auf meinem Niveau herumkrebsen. Ein junger US-Pakistaner lebte seit 10 Jahren in Budapest. Selbst Türken oder Deutsche mit fließenden Türkischkenntnissen (agglutinierende Vorbildung) geben auf … Dies alles brachte mich zur Einsicht, daß auf die Schnelle nichts zu erreichen sei oder aber man taucht tatsächlich 24/7 über mehrere Jahre ein. Diejenigen, die es gelernt haben, kenne ich nur als Gerücht und ich vermute, daß ich vielleicht selber ein solches werden könnte, wenn ich hier wieder verschwinde – so viel über deren Wahrheitsgehalt. Oder aber sie leben seit Jahrzehnten hier, aber auch dann traut man ihnen die diffizilen Dinge nicht zu. …

      Kurz und gut: ich bin skeptisch geworden. Was bedeutet es, eine Sprache zu können? Wenn Sie Hamvas verstehend lesen können: Glückwunsch! Ausgerechnet er schwebt auch mir als Ziellektüre vor und schon mehrfach stand ich vor der Werkausgabe. Und die Vizipók liegt zufälligerweise auch bei mir herum – habe sie nun etwas nach vorne gerückt. Es müßte noch die Frage beantwortet werden, in welcher Zeit Sie Ihre Kenntnisse erworben haben und in welcher Lebenssituation.

      Reines Vokabellernen dürfte in den meisten Fällen nicht funktionieren – das widerspricht auch aller modernen Didaktik und Psychologie. Etymologie ist eine feine Sache, wenn man schon weit drinsteckt. Aber Sie wissen so gut wie ich, daß es die Logik der Grammatik ist, die es dem Europäer derart erschwert, fließend zu sprechen oder zu verstehen. Ich würde mein Niveau nach über drei Jahren in etwa mit diesem jungen Polyglott vergleichen – er benötigte dafür 9 Monate:

      De ez nem elég!

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  3. Michael B. schreibt:

    @Sellner

    In der Art nichts Neues fuer jeden, der schon einmal mit dem Staat aneinandergeraten ist. Ich kenne das selbst aus GEZ- und Unterhaltsfragen. Interessant ist das mittlerweile erreichte Niveau der Gleichschaltung. Wenn dieser Artikel nicht sowieso nur die entsprechend Sensibilisierten erreichen und ansprechen wuerde, dann wuerde sich mancher wohl auch einmal Gedanken um die tatsaechlichen Gruende fuer z.B. Bargeldabschaffung machen.

    Es gibt die dollsten Vermeidungsstrategien, z.B. Hawala (aber siehe auch die prompte Strafbarkeit unter deutscher Jurisdiktion, die im deutschen Wikipediaeintrag erwaehnt wird). Die Nutzung des gerade genannten Spezialweges wuerde im Fall Sellner natuerlich nicht einer gewissen Ironie entbehren. Aber er wird nicht darum herumkommen out-of-the-box denken zu lernen. Dazu muss er sich moeglicherweise einmal mit Bevoelkerungsschichten in Verbindung setzen, die mit so etwas Erfahrung haben und die er mit hoher Wahrscheinlichkeit bis jetzt noch nicht auf dem Radar hatte.

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  4. Pérégrinateur schreibt:

    Zu Naika Foroutan:

    Sie wirkt in dem Interview der Berliner Zeitung überraschend gelassen. (Selbstsicher sowieo, denn sie gehört ja zu den Guten.) Vermutlich hat sie schon länger kein Buch über so böse Menschen mehr gelesen, das sie es deshalb gleich weglegen musste, wie damals Fritz Sterns Kulturpessimismus als politische Gefahr (siehe Interview im Tagesspiegel vom ,22.07.2018, https://www.tagesspiegel.de/politik/migrationsforscherin-naika-foroutan-es-ist-unser-land-verteidigen-wir-es-gemeinsam/22830476-all.html ), das schlaflose und vielleicht sogar durchweinte Nächte bereitet. Es ist jedenfalls erfreulich, wenn jemand wenn schon nicht sein forscherliches, so doch wenigstens sein forsches Auftreten beständig durchhalten kann. Kuckuck – dada.

