Vegetarismus – Pro und Contra I

Antwort auf die Kritiken zu „Warum ich kein Vegetarier bin

Ernährungsfragen polarisieren, allein schon, weil sie mit Gewohnheiten und Traditionen, letztlich also auch Identität, zu tun haben. Wenn einem das Problematische der eigenen gewohnten Ernährung bewußt gemacht wird, reagiert der Mensch in der Regel mit Ablehnung. In heutigen Zeiten steht ihm zudem das bewährte Mittel der ideologischen Vorhaltung zur Verfügung. So kommt es, daß auch Ernährungsfragen entlang des politisch-ideologischen Risses diskutiert werden. Es gibt eine gewisse Tendenz: als Rechter hat man nicht nur Masseneinwanderung abzulehnen, sondern auch menschengemachten Klimawandel, Impfpflicht, Fleischverzicht, Evolution, sechs Millionen, Bienensterben, Dekonstruktion, Dieselverzicht etc. … tut man es nicht, gilt man als links. Umgekehrt funktioniert das genauso. So hält die Idiotie durch Ideologie Einzug in alle Lager.

Im aktuellen Bewußtsein steht Ernährung, die auf Fleisch und/oder tierische Produkte verzichtet, auf der linken, vornehmlich der grünen Seite. Ein Teil der Emotionalität, die entsteht, wenn Grüne oder Umweltaktivisten oder missionarische bis militante Vegetarier (dazu zählen auch Veganer aller Couleur) andere über die bessere Ernährung belehren, liegt in eben dieser Belehrung, in der Mission, in der Kompromißlosigkeit und in der Verwechslung zwischen Besserem und Richtigem.

Man sollte dieses Thema daher möglichst emotionslos analysieren ohne jegliches Interesse – ausgenommen das Erkenntnisinteresse. Auch ich esse Fleisch und tue es gern und meist ohne schlechtes Gewissen, muß mir aber eingestehen, daß meine jahrelange Analyse der Frage mich vom vegetarischen Standpunkt überzeugt, den ich nur aus „Schwäche“, aus „Menschlichkeit“ – in verschiedenen Formen – nicht übernehme. Daraus ergab sich die zentrale Frage, ob und wann ethisches Denken handlungsweisend sein kann.

Man sollte außerdem die Erzählung, die grün und vegetarische Ernährung miteinander verbindet, nicht gelten lassen und auf den uralten und leicht einzusehenden Tatbestand hinweisen, daß Vegetarismus seit eh und je ein konservatives Phänomen ist, sofern konservativ sein heißt, dasjenige zu erhalten, was erhaltenswert ist und von der Zerstörung des Lebenswerten abzusehen.

Leider haben sich auch im konservativen Bereich viele Begriffe radikal gewandelt, nicht selten gegen ihre eigentliche Intention. Das dürfte einerseits einem unsinnigen Lagerdenken geschuldet sein, andererseits einer allgemeinen Begriffsverwirrung im Zuge der „Dekonstruktion“ althergebrachter Wahrheiten, natürlich vorgegebener Tatsachen und Zusammenhänge.

So gibt es etwa einen Begriff von „Männlichkeit“, der das Fleischessen als positiven Wert begreift. Männer am Grill ersetzen heutzutage den Kämpfer, die Grillzange ist das Schwert des postmodernen Mannes. Statt Schlachten zu schlagen und sein Leben zu opfern, läßt man sich heutzutage einen langen Bart wachsen und fürchterliche Monster auf den Arm tätowieren. Dieses an sich weibische Verhalten gilt dann als männlich und weil Männlichkeit rechts steht, sieht man darin „den Mann“ – der mit dem eigentlichen Mann natürlich nichts mehr gemein hat. Dies nur ein etwas grobes Beispiel, um die Verdrehung der Begriffe anschaulich zu machen.

Es gilt in dieser Frage nichts zu verteidigen, sondern nur zu erkennen – hat man es erkannt, kann man es auch verteidigen – allerdings erst dann und nur so lange, wie die Erkenntnis hält. Ich verteidige Rechts nicht, weil ich rechts bin, sondern ich bin rechts, weil Rechts recht hat – nach allem Ermessen – oder doch zumindest mehr als links. Hätte Links recht, wäre ich sofort Linker.

Der Artikel über den Vegetarismus kam daher sicher für manchen Leser überraschend. Denjenigen, die überrascht reagiert haben, möchte ich empfehlen, sich ernsthaft zu befragen, ob sie in einem erstarrten Parteiendenken verharren.

Nachfolgend möchte ich auf die wesentlichen Einwände – für die ich mich bedanke – der Kommentatoren eingehen. Zuvor möchte ich jedoch darauf aufmerksam machen, bitte darauf zu achten, ob der jeweilige Einwand überhaupt gegen die vegetarische Evidenz vorgebracht werden kann. Das Spiel geht in der Regel wie folgt: Vegetarier haben tausend gute Gründe für ihre Lebensentscheidung. Der Kritiker des Vegetarismus pickt sich ein paar heraus und widerlegt oder relativiert sie und zieht daraus zwei Schlüsse: 1. Der Vegetarismus ist widerlegt und 2.  Daraus ergibt sich die Möglichkeit oder sogar Pflicht, Fleisch zu essen.

Das ist natürlich vollkommen unlogisch. Selbst wenn alle vegetarischen Argumente widerlegbar wären, ergibt sich daraus nicht die Rechtfertigung Fleisch zu essen oder Tiere zu töten. Der Fleischesser muß selbst starke Argumente für das Töten und Essen vorbringen und diese zur Diskussion stellen. Und da gibt es – wie ich dargelegt habe – m.E. nur ein starkes Argument – der Geschmack – und eventuell noch ein schwaches ernährungsphysiologisches.

Eine kleine Anekdote. Vor Jahren hatte ich eine solche Argumentenreihe einer Lebensmittelchemikerin vorgetragen, die selbst verschiedene fleischverarbeitende Betriebe gerügt oder geschlossen hatte, weil die hygienischen Bedingungen katastrophal waren. Sie mied seither etwa Döner zu essen … Am Ende meiner Argumentation sprang sie erbost auf und rief mit lauter Stimme: „Also nein, das lasse ich mir nicht auch noch wegnehmen!“ Gemeint war: Ihr Leben war Streß, wenig erfreulich, sie war komplett überarbeitet, wohl auch familiär nicht glücklich und suchte Kompensationen und da blieben nur orale: gut essen und vielleicht auch guter Wein. Ihr unerschütterlicher Standpunkt zur vitalen vegetarischen Frage war also gänzlich aus Eigeninteresse gestrickt. Vermutlich ist das die Norm …

Michael B. hatte indirekt ein evolutives Argument vorgebracht. Ich hatte im Artikel bewußt darauf verzichtet, die Evolution ins Spiel zu bringen. Die exorbitanten Zahlen in den von ihm verlinkten Beiträgen scheinen mir übertrieben – siehe vorherigen Abschnitt – aber Fakt ist, nach jetzigem Stand der Wissenschaft, daß die fleischliche Ernährung im Zusammenspiel mit vielen anderen Faktoren – aufrechter Gang, freie Hände, Sprache, soziale Einübung, Feuerbeherrschung (von denen in den Artikeln geschwiegen wird) – eine bedeutsame Rolle speziell für die überproportionale Entwicklung des Hirns gespielt hat. Das könnte uns, nach Arthur Koestler, zu dem gepflegten Zynismus verleiten, daß „die Natur“ damit den größten Irrläufer schuf, unter dessen Folgen sie letztlich existentiell leiden wird. Daß der frühe Mensch das Fleischessen entdeckte, war eine gesamtevolutive Sackgasse.

Aber kann man daraus den heutigen Fleischverzehr rechtfertigen? Mir scheint dabei ein schweres, aber weit verbreitetes Mißverständnis der Evolution vorzuliegen. Natürlich sind auch wir nur eine Stufe der Evolution, sie geht durch uns hindurch, aber die evolutionären Veränderungen von einer Generation zur anderen sind so gering, daß sie dem Auge des evoltierten Wesens, das sich quasi selbst von oben in der großen Entwicklung betrachtet, entgehen müssen. Es ist in dem Artikel die Rede von vier Millionen Jahren. Das Hirn brauchte also unvorstellbare Zeiten, um sich zu dem zu entwickeln, was es ist. Und erst seit wenigen Jahrzehntausenden sprechen wir von Menschen, die mit uns vergleichbar sind. Nicht zu vergessen die sogenannte Neolithische Revolution, die sich selbst über viele Jahrtausende hinzog und den größten Teil der Menschheit in die primäre Pflanzennahrung (Getreide) brachte.

Aus der Evolution läßt sich – mit anderen Worten – kein aktuelles ethisches Verhalten ableiten oder wenn doch, dann nur in der Form, daß die Evolution uns zu demjenigen Tier machte, daß sich auch gegen die Evolution wenden kann. Aus der Tatsache, daß tausende Generationen vor uns Fleisch gegessen haben, läßt sich nicht ableiten, daß wir dies ebenfalls tun sollten.

Die zweite Frage betraf das „reaktive Töten“. Meines Erachtens kann das Töten von Tieren schwer prinzipiell delegitmiert werden. Stehe ich einem tierischen Feind unmittelbar gegenüber, mag er groß – „Löwe“ – oder klein – Maus, Laus etc. – sein, der meine Existenz bedroht, dann ist die Abwehr und letztlich auch das Töten nicht nur erlaubt, sondern auch Pflicht, sofern höhere Interessen nicht angetastet werden. Exterministische Ausrottung eines Schädlings etwa, der für das ökologische Gleichgewicht bedeutend ist, kann andererseits ethisch verboten sein.

Die Diskussion, die hier stattfindet, bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Frage des Tötens von Tieren zum Nahrungserwerb, sofern – wie es die Norm unseres Lebens ist –pflanzliche oder mineralische Varianten ausreichend zur Verfügung stehen.

Jochen Schüler betont die Komplexität des Themas. Korrekt! Daraus ergibt sich die Pflicht, sich immer wieder bewußt zu machen, wo man sich in der Diskussion gerade befindet und dafür zu sorgen, daß die Sicht, daß der Kontakt zur Zentralfrage nicht verloren geht. Oft kämpft man sich in ein Dickicht an Sekundär- und Tertiärproblemen und meint, wenn man den Gegner dort geschlagen hat, die ganze Schlacht gewonnen zu haben – die derweil am alten Ort weiter tobt.

„Pflanzenkost gibt es nicht ohne tote Tiere“. Zumindest – würde ich konkretisieren – in der agrarindustriellen Variante. Ich hatte irgendwann eine Dokumentation gesehen, in deren Verlauf die Zahl der zerstückelten Schlangen und Blindschleichen nach dem Pflügen auf einem Feld präsentierte. Die war erschreckend! Mäuse, Hamster, Vögel bis hin zu Rehen leiden unter Pflug und Mähdrescher. Doch dieses scheinbar unhintergehbare Leid wird durch die Massentierhaltung um ein Vielfaches vermehrt. Die Hälfte der brasilianischen Ackerfläche ist heute monokulturell mit Soja bebaut. Schwer vorzustellen, daß das in Sojamilch und Tofu umgesetzt wird. Es ist auch bekannt, daß der „Sojafront“ die „Rinderfront“ in den Urwald folgt. Es werden riesige Waldflächen abgeholzt, um – neben Holz und Rohstoffen – Soja- und/oder Weideflächen zu schaffen.

Übrigens ganz unabhängig vom hier besprochenen Fakt, sollte das Interesse des Konservativen prinzipiell auf Erhaltung des Bewährten liegen. Jeder Hektar Urwald bietet einer unvorstellbaren Vielfalt an Leben – Leben und Vielfalt erhalten ist Konservatismus (sofern dieses Leben nicht anderes Leben zerstört) – und es muß einem Konservativen das Herz bluten, wenn er diese Vielfalt zerstört und durch Monokultur ersetzt sieht. Ähnliche Vorgänge beobachten wir in Europa mit Mais und Raps. Wenn die Minimierung des Fleischkonsums diese Zerstörung verlangsamen kann, dann scheint mir nur eine Konsequenz möglich.

„Tiergetreide würde ohne Nutzung im Tierfutter auf den Müll wandern“ – das scheint ein typisches Verleugnungsargument zu sein. Erstens gäbe es ohne Massentierhaltung signifikant weniger Getreide, zweitens dürfte es sich nur um ein marginales Problem handeln, drittens könnte man auch Tiere halten, ohne sie zu töten – wenn es denn diese Notwendigkeit geben sollte, viertens dürfte die Entsorgung solcher Abfälle technisch kein Problem darstellen …

„Leben ohne töten ist in diesem Universum nicht vorgesehen“. Darf ich daraus den Schluß ziehen, daß ich töten darf, wenn, wen und was ich will? „Du stirbst sowieso, also kann ich dich (und du mich?) auch gleich töten.“ Kein vernünftiger Mensch wird diesen Fatalismus gutheißen.

Dazu prinzipiell: Es ist besser, nur viele Menschen zu töten als alle. Es ist besser, wenige Menschen zu töten als viele. Es ist besser, nur einen Menschen zu töten als wenige. Es ist besser, keinen Menschen zu töten als einen (Ausnahmen können situativ möglich sein).

Es ist besser, viel Fleisch zu essen als nur Fleisch, es ist besser, wenig Fleisch zu essen, als viel, es ist besser, kein Fleisch zu essen als wenig.

Eine Gefahr ethischer Diskussion ist der Radikalismus, das alles oder nichts, das entweder-oder. Ein befreundeter Vegetarier – aus ökologischen Gründen – beschwerte sich einmal, daß ihm die Fleischfresser immer Vorhaltungen machten, wenn er sich eine Banane (Südfrucht!) schälte. Sie, die eigentlichen, die großen „Sünder“, warfen ihm die kleine „Sünde“ – über die er sich bewußt war – vor. Der in dieser Frage Vollkommenere – übrigens der fitteste Mensch, den ich persönlich kenne (er durchquerte mit dem Rad Zentralafrika und radelte in 2 Tagen nach Rom) – muß sich vor den Unvollkommeneren rechtfertigen, weil er nicht Vollkommen ist; die Täter werden Ankläger, weil sie sich selbst nicht sehen, aber ein Ideal entwerfen: klassisch linkes Denken! Es ist aber besser, Bananen zu essen als Fleisch. Und es ist besser; lokal und jahreszeitlich zu essen als Bananen oder Erdbeeren im Dezember. Statt den Fortgeschrittenen aber zu loben und zu bewundern, tadelt man ihn wegen seiner viel kleineren Rückschritte.

Noch einmal die Frage: Daß „ich gerade von Micro- und Macro-Parasiten angefressen“ werde, daß „Leben ohne töten“ nicht existiere – wie läßt sich daraus ein Plädoyer für Fleischessen und Tiere töten ableiten?

siehe auch: Vegetarismus – Pro & Contra II

7 Gedanken zu “Vegetarismus – Pro und Contra I

  1. Stefanie schreibt:

    Sie sprechen in Ihren Beiträgen einerseits explizit vom Vegetarismus – also einer Alles-oder-Nichts-Entscheidung und andererseits von Fleischreduktion oder Fleischverzicht. Es wäre gut, wenn sie sich auf eine dieser Handlungsstrategien festlegen würden, denn dann wäre auch eine Diskussion leichter zu führen, weil sich die Ebenen nicht ständig vermischen würden.
    Auf der einen Seite plädieren Sie für den Vegetarismus, der in seiner verbreitetsten Version als Ovo-Lacto-Vegetarismus schon an sich weder Fisch noch Fleisch ist: wenn Sie Eier und Milch wollen müssen Sie Hühner und Kühe halten (Enten, Wachteln, Schafe und Kamele lasse ich hier mal außen vor). Eier und Milch bekommen Sie nur von weiblichen Tieren – was soll mit den männlichen Nachkommen passieren?
    Erklären Sie das Töten von Tieren (zu Nahrungszwecken) als grundsätzlich illegitim, so müssen Sie eine Definition finden, was genau sie unter „Tier“ verstehen wollen. Zählen Würmer und Gliederfüßer dazu? Fische? Höhere Säugetiere? (was auch immer hier „höher“ bedeutet) Feldmäuse, Maulwürfe, Wildschweine?
    Wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, daß „man nicht Töten soll“? Kam dieser Gedanke einfach eines Tages über Sie oder ist es vielleicht doch ein tradiertes Weltbild, daß hier in Ihnen wirkt? Ich spiele darauf an, weil das 5.Gebot ja keinesfalls jegliches Töten verbietet, sondern eigentlich nur das morden, also das Töten aus einem niedrigen Beweggrund. Das Töten von Menschen, um sich selbst oder seine Nächsten zu schützen, sei es im Krieg, seien es Verbrecher, bleibt ja weiterhin legitim (wenn man den Kontext betrachtet, in dem es gilt).
    Weiterhin gerechtfertigt gilt also das Töten von denen „außerhalb der Gesellschaft“. Es geht also um eine Grenzziehung (genauso wie bei den Würmern und Feldmäusen): innerhalb welches Kreises von Menschen/Lebewesen gelten unsere menschlischen Gebote und Gesetze? Wer gehört zu uns? Das Ausdehnen des Tötungsgebotes auf alles und jeden kommt mir vor wie überdrehter Universalismus, der jegliche Unterscheidung aufgegeben hat.

    Um von der moralischen Seite wegzukommen und die Dinge von einem anderen Standpunkt aus zu betrachten: Sie halten den Verzicht auf Fleisch für eine Gute Sache. Sollte diese Maxime ein allgemeines Gesetz werden?
    Hier spielt wiederum die praktische Seite eine Rolle, die @Jochen Schüler in seinem Kommentaren stärker beleuchtet hat. Sie Schreiben:

    „Tiergetreide würde ohne Nutzung im Tierfutter auf den Müll wandern“ – das scheint ein typisches Verleugnungsargument zu sein. Erstens gäbe es ohne Massentierhaltung signifikant weniger Getreide, zweitens dürfte es sich nur um ein marginales Problem handeln, drittens könnte man auch Tiere halten, ohne sie zu töten – wenn es denn diese Notwendigkeit geben sollte, viertens dürfte die Entsorgung solcher Abfälle technisch kein Problem darstellen …

    -Ohne Tierhaltung könnte eben nicht signifikant weniger Getreide angebaut werden, weil eben nur eine bestimmte Fraktion des Getreides für die menschlische Ernährung nutzbar ist: Von jedem Korn fällt ein bestimmter Anteil Kleie weg, die Rückstände von ausgepressten Ölfrüchten sind für die menschliche Ernährung nicht zu gebrauchen, gleiches gilt für Safttrester oder – etwas lebensnäher – für ihre Küchenabfälle. Man kann all diese vermeintlichen Abfälle Kompostieren, Verbrennen oder nach einem Gang durch die Biogasanlage wieder einackern – man kann aber auch wertvolles tierisches Protein daraus machen. (Das solche Dinge z.Zt. Überhaupt mit Lebensmittelresten gemacht werden ist an sich schon eine Dekadenzerscheinung) Auch verpilztes oder anderweitig verdorbenes Getreide, können sie höchstens noch als Tierfutter verwenden, denn Tiere leben nicht so lange wie Menschen und Akkumlieren daher weniger von den Giftstoffen. Gerade in nassen Jahren kann das große Teile der Ernte betreffen.
    Womit wir beim Ackerbau an sich wären: in vielen Teilen der Welt ist entweder der Boden oder das Klima ungeeignet zum Getreide- oder überhaupt zum Ackerbau. Je nach Klimaentwicklung werden es einmal hier ein paar Millionen Hektar mehr (wärmer, mehr Niederschläge) oder dort ein paar Millionen Hektar weniger (kälter, trockener) nutzbare Ackerfläche. Weidewirtschaft dagegen ist in diesen Gegenden dann weiterhin möglich.
    Dann wäre da noch die frag des Stoffkreislaufes – Wie bringen Sie ausgeschiedene Nährstoffe wieder in den Boden hinein, aber möglichst ohne Schadstoffe? (Klärschlammproblematik…)

    „Pflanzenkost gibt es nicht ohne tote Tiere“. Zumindest – würde ich konkretisieren – in der agrarindustriellen Variante. Ich hatte irgendwann eine Dokumentation gesehen, in deren Verlauf die Zahl der zerstückelten Schlangen und Blindschleichen nach dem Pflügen auf einem Feld präsentierte. Die war erschreckend! Mäuse, Hamster, Vögel bis hin zu Rehen leiden unter Pflug und Mähdrescher.
    -Darf ich kurz nachfragen wie Sie sich eine nichtindustrielle Landwirtschaft vorstellen? Mit Hakenpflug hinterm Ochsen und Sense in der Hand? Wobei der Ochse in diesem Bild ja wiederum ein Problem darstellt: Wenn das Töten von Tieren problematisch ist, dann ist es Sklavenarbeit ja wahrscheinlich auch.

    „Die Grundfrage – ich wiederhole das noch einmal – ist doch diese: Wenn wir etwas auf zweierlei Weise in etwa gleich gut erreichen können (gesunde, ausreichende Ernährung z.B.), sollte es dann nicht geboten sein, die ethisch vertretbarere, weniger folgenhafte, weniger problematisch, die ökonomisch sparsamere, die ökologisch verträglichere etc. zu wählen?
    Wieso kommt es zu dieser Beweislastumkehr? Wieso muß sich der Vegetarier – der ich ja nicht bin – verteidigen und wieso kann der Tiere haltende, tötende und essende Mensch jenem Vorwürfe machen, statt – wie es angebracht wäre – sein eigenes Verhalten zu begründen? Niemand wird dem Pflanzenesser einen Vorwurf machen können (alle Sekundärgrößen – siehe Südfrucht, Agitation o.ä – abstrahiert) und dennoch verlangen wir von ihm die Begründung.“

    „Der“ Vegetarier, kann gerne tun und lassen, was er will, es geht hier um die Auswirkungen, die eine Umstellung auf den „Vegetarismus“ auf den Menschen und den Rest der Welt hätte. Wie kommen Sie zu der Auffassung, der (meinetwegen weitgehende) Verzicht auf Tierhaltung wäre ethisch vertretbarer, ökologischer oder weniger folgenhaft?
    Zu möglichen Folgen: Wenn man aufhören würde Tiere zu halten, ginge der Tierbestand mit seinem Erbgut unwiderbringlich verloren. (Und man komme mir nicht mit eingefrorenen Embryos – Wer sollte die den austragen?). Man könnte das nicht einfach mal so probieren, 10.000 Jahre Züchtung wären unwiderruflich weg. –Da die Wildarten der Haustiere ja zum größten Teil bereits jetzt ausgestorben sind, wäre es irreversibel (davon abgesehen, daß kaum wieder dieselben Mutationen wie in den letzten Jahrtausenden auftreten würden) Das wäre nicht nur genetische Verarmung, sondern tabula rasa.
    Ackerbau und Viehzucht haben sich über Jahrtausende fast immer und überall nebeneinander entwickelt. Wobei es mit Sicherheit mehr reine Viehzüchter-, als reine Ackerbauerngesellschaften gab. Deshalb wäre die Abschaffung der Viehzucht die Abweichung vom Hergebrachten und deshalb müssen diejenigen, die diese Abweichung fordern, sich erklären – alles andere wäre eine Beweislastumkehr.
    Entschließt sich ein Einzelner oder eine Gruppe dazu vegetarisch zu leben, brauchen sich diese sicherlich nicht zu rechtfertigen. Kommen aber Argumente, die in Richtung „Zukunft der Menschheit“ und „Allgemeines Tötungsverbot“ zielen, bekommt die Diskussion schnell einen totalitären Dreh. Einzelne Vegetarier rechtfertigen sich eben meist nicht mit einer persönlichen Einstellung (und sei es eine religiöse), sondern bringen fast immer universalistische Argumente vor („Man darf keine anderen Lebewesen quälen.“ „Wenn alle Vegetarier wären, müßte keiner Hungern“). Entsprechend werden sie auch eine ebenso absolute Antwort darauf bekommen.

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    • @ Stefanie – Vermischung von Vegetarismus und Reduktion

      Vegetarismus hat die stärksten ethischen Argumente auf seiner Seite, die Reduktion gebietet vor allem die ökologische Komponente. Übrigens nicht nur hinsichtlich des Fleischverbrauchs, sondern ganz prinzipiell. Vor 30 Jahren ging Bahro von einer notwendigen (und auch im Sinne der Humanitasentwicklung wünschenswerten) Reduzierung des Gesamtverbrauchs um den Faktor 10 aus. Der dürfte sich mittlerweile erhöht haben – egal was man von dieser Ziffer hält.

      – Eier und Milch

      Das beträfe natürlich auch diesen Bereich. Dennoch – zum x-ten Male – warne ich vor Entweder-Oder-Forderungen und Unterstellungen. Es wäre besser, die Menschen äßen nur Eier und Milch als Fleisch. Demzufolge wäre Tierhaltung natürlich möglich, aber in kleinerem Rahmen. Es gäbe dann weit weniger männliche Tiere, wie es ohnehin nur wenige männliche Tiere benötigt, um Nachwuchs zu zeugen. Meines Erachtens (persönliche Meinung) könnten die männlichen Tiere den deutlich geringeren Fleischbedarf decken helfen. Man könnte sie aber auch einfach leben lassen, sofern das ökonomisch machbar ist. Wie auch immer, die Probleme dürften bei weitflächigem Ovo-Lacto-Vegetarismus schon deutlich geringer geworden sein. Eine Welt ohne Probleme gibt es nicht, schon gar nicht bei 12 Mrd. Menschen.

      – Definition Tier
      Auch hier muß man differenzieren. Aus ethischer Sicht – Leidempfinden – kann man davon ausgehen, daß das Töten und nicht artgerechte Haltung mit Zunahme der geistigen Kapazität problematischer wird. Das macht Wirbeltiere mit einem Zentralnervensystem schützenswerter als Wirbellose. Vermutlich kann ein Fisch seinen Tod weniger reflektieren als ein Schwein und ein Wurm, eine Larve vermutlich gar nicht, auch wenn sie Schmerzreaktionen zeigt.

      Aus ökologischer Sicht ist es vor allem eine Frage der Menge. Die Überfischung der Meere etwa ist ein lebensbedrohliches Problem auch für den Menschen. Ich erkläre zudem gar nichts für illegitim, ich stelle allenfalls ein paar Überlegungen an.

      – „Wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, daß „man nicht Töten soll“? Kam dieser Gedanke einfach eines Tages über Sie oder ist es vielleicht doch ein tradiertes Weltbild, daß hier in Ihnen wirkt?“

      Dieser Gedanke kam natürlich nur einfach eines Tages über mich, wie alles, was ich hier seit 3 Jahren veröffentliche. Eine alte Schwäche von mir.

      Ein „tradiertes Weltbild“ mag trotzdem wirken – ich nehme an, es ist die anthropologische Konstante, die Menschen seit eh und je das Töten problematisch macht. Da ich Atheist und Skeptiker bin, brauche ich mich auf kein göttliches Gebot berufen, ich halte das christliche Tötungsverbot für den Ausdruck dieser anthropologischen Konstante. Man sollte Töten vermeiden, wenn man es vermeiden kann und wenn durch die Vermeidung kein größerer Schaden entsteht.

      Mir ist bewußt, daß das ein vermintes Gelände ist. Als wir vor ein paar Jahren eine Nacktschneckenplage hatten, habe ich jeden Tag einen ganzen Eimer voll eingesammelt und mit kochendem Wasser übergossen. Das fiel mir umso leichter – ohne daß es mir leicht fiel – da es sich bei der Schnecke um die Rote Wegschnecke und die Spanische Nacktschnecke handelte, Neozoen, die die ortsübliche schwarze Nacktschnecke bereits eliminiert hat. Die Alternative Gift kam nicht in Erwägung, diese asiatischen Enten standen nicht zur Verfügung … Auch Mäuse habe ich in diversen Häusern in anderen Ländern schon zahlreich gefangen …

      – „Das Ausdehnen des Tötungsgebotes auf alles und jeden kommt mir vor wie überdrehter Universalismus, der jegliche Unterscheidung aufgegeben hat.“

      Das betrifft mich nicht.

      – „Sie halten den Verzicht auf Fleisch für eine Gute Sache. Sollte diese Maxime ein allgemeines Gesetz werden?“

      Ob etwas ein allgemeines Gesetz sein sollte, hängt nicht von meiner Haltung ab. Das würde ich auch nicht wollen – nicht solange zumindest, bis ich die absolute Macht hätte. Stärker als Gesetze sind zudem Gewohnheiten. Ich bin kein Freund von gesetzlich verankerten Verhaltensweisen – besser ist es, durch Aufklärung und Gewöhnung (Sloterdijk: Üben) eine Welt zu schaffen, in der bestimmte Dinge einfach nicht mehr gemacht werden. So verteidige ich etwa das Recht auf Rauchen, auch wenn ich es als Praxis ablehne.

      – „-Ohne Tierhaltung könnte eben nicht signifikant weniger Getreide angebaut werden, weil eben nur eine bestimmte Fraktion des Getreides für die menschlische Ernährung nutzbar ist:“

      Wollen Sie damit sagen, daß Nutztiere nur die Pflanzenüberreste jener Pflanzen fressen, die aus der Nahrungsgewinnung für den Menschen übrig bleibt? Das wäre mir neu und äußerst signifikant. Dazu erbitte ich Nachweise!

      Tatsächlich hat sich bisher die Position durchgesetzt, daß mehr als die Hälfte – manche sprechen von 70% – der landwirtschaftlichen Flächen der Tierhaltung zuzurechnen sind. Sollten von den restlichen 30 % tatsächlich derart viele problematische Abfälle anfallen, die nur von Tieren verwertet werden können – das scheint Ihr Argument zu sein – dann soll man bitte dafür Tiere halten. Ich bin kein Experte, aber mir scheint, die pflanzlichen Überreste sollten sich doch gut als Dünger eignen, oder?

      – “ in vielen Teilen der Welt ist entweder der Boden oder das Klima ungeeignet zum Getreide- oder überhaupt zum Ackerbau.“

      Historisch tradierte Weidenhaltung hat eine eigene Bestandsberechtigung. Niemand will hier dem Nomade seine Schafe, Rentiere oder Ziegen wegnehmen. Zumal die Weidewirtschaft eigene schützenswerte Biotope hervorgebracht hat.

      – „-Darf ich kurz nachfragen wie Sie sich eine nichtindustrielle Landwirtschaft vorstellen?“

      Ich stelle mir keine nichtindustrielle Landwirtschaft vor – die Aussage war eine Antwort auf die Aussage: „Pflanzenkost gibt es nicht ohne tote Tiere“. Natürlich sterben und leiden auch in der traditionellen Landwirtschaft (Ochse und Pflug) Tiere, aber doch um ein Vielfaches weniger. Unabhängig davon, läßt sich doch nicht anzweifeln, daß die industrielle Landwirtschaft in mancher Hinsicht ein Rückschritt und ein Ausdruck der Entfremdung des Menschen von der Natur ist. Das sagt nichts über ihre momentane Notwendigkeit. Komisch, daß ausgerechnet Sie hier die Lanze brechen. Und selbstverständlich ist „Sklavenarbeit“ problematisch, aber weniger als Töten …

      – „„Der“ Vegetarier, kann gerne tun und lassen, was er will, es geht hier um die Auswirkungen, die eine Umstellung auf den „Vegetarismus“ auf den Menschen und den Rest der Welt hätte.“

      Sie scheinen der Ansicht zu sein, daß eine großflächige tierfreie (Schwein, Rind, Huhn, Fisch etc.)Ernährung schlimmere Folgen zeitigen würde, als die jetzige Massentierhaltung? Auf die Begründung bin ich gespannt!

      – „Wie kommen Sie zu der Auffassung, der (meinetwegen weitgehende) Verzicht auf Tierhaltung wäre ethisch vertretbarer, ökologischer oder weniger folgenhaft?“

      Diese Frage verstehe ich nicht – Sie haben doch meinen Artikel gelesen?

      – „10.000 Jahre Züchtung wären unwiderruflich weg.“

      10000 Jahre Züchtung sind vor allem durch die industrielle Landwirtschaft schon lange weg. Wo sind die 1000 alten Apfelsorten, wo die Hühner (mein Onkel züchtet noch ein paar), die alten Rindersorten – fahren Sie mal nach Thiergarten – etc. Es gibt ein paar Liebhaber, mehr nicht. Selbst der Wein hier unten ist alles normiert, die alten Trauben verschwunden. Stattdessen haben wir Millionen überzüchteter und per se leidender Tiere, die kaum noch laufen können vor Fett, Euter und Deformation, die mit Antibiotika vollgepumpt sind, die keine Federn mehr haben, keine Flossen usw. Nicht der Vegetarismus macht die biologische (auch gezüchtete Vielfalt) kaputt, sondern die industrielle Norm. Leute wie Sie sind die letzten Mohikaner.

      – „Kommen aber Argumente, die in Richtung „Zukunft der Menschheit“ und „Allgemeines Tötungsverbot“ zielen, bekommt die Diskussion schnell einen totalitären Dreh.“

      „Zukunft der Menschheit“ ist eine Konklusion, die ich aus dem Studium der Literatur, der Empirie und dem common sense ziehe. Vielleicht irrigerweise. Dennoch wird man es doch sagen können. Den totalitären Dreh konstruieren Sie – siehe Teil 1 oben.

      Zum Begriff „Menschheit“ – totalitär empfinde ich es, wenn man mir bei Nutzung des Begriffes Totalitarismus unterstellt. Wollen Sie den Begriff verbieten? Ausgerechnet Ihnen muß ich doch nicht erklären, daß man mindestens zwei Komponenten des Begriffes unterscheiden muß. Zum einen die Zusammenfassung aller Menschen – das ist reiner Platonismus und nur so verwende ich den Begriff, sehr kenntlich gemacht -, zum anderen das religiöse oder ideologische Heilsversprechen, das in der Tat schnell totalitär werden kann.

      Ich wundere mich: Seit dreieinhalb Jahren schreibe ich mir hier die Finger wund und trotzdem sehe ich mich – einmal den Konsensbereich verlassend – derartiger Vorwürfe ausgesetzt. Ich gebe zu, das erschüttert mich!

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  2. Michael B. schreibt:

    Haben Sie einmal gejagt, seidwalk? Oder haben Sie zumindest einmal geangelt? Oder haben Sie einen Fisch unter Wasser erlegt und ihn dann umgeben von ein paar groesseren Raeubern ins Boot gebracht? Haben Sie schon einmal selbst als Person – als Inkarnation sozusagen (pun intended) – im Interesse solcher groesseren Raeuber gestanden? Haben sie zumindest einmal ein Kaninchen geschlachtet oder ein Huhn? Waren Sie einmal lang genug in einer Gegend der Welt, in der sie Ihre Nahrung nicht mehr aus Rucksack, Laden, von Bauern etc. beziehen konnten?

    Warum sind die Fragen wichtig? Weil Ihre Hauptstossrichtung das Ethische ist und eben gerade nicht wie postuliert, eine reine Fragerei um Befriedigung von Nahrungsbeduerfnissen. Kennen Sie zumindest Teile der o.g. Beispiele (ich tue das), dann lernen Sie in welcher Kette Sie stehen.

    Und nein, ich habe das nicht alles aus unmittelbarem Hunger getan, ich brauche diese Rechtfertigung nicht, die Ihre gesamte Argumentation durchzieht. Sie haben naemlich das eigentlich Wesentliche – ganz zuletzt Geschriebene und zugegebenermassen nur Angedeutete – meines Beitrags uebersehen. Man muss Toeten nicht als unethisch ansehen. Ihre Ethik oder Moral ist auf diesen Aspekt bezogen, nicht meine. Und damit zerfaellt dann die ganze Schlussfolgerung, ausser fuer den Fall Ihrer eigenen privaten Ueberzeugungen.

    Und ganz gegen eine scheinbar natuerliche Extrapolation – genau wegen der Kenntnis aus eigenem Erleben moegen Sie Fleisch dann mehr schaetzen, mehr als irgendein urbaner Hipster in seiner Weltbewegtheit das jemals fundiert ablehnen kann, der nur Supermaerkte und seinen naechsten Bioladen kennt, mehr auch als einige Formen verfetteter Wurstthekenleerraeumer. Sie moegen auch gerade deswegen eine grundlegendere ablehnende Einstellung gegenueber den industriellen Formen der Nahrungsbereitstellung erwerben. Sie wissen dann naemlich, was Dinge – in ganz verschiedener Hinsicht – kosten.

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    • Pérégrinateur schreibt:

      In meiner Jugend auf dem Dorf erlebte man zumindest bei Nachbarn Hausschlachtungen ganz persönlich. Keines von den Nachbarkindern wurde Vegetarier. Vegetarismus ist ein ethisches Phänomen der Stadt, so wie die Abneigung gegen Äpfel, weil diese bräunlich-erhabene Warzen tragen, dort ein ästhetisches ist.

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    • @ Michael B.: Ich kann Ihnen leider nicht ganz folgen. An welchem Ort der Diskussion befinden wir uns (siehe Text)? Was soll die individuelle Jagd- oder Angelerfahrung mit der Beantwortung der Frage zu tun haben – außer vielleicht einer erneuten Genußerfahrung (ich mag Angeln/Jagen, also tue ich es). Dabei lasse ich nicht aus dem Blick, daß die Jagd zur Bestandserhaltung oder zur Gegenwehr ein eigenes komplexes Phänomen ist. Auch das Töten von Wölfen kann situationsbedingt begründet werden.

      Ja, ich habe geangelt, mit Freude, ich war auch schon beim Schlachten dabei und kenne Hausschlachtungen aus meiner Kindheit und hier aus Ungarn ganz hautnah. Übrigens: Die Hausschlachtung ist besser, als die Massenschlachtung … vor allem, für den eigenen Bedarf. Aber Sie kennen auch die Geschichte von der Weihnachtsgans Auguste, oder? Ich halte Kubitscheks Lebensweise z.B. in dieser Hinsicht für vorbildlich – dennoch kann man das Schlachten doch problematisieren.

      Meine letzte Angelerfahrung war sogar „mystisch“: Mitternacht im Sonnenschein auf dem Fjord. Als ich allerdings einen seltenen Rundfisch an der Angel hatte, der normalerweise bei 1000 m Tiefe lebt, und keinen Seelachs oder Köhler, die dort massenhaft auftraten, da tat es mir leid.

      Das deutet vielleicht auch darauf hin, daß mein Hauptargument das ökologische ist – sollte im Ursprungstext eigentlich deutlich geworden sein. Alle anderen überzeugen ebenfalls, wie ich finde, aber das spielt für mich die Hauptrolle. Erst daraus ergibt sich die Ethik. Insofern habe ich das leider nicht verständlich machen können, wie es scheint. Wie man allerdings an der Ethikfrage vorbei kommen soll, ist mir schleierhaft.

      Ob SIE diese Rechtfertigung brauchen oder nicht, sagt etwas über Sie, aber nichts über das Problem. Wenn wir begännen, Ihre und meine Moral zu trennen, dann hätten wir Anarchie. Sie scheinen das mit Präferenzen zu verwechseln. Moral – vom Tabu bis zur Erlaubnis- transzendiert sowohl die Erfahrung als auch die Präferenz des Einzelnen. Ein Tierschlächter mag am Schlachten die größte Freude haben, richtig wird es dadurch nicht.
      Im Übrigen bin ich doch ganz explizit auf Ihren zuvor geäußerten Gedanken, der Unhintergehbarkeit des „reaktiven Tötens“ eingegangen. Wozu also die Klage?

      Die Fragwürdigkeit des Gedankengang, „in welcher Kette wir stehen“ meinte ich eigentlich mit der Evolution geklärt zu haben. Wo sehen Sie da meinen Fehler, wenn er nicht überzeugt?

      Die Grundfrage – ich wiederhole das noch einmal – ist doch diese: Wenn wir etwas auf zweierlei Weise in etwa gleich gut erreichen können (gesunde, ausreichende Ernährung z.B.), sollte es dann nicht geboten sein, die ethisch vertretbarere, weniger folgenhafte, weniger problematisch, die ökonomisch sparsamere, die ökologisch verträglichere etc. zu wählen?

      Wieso kommt es zu dieser Beweislastumkehr? Wieso muß sich der Vegetarier – der ich ja nicht bin – verteidigen und wieso kann der Tiere haltende, tötende und essende Mensch jenem Vorwürfe machen, statt – wie es angebracht wäre – sein eigenes Verhalten zu begründen? Niemand wird dem Pflanzenesser einen Vorwurf machen können (alle Sekundärgrößen – siehe Südfrucht, Agitation o.ä – abstrahiert) und dennoch verlangen wir von ihm die Begründung.

      @ Pérégrinateur: Da ist was dran, aber es ist nicht die Wahrheit. Und selbst wenn sie es wäre, ist der Argumentation kein Argument (höchstens eine Motivation oder ein Erklärung, warum wir es jetzt diskutieren) zugefügt worden. Dazu im Teil zwei ein paar Gedanken.

      @ Muller: Die Rede von selbsternannten Intellektuellen ist aus den Jahren um 1939 aus Ost und West wohl bekannt – Das Ergebnis sollte eigentlich bekannt sein.

      Tatsächlich könnte man meinen, ich sei ein „Intellektueller“ – zumindest aus der Ferne. Ich bin es insofern tatsächlich, als ich mich durch einen Großteil des Berges wesentlicher Literatur zur Frage des Fleischessens durchgearbeitet, die Argumente abgewogen habe und – momentan – zu obigem Fazit gekommen bin. Das ist eine aufschlußreiche Arbeit, die ich jedermann empfehlen kann, Intellektueller oder nicht.

      Außerdem scheue ich – wie Sie sehen – den Konflikt nicht. Ich scheute ihn, wenn ich die Diskussion, von der Gegenwehr zu erwarten war, deswegen vermieden hätte. Den Konflikt mit dem Tier (oder dem Gewissen?), wenn Sie den meinen, kann man sich in einer Hochzivilisation weitestgehend sparen – ein Dersu Usala sieht das selbstredend ganz anders.

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      • Stefanie schreibt:

        Sobald Sie von der Reduktion des Fleichverzehrs sprechen, relativieren Sie zu einem Gutteil die ethischen Argumente: Wenn das Töten von Tieren (zu Nahrungszwecken) prinzipiell falsch ist, dann ist es auch bei einer Reduktion um den Faktor 10 noch falsch. Wenn wir also über eine Reduktion des Fleischverzehrs bzw. die Änderung der Haltungs- und Produktionsbedingungen reden, fällt dieser spezielle Aspekt („das Töten von Tieren ist moralisch falsch“) aus der Diskussion.
        Damit würde sich die Diskussion in eine andere Richtung verschieben: man müßte überlgen in welcher Form die Tierhaltung im Rahmen der Landwirtschaft ökologischer gestaltet werden könnte, in welchem Rahmen Fleischverzehr ernährungsphysiologisch sinnvoll wäre, wie die Haltungsbedingunen besser gemacht werden könnten: sowohl für Tier, als auch für die Tierpfleger und nicht zuletzt, wie man die Menschen beeinflußen könnte, daß sie weniger Fleisch verzehren. Über all diese Aspekte gibt es wahrscheinlich Regalkilometer von Literatur, die weder Sie und noch ich hier ausreichend berücksichtigen könnten, auch wenn dieser Blog es zu seinem neuen Daseinszweck erklären würde. Ich selbst würde mir nicht anmaßen darüber zu entscheiden, welche einzelnen Maßnahmen nun z.B. Ökologisch sinnvoller wären – dazu ist der Bereich einfach von zu vielen Wechelwikungen geprägt. (Ähnlich wie dei CO2-Debatte). Es gibt schon in meinem Fachbereich genug Gebiete – sei es Düngung, sei es Bewässerung, sei es Pflanzenschutz oder Heizung – bei der sich die Frage der sinnvollsten Lösung bestenfalls für eine einzelne Kultur oder einen einzelnen Betrieb entscheiden läßt. Mit Landwirtschaft und Tierhaltung habe ich (vermutlich) mehr Kontakt als sie, bin aber im fachlichen Sinne auch nur ein informierter Laie -das ganze noch bezogen auf mitteleuropäische Verhältnisse.

        Ich habe solche und ähnliche Diskussionen öfters mit meiner Schwester geführt, die einige Jahre lang Vegetarierin war. Hier trifft auch Peregrinateurs Argument mit der Abwesenheit von Vegetariern im ländlichen Raum im Umfeld von Hausschlachtungen nicht zu. Ich denke gerade bei ihr hat der Kontakt zur Schlachtung mit den entsprechenden Bildern und dem Blutgeruch einen gewissen Ekel und damit Ablehnung erzeugt. Offensive Vegetarierin wurde sie aber erst, als auch in einige ihrer Freundinnen und Freunde (aus ebenfalls ländlicher bzw. Kleinstädtischer Sozialisation) Vegetarier wurden, bzw. die Vegetarier ihre Freunde wurden. Sie und ihre Clique sind etwa zehn Jahre jünger als ich und in vieler Hinsicht stärker durch Medien geprägt als durch die unmittelbare Lebenswelt um sie herum. Die Tierproduktion findet zum großen Teil hinter verschlossenen Türen statt (Seuchenschutz), also basiert die Vorstellung darüber wie sie abläuft, aber auch darüber wie Tiere sich dort verhalten fast vollständig auf skandalisierenden Medienberichten. Die ethische Vorstellung von richtig und falsch entsteht in dem sozialen Kontext in dem man sich bewegt. Bis auf eine Freundin, die schlicht erklärte Fleisch schmecke ihr nicht und die auch schon als Kind kein Fleisch aß, brachten alle diese Vegetarier diese universalen Gründe hervor: „Wenn die Menschen kein Fleisch essen würden, wäre das -besser für die Umwelt, – könnten alle satt werde,- würde weniger CO2 ausgestoßen, weniger Wasser verbraucht…. Tiere töten ist falsch…Tiere gefangen zu halten ist Quälerei…“ All diese Argumente enthalten implizit Werturteile über diejenigen die Fleisch essen oder herstellen und darauf hinauslaufen: „Vegetarier sind die besseren Menschen.“ Umgekehrt also die These „Ihr Fleischesser seit die schlechteren Menschen.“ Das ist der Grund warum solche Diskussionen schnell emotional werden, selbst wenn die Pro-Vegetarismus-Fraktion vermeintlich nur Fakten herunterrasselt. Ich glaube nicht, das auch nur einer von diesen damaligen Teenagern seine Argumente aus eigenen Überlegungen bezog oder sie auch nur an der Wirklichkeit überprüft hat – es waren übernommene Positionen, die sie irgendwo aufgeschnappt hatten. Im besten Fall waren es Rationalisierungen für das eigene Essverhalten, in den meisten Fällen folgte das Essverhalten der sozialen Norm innerhalb der Gruppe. Nun wäre da alles unproblematisch, solange es private Marotten bleiben, doch ein Vegetarier nimmt eben auch Einfluß darauf was in seiner Familie oder seinem Freundeskreis gegessen wird. Da für den Vegetarier ein fleichloses Gericht vorgehalten werden muß und dieses natürlich extra zubereitet werden muß, ist es für Gastgeber bzw. Für die Mutter, die meistens kocht, einfacher eben nur ein vegetarisches Gericht anzubieten. (Sie können bei Nassim Taleb in „Skin on the Game“ nachlesen wie der Mechanismus bei intoleranten Minderheiten funktioniert, die auf diese Art einen überproportonalen Einfluß auf die Gesellschaft erlangen). Die Entscheidung eines Familienmitgliedes oder einer Person im Freundeskreis, wirkt sich also auf einen größeren Personenkreis aus, der dieses zu akzeptieren hat, sonst ist man ja „intolerant“ und implizit durch die dabei geführten Diskussionen ein tendenziell schlechterer Mensch. (Dieses Schema kommt Ihnen möglicherweise auch aus anderen Bereichen bekannt vor)
        Meine Schwester hat seit zwei, drei Jahren nun einen anderen Freund, der nun wiederum vor jedem Salatblatt Reißaus nimmt. Seitdem ißt sie auch wieder (gelegentlich) Fleisch.

        Bei all diesen anderen Themen, die sich irgendwie im „Clusterfuck“ eingefunden haben ( Masseneinwanderung, menschengemachter Klimawandel, Impfpflicht, Fleischverzicht, Evolution, sechs Mio., Bienensterben, Dekonstruktion, Dieselverzicht etc) gilt im Prinzip das Gleiche: entweder haben sie eine absolute moralische Position, was richtig und falsch ist. Dann enthalten Urteile zu diesen Themen auch implizit Werturteile über die Verfechter dieser jeweiligen Positionen (Gut/Böse). Mit dem Hinweis auf diese Akkumulation von Themen auf der einen oder Seite im poltischen Lager, geben Sie auch schon einen Hinweis darauf, wie diese entsteht: man hört die jeweiligen Argumente des sozialen Umfelds, steht ihnen anfangs eher gleichgültig gegenüber, verinnerlicht sie aber schließlich durch vielfache Wiederholung nach und nach. Durch das Anhaften von Werturteilen an diesen Positionen tut sich ein moralischer Graben zu denen mit der Gegenposition auf. Leider funktioniert hier auch: „Dann trefft euch doch irgendwo in der Mitte“ – nicht, denn ein solcher Kompromiss kann meist weder die Zielvorstellungen der einen Seite, noch die der anderen Erfüllen. Der Schlüssel liegt darin gemeinsame Zielvorstellungen zu finden, auf die hin man dann versuchen kann zu optimieren. Leider gibt es in all den genannten kontroversen Themen aber reichlich Einflußfaktoren, die Sie nicht kontrollieren können (z.B. die Haltung anderer souveräner Staaten dazu, andere Klimafaktoren als CO2 oder menschlische Grundbedürfnisse, wie Nahrung und Wärme, die automatisch Energieverbrauch, Flächenverbrauch, Umweltverschmutzung nach sich ziehen und Gegenwehr provozieren würden, versuchte man sie von oben herab einzuschränken.)

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        • In aller Kürze – morgen kommt ohnehin der zweite Teil, der sich hauptsächlich mit Ihrer ersten Erwiderung beschäftigt:

          Durch alle Ihre Argumente zieht sich das Entweder-Oder, das ich für falsch und für unrealistisch halte. Ihre Überlegungen gehen stets vom Absolutum aus und das gibt es in der Regel nicht, denn das Absolute ist das Ende. Die Welt aber ist in Bewegung und Veränderung und solange das so ist, gibt es in der Regel nur ein mehr oder weniger.

          Das war der eigentliche Punkt meines Artikels: Der Mensch ist schwach – diese Schwäche sollte ethisch mitgedacht werden. Man überfordert ihn mit ethischen Absolutismen. Man sollte moralische Vervollkommnung anerkennen, aber Vorsicht vor den Perfekten und Perfektionisten. Sie sind eine reale Gefahr und intrinsische Lügner. Niemand wird je perfekt gut und vollkommen sein, aber jeder kann besser werden.

          „Wenn das Töten von Tieren (zu Nahrungszwecken) prinzipiell falsch ist, dann ist es auch bei einer Reduktion um den Faktor 10 noch falsch.“ Ja, aber um den Faktor 10 weniger – und das wäre ein bedeutender Faktor.

