Seit die Wenigen explizit üben, wird evident, daß implizit alle üben, ja mehr noch, daß der Mensch ein Lebewesen ist, das nicht nicht üben kann – wenn üben heißt: ein Aktionsmuster so wiederholen, daß infolge seiner Ausführung die Disposition zur nächsten Wiederholung verbessert wird. (Sloterdijk)
In seiner kleinen, aber wichtigen Schrift „Vom Geist des Übens“ hatte Bollnow versucht, eine alte konservative Technik als „Rückbesinnung auf eine elementare didaktische Erfahrung“ wieder verstärkt ins Bewußtsein zu heben. Er sah im Üben jene Tätigkeit, die Voraussetzung für die „volle Entfaltung und Erfüllung“ des Menschen sei und wer will ihm da widersprechen? Es ist das Üben, das bewußte wiederholende Üben, das Repetieren, das in der modernen Pädagogik bedauerlicherweise immer öfter diskreditiert wird, das den Menschen dennoch zum Meister so vieler Abläufe, Techniken, Künste, das ihn zum Menschen macht. Heute meint man oft, damit des Menschen Freiheit einzuschränken, Bollnow hingegen legte dar, daß erst durch das Üben wahre innere Freiheit erlangt werden kann: „Die wahre innere Freiheit besteht darin, sich, ohne sich vom Spiel der Umstände ablenken zu lassen, ruhig und stetig auf seine Aufgaben einzulassen, sein Werk bis zur höchsten ihm möglichen Vollkommenheit zu bringen und in gesammelter Anstrengung sein Können und seine Leistung immer weiter zu steigern“. (79) Weiterlesen