Aus der Zeit gefallen – Vesaas

VesaasJüngerNadolny

Johannes Møllehave hatte irgendwo geschrieben, er halte Tarjej Vesaas‘ Roman „Fuglane“ – „Die Vögel“ – für die wichtigste Lektüre seines Lebens und Ove Knausgård adelte den Roman als den besten norwegischen aller Zeiten. Der verdienstvolle Guggolz-Verlag, dem wir auch das wundersame „Straumeni“ verdanken, hatte letztes Jahr nun auch Vesaas dem deutschen Publikum in neuer Übersetzung ins Gedächtnis gerufen. Allerdings war Vesaas nie – wie im Feuilleton immer wieder betont wird – ein „wiederentdeckter“ oder „vergessener“ Autor, weder in Deutschland noch in Skandinavien. Erstens hatten Benziger und Hinstorff in den 60er Jahren hüben wie drüben Vesaas verlegt und zweitens war der Autor in der skandinavischen Literatur stetig präsent und diskutiert. Da wurde eigene Unkenntnis zu schnell verallgemeinert.

Das ist deswegen erwähnenswert, weil das unisono überschwengliche Urteil im Feuilleton dadurch relativiert wird und man sich folglich fragen muß, weshalb der fast 65 Jahre alte Roman nun Begeisterungsstürme provoziert.

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Meine Verschwörungstheorie

Seit einigen Wochen hänge ich wie ein Junkie nachts am Laptop und schaue mir Magnus Carlsens 3-Minuten-Blitzpartien auf Chess24 an. Die letzte Minute dieser Partie z.B. ist der beste Witz seit Jahren!

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Unter fremden Völkern

Eine These

Ungarn sprechen meist über das Essen.

Italiener sprechen meist über Schönheit.

Engländer sprechen  meist über nichts.

Skandinavier sprechen meist nicht.

Deutsche sprechen meist über Geld und Schnäppchen. Oder Arbeit. Oder andere.

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Schach dem Schach

Ich könnte mich ärgern! Wieder jede Menge Zeit vertrödelt! Und zwar mit Schach!

Das ist nun gerade die Stärke dieses Spiels: daß man damit wunderbar Zeit vertrödeln kann. Diese hervorragende Eigenschaft war es sogar, die mich dazu verleitete, ein paar Jahre diesem Spiel zu opfern. Dem Spielen weniger als dem Spiel, und weiter als zu einem lausigen Turnierspieler der D-Kategorie habe ich es auch nie geschafft. Im Spielen selbst wollte ich nur das Spiel begreifen – und seine Macht.

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In 20 Jahren Bürgerkrieg

Deutsches Fernsehen schaue ich schon lange nicht mehr. Dafür sehe ich mich hin und wieder im Ausland um. Im norwegischen TV lief gerade (16.3.) eine informative Sendung zum Thema Schweden: Alles nur Meinung natürlich, aber eine, die man sich anhören sollte.

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Über-Setzen nach Hamsun

Ich begriff schon als Heranwachsender, daß diese Sprache sich einfach eignet für die ganz großen Fragen. Bildung – den Begriff kann man nicht übersetzen. Der „Sinn des Lebens“, das klingt auf Italienisch fast lächerlich. Aber auf Deutsch weist einen die Sprache mitten in die organische Einheit des Lebens. Dieses Bohrende, Systematische hat mich ungemein fasziniert. (Claudio Magris)

Hamsuns Jahrhundertroman „Segen der Erde“ gibt uns Gelegenheit an einem Beispiel, die Schwierigkeit des Übersetzens zu verdeutlichen. Wir werden sehen, daß norwegische Leser, die das Buch in der Originalsprache lesen können, ein anderes lesen als deutsche, englische oder italienische.

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Segen der Erde

„Den lange, lange sti over myrene og inn i skogene hvem har trakket opp den? Mannen, mennesket, den første som var her. Det var ingen sti før ham.”

Es gibt Bücher, die entziehen sich einer Rezension – wollte man ihnen gerecht werden, müßte man selber Bücher, vielleicht sogar ganze Bibliotheken vollschreiben. Die Bibel ist so ein Buch und Hamsuns „Segen der Erde“ ist auch so eines. Es ist wie eine Bibel. Alles, was ein Mensch wissen kann, alles, was für ihn wichtig ist, ist in diesem Buch enthalten.

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Alles Makulatur

Zuletzt erkennen auch immer mehr Marxisten und sonstige Ideologen, die im 20. Jahrhundert hängengeblieben sind, daß ihre abstrakten Debatten und Fragen in einem kaum bewußten kulturellen Resonanzraum stattfanden, der mit dem Großen Austausch vernichtet wird. (Martin Sellner)

Irgendwann im Herbst 2015, als die Meldungen sich überschlugen, tagtäglich neue phantastische Zahlen von Menschen, die die Landesgrenze meist unkontrolliert überschritten hatten, genannt wurden, dazu Bilder scheinbar endloser Menschenschlangen und –mengen, die auf Autobahnen oder über Felder liefen, an Grenzstationen in großen Trauben hängen blieben, während offenbar verrückt Gewordene die Massen mit Heilsgesängen, Blumen, Teddybären und Tonnen an Altkleidern empfingen, irgendwann in dieser Zeit, saß ich mit meiner Frau – mit der ich damals jeden Tag, jede Stunde dieses eine Thema immer und immer wieder und immer fassungsloser besprach – im Wohnzimmer, das vom Boden bis zur Decke mit einer wunderschönen Buchtapete – in sechs europäischen Sprachen – ausgekleidet ist, an der seit Jahren der Blick mindestens ein Mal am Tag liebe- und auch ein wenig vorwurfsvoll – Warum hast du keine Zeit mehr für Fontane? Wie lang willst du den Goethe noch hinausschieben? Du wagst es, über skandinavische Literatur zu schreiben und hast den Olav Duun noch immer nicht gelesen! … – entlang glitt, und sagte plötzlich zu ihr, auf die Regale weisend: Das ist alles Makulatur!

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Ich, ein anderer

Jemand fragt hier erstaunt, weshalb ich mich so ins Ungarische stürze (was ohnehin übertrieben ist), in die Sprache, aber vor allem in die Kultur und Geschichte?

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Was macht wirklich glücklich?

Alle Jahre wieder, wenn der World Happiness Report erscheint, grübeln deutsche Journalisten darüber nach, weshalb wohl stets die Skandinavier gewinnen und die glücklichsten Menschen stellen? Dem Wundern ist auch die Frage eingebaut: Warum nicht wir, die Deutschen, wo es uns doch seit Monaten und Jahren wirtschaftlich immer besser geht, wo die Arbeitslosigkeit sinkt, die Löhne steigen, die Renten sicher sind und nun sogar noch menschliches Gold importiert wird, wo alles bunter und aufregender wird?

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Volk oder Völk? Grundtvigs Grundlegung

 Volk! Was ist denn Volk im Grunde?
Was bedeutet „volklich“ wohl?

Nikolai Frederik Severin Grundtvig (1783 – 1872), der Mann mit dem lustigen Bart, ist an Bedeutung kaum zu überschätzen.

© Den store danske

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Das rote Mehr

Jeder kennt das: Da redet man auf einen anderen ein, weiß die Lösung seines Problems und erntet nichts als Ignoranz. Irgendwann später – das Gespräch ist längst verjährt – kommt der- oder meist diejenige und präsentiert dir ein Wundermittel, das nun alle bekannten Sorgen beseitigt habe. Es ist exakt jenes einst von dir empfohlene Mittel! Und fragt man nach, bekommt man die Antwort – meist im schwärmerischen Ton – das hat mir X oder Y empfohlen, das habe ich da oder dort gelesen, das hat mir mein Heilpraktiker gegeben usw.

Wir lernen daraus: die Botschaft allein genügt nicht. Es kommt auch auf den Botschafter und auf die richtige Zeit an. Je näher sich Menschen stehen, umso weniger hören sie oft aufeinander.

Ein bißchen beschreibt das auch das Sarrazin-Dilemma. Sarrazin sagt der deutschen Gesellschaft seit sechs Jahren eine unangenehme Wahrheit nach der anderen und keiner will sie offiziell hören, denn Sarrazin argumentiere „biologisch“, sei fremdenfeindlich und arbeitet ohnehin zu viel mit Zahlen und zu wenig mit Gefühlen. Vor allem aber ist Sarrazin trotz seiner sozialdemokratischen Parteizugehörigkeit nicht rot.

Aber rot sind die Medien und genau darauf hatte er in seinem Buch „Der neue Tugendterror“ ausgiebig hingewiesen, mit zahlreichen Fakten belegt, und vergleicht man die politische Position der Journalisten mit der der Durchschnittsbevölkerung, dann muß man eine dramatische Rotverschiebung feststellen. Hören wollte das niemand, weil: von Sarrazin.

In Norwegen wurde auf den „Nordischen Medientagen“ nun ein Untersuchungsbericht vorgelegt, der aufhorchen läßt. Würden norwegische Journalisten den Storting unter sich wählen können, dann gäbe es 119 Mandate für den roten und 49 Mandate für den blauen Block. 65 Stimmen gingen an die „Arbeiterpartei“ (Sozialdemokraten), 24 Stimmen an die „Sozialistische Linkspartei“, 12 Stimmen an die noch linkeren „Roten“ und 18 an die „Umweltpartei“ (Grün). Die beiden letztgenannten sind im Moment noch nicht einmal im Parlament vertreten, decken aber 30% der journalistischen Meinung ab, die SV („Sozialistische Linkspartei“) kommt im wirklichen Leben gerade mal auf 7 Mandate.

Spiegelbildlich der blaue Block. Die „Fortschrittspartei“ (in der deutschen Presse die „Rechtspopulisten“) hat von der Wählerschaft 29 Mandate erhalten, unter der Schreiberzunft null!

Traum und Wirklichkeit

Traum und Wirklichkeit, Welt der Blätter und wirkliche Welt

Ist Norwegen ein Einzelfall? Laut ”Den korte avis” keinesfalls. Auch in Dänemark (und Schweden) zeigen sich ähnliche Verhältnisse. 2012 brachte dort eine Untersuchung vergleichbare Ergebnisse. Hätten Journalisten zu bestimmen, dann wäre die „Radikale Venstre“ (Radikale Linke) auf 30% gekommen, die „Sozialdemokraten“ auf 20% , die „Einheitsliste“ auf 17% und die „Sozialistische Volkspartei“ auf 13%. Vielen gilt die „Einheitsliste“ als wirklich linksradikal und gesinnungsethisch. Sie würde deutlich mehr Stimmen bekommen als etwa die „Venstre“ (Liberale Partei, 11%), die „Liberale Allianz“ (5%) und die „Konservativen“ (2%). Alles in allem gingen 80% der journalistischen Wählerstimmen an den roten Block! Tatsächlich wurde im letzten Jahr die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt abgewählt und Lars Løkke Rasmussen (Venstre, 19%) mit Duldung der „Rechtspopulisten“ der „Dansk Folkeparti“ (21%), die 9% zulegten, zum Ministerpräsidenten gewählt. Eine Rotverschiebung um mehr als 30%, die noch gravierender wird, wenn man die nahezu vollkommene Absenz der konservativen Stimmen im Blätterwald bedenkt – lediglich „Berlingske Tidende“ kann als linksdrallig bis ausgewogen gelten; „Politiken“, „Jyllands-Posten“, „Information“ sind alle stramm links.

Kein denkender Mensch zweifelt daran, daß in Deutschland und wahrscheinlich in ganz Europa – ich kann es gefühlt zumindest aus England und Italien bestätigen – ähnliche Verhältnisse herrschen. Und das alles wäre kein Problem, wenn man es nicht merken würde. Aber leider sind ganze Hauptmedien wie „Spiegel“, „Süddeutsche“, „Zeit“ und „Focus“ spürbar in linker und linkspopulistischer (Diez, Augstein, Assheuer etc.) oder linksliberaler (Prantl) Hand und einige Blätter, wie die „Huffington Post“ oder die „TAZ“, betreiben offen linksradikale Propaganda. Auch wenn „Welt“ und „FAZ“ immer wieder versuchen, die eine oder andere kritische Stimme zu Wort kommen zu lassen, sind sie doch noch immer stark linkslastig (geworden). CSU- und AfD-Wähler dürften augenblicklich gar kein Meinungsblatt zur Verfügung haben, große Teile der CDU- und FDP-Klientel vermutlich ebenso wenig, wohingegen die wenigen Grünen und Linken allüberall ihre Meinung bestätigt finden.

Diese Diskrepanzen – man kann das alles bei Sarrazin nachlesen – sind in höchstem Grade demokratiegefährdend und zeitigen im Übrigen einen seltsamen Effekt: je mehr die Presse nach links rückt, umso mehr wird sich die Leserschaft nach rechts bewegen, sich von den Großmedien abwenden und sich entweder gänzlich abkoppeln oder Alternativen im „rechten“ Bereich suchen. Nicht umsonst sinken alle Verkaufszahlen – allein die „Junge Freiheit“ verzeichnet zweistellige Zuwächse. Letztlich ist es eine Frage der Intelligenz. Und die wird systemisch verhindert.

Die Erklärung findet man bei Jürgen Habermas, dem sich die Journalistik direkt oder indirekt verpflichtet fühlt. Als sich immer mehr die Einsicht des Scheiterns des „Projektes der Moderne“ abzeichnete und sich viele Intellektuelle vom systemtragenden Habermasianismus abwandten, veröffentlichte dieser sein Buch „Die Moderne – ein unvollendetes Projekt“. Es enthält zwei Grundargumentationen, die sich fast eins zu eins noch immer in der linken Presse wiederfinden: es denunziert und kategorisiert im abwertenden Gestus alle Gegenmeinungen und es vertritt die Argumentationsvolte: Wenn etwas nicht klappt, dann nur, weil wir noch nicht genug davon haben. Das Gutgemeinte verkommt zum Schlechten, also brauchen wir mehr vom Gutgemeinten …, mehr Fortschritt, mehr Diskurs, mehr Multikulti, mehr Gender …

Erst wenn Habermas auf den Scherbenhaufen der Geschichte geworfen und ins philosophiehistorische Seminar umverlegt wird, kann sich die journalistische Welt von ihrem akademischen Boden her erholen.

Schwedische Zustände

Die Auswirkungen einer „naiven und gutmenschlichen (snillistisk) Einwanderungspolitik“ erschüttern gerade die norwegische Gesellschaft. Diese Worte stammen von Sylvi Listhaug, Norwegens Integrations- und Einwanderungsministerin. Man kann es als einen Schuß vor den Bug sehen, was das Team des NRK, des norwegischen Staatsfernsehens, an Bild-, Ton-, und Hintergrundmaterial aus Schweden mitbrachte. „Eine Gesellschaft in Auflösung“ sieht die dänische Zeitschrift „Den korte avis“. Mit großer Sorge betrachten die skandinavischen Nachbarländer den rasanten inneren Zerfall weiter Teile der schwedischen Gesellschaft.

55 Ghettos in Schweden

Schwedens gefährlichste Gegenden

1990 verzeichnete man drei Ghettos (utenforskap), heute sind es 186 in 22 schwedischen Städten, davon gelten 55 als „No-Go-Areas“! Es sind jene Peripherien der großen Metropolen, wo sich Menschen mit Migrationshintergrund konzentrieren, meist afrikanischen und arabischen Herkommens. Eine Gemengelage aus sozialem Abstieg, Frustration, Kriminalität und Religiosität führt zu undifferenziertem Haß auf die Gesellschaft und die Polizei repräsentiert diese Gesellschaft. Selbst Feuerwehr und Krankenwagen brauchen polizeiliche Unterstützung, die Ordnungshüter selbst wagen sich nur in großer Zahl und bis an die Zähne bewaffnet hinein: schußsichere Westen, Helme, Arm- und Beinschützer und die geladene Pistole im Holster. „Polizeifishing“, so erzählt eine junge Beamte in die Kamera, sei gang und gäbe: man rufe zu einem Notfall und locke die Polizisten damit in einen Hinterhalt, um sie zu bekämpfen.

Es geht um Territorien, berichtet ein anderer Polizist. Pflastersteine sind Alltag, Molotowcocktails, Stich- und Schußwaffen, selbst Handgranaten keine Seltenheit. Kriminelle Gangs stecken ihren Claim ebenso ab wie radikale Islamisten. Auch die Kamera des NRK-Teams wirkte wie ein rotes Tuch – das Team mußte die Beine in die Hand nehmen.

„Das Allerwichtigste“, sagt die norwegische Ministerin, die gerade ihren Einwanderungsbericht vorlegen muß, „ist die Frage, wie viele nach Norwegen kommen werden. Wenn Integration glücken soll, so ist es entscheidend, die Zahl der Ankommenden niedrig zu halten.“ Der Bericht aus Schweden sei „schockierend“ – ein Schock zur rechten Zeit!

Noch ist Norwegen nicht verloren.

Quellen:

NRK: Reportage Från NRK Om Det Mångkulturella Sverige (die gesamte Reportage)

NRK Text: Svensk politi: – Vi er i ferd med å miste kontrollen

NRK Text: Sjokkert over tilstandene i Sverige