    Zu Arabisch in einem Jahr:

    Das erinnert ein bisschen an die Anzeigen in Tageszeitungen kostenfrei beigelegten Rundfunkprogrammheften, die das Abnehmen um 50 Kilogramm in einem halben Jahr ohne zu hungern versprechen. Es fragt sich dazu, was man denn lernen will, wenn man eine Fremdsprche lernt: Zu sagen, was man halt so gewöhnlich in ihr sagt, also eine Floskelsammlung anzulegen, oder aber eigenen Gedanken Ausdruck zu geben. Wenn denn schon die Immersionsmethode, sollte man diese ablenkungsfrei im Land der Sprecher praktizieren. Dabei dürfte wohl besonders ein Wörterbuch für die Nachtstunden nützlich sein, das aber wohl für Personen unseres Geschlechtes und unserer verdächtigen Herkunft im Falle des Arabischen nur schwer zu beschaffen sein dürfte.

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    • Nehmen Sie mir nicht meine letzte Hoffnung. Arabisch zählt dort zur Level 5 Sprache – ca. 2200 Stunden -, während Ungarisch nur Level 4 – ca. 1100 Stunden – wert sein soll (vermutlich wegen Schriftbild). Es bliebe mir ja nichts anderes übrig, als an meiner Auffassungsgabe zu zweifeln, da ich noch immer nicht in der Lage bin, eine flüssig gesprochene ungarische Rede zu verstehen oder ein Buch, das Kinderbuchniveau übersteigt – und auch das nur sehr langsam – zu lesen. Immersion funktioniert nur bedingt, entspricht auch nicht meiner Lebenssituation. TPR übrigens auch nicht – es fehlen dazu auch die Lehrkräfte an der Zahl. Also muß es ein Mix aus allem plus klassisches Pauken sein – leider nur mit bescheidenem Ergebnis. Allein die Wörter zu memorieren ist eine Qual. Zwar bekomme ich allmählich ein gewisses Gefühl dafür, aber da man fast ohne Aufhänger auskommen muß, ist jedes Wort eine Tortur. Ich brauchte Wochen, um mir einfache Begriffe wie értekezlet (Konferenz) oder mentegetőzni (sich herausreden) einzuprägen. Die Schwierigkeit liegt erstens im Zugang – es gibt keinerlei Referenz – und zweitens verwurschtle ich dauern die Vokale, also etwa mentegőtezni, értezleket oder so, was genuin Ungarisch klingt.
      Da sind wir noch immer im vorgrammatischen Bereich …

      Immerhin hat der Mann das eindrucksvoll bewiesen, sofern kein Fake.

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      • Pérégrinateur schreibt:

        Ich hatte doch schon von meiner immigrationsbegeisterten Freundin berichtet, die Klassisches Arabisch an einer Hochschule unterrichtet? Und in deren Kurs Arabisch I, wie vor reichlich einem Jahr berichtet, „inzwischen etwa ein Drittel – wie Sarrazin sagen würde – ‚Kopftuchmädchen‘ sitzen“? Sie klagte damals, diese seinen anscheinend unfähig, Grammarik zu lernen. Beim letzten Gespräch bekam ich dann auf die Nachfrage, wie es nunmehr mit diesem Besucherkreis stünde, die Antwort „Die bin ich los. Ich gebe in diesem Semester Arabisch II. So weit kommen die nicht.“

        Wenn SIe also nicht gerade klassisches Arabisch auf dem Annemarie-Schimmel-Niveau lernen wollen, wofür wohl Plauderübungen prinzipiell unzureichend sind, müssen Sie Ihrer Hoffnung nicht entraten. Für Umgangssprache muss es ohnehin ein moderner Landesdialekt sein.

        Beim Vokabellernen im Französischen hat mir sehr die Benutzung eines Wörterbuches mit gründlichen Ausführungen zur Etymologie geholfen, das verschafft die gesuchten Aufhänger, selbst wenn man wie ich ein großes Misstrauen gegenüber Etymologie hegt und nie Lateinisch gelernt hat. Mehr zu lernen ist oft einfacher als weniger. Ich weiß allerdings nicht, ob das Ungarische dafür schon ausreichend durchgearbeitet ist. Diese vokalisch nur schwach differenzierende Äbäbä-Grundmusik des Ungarischen macht aber sicher schon das Vokabellernen recht schwer.

        Im Übrigen geht es wohl im Leben darum, klar zu sehen, dadurch notwendig jede Hoffnung zu verlieren und eben trotzdem weiterzumachen.

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