Sándor Márai: Das Kräuterbuch XLIV
Über das gerechte Urteil
Deine eigenen Angelegenheiten so gerecht beurteilen, wie du dich zur Gerechtigkeit in den Angelegenheiten der anderen erziehst. Du hast kein Recht auf Ungeduld, Unbill, noch nicht mal auf übertriebene Forderungen an dich selbst.
Wenn du möchtest, daß die Welt deinen menschlichen Rang anerkennt, dann erkenne auch deinen eigenen Rang. Und verhalte dich entsprechend, geduldig und großzügig. Verlange nicht mehr von dir, nicht mehr und nicht weniger, was du anderen gegenüber für billig erachtest.
Wir dürfen uns gegenüber nicht bedingungslos Forderungen erheben. Versuche bescheidener zu sein, du mußt wissen, daß deine Kräfte beklagenswert endlich sind. Bedauere in der Arbeit, im Ehrgeiz, in den menschlichen Bedürfnissen nicht nur die anderen, sondern auch dich selbst. Es ist nicht genug, die Menschen zu bemitleiden; bemitleide auch dich. Du bist auch ein Mensch: und es ist so leicht, dies im Weltenlauf zu vergessen. Nicht nur die anderen vergessen das, sondern meistens auch du selbst.
Vor allem
gilt es
die unteilbare
Menschenwürde
an den anderen
und sich selbst
tagtäglich zu üben
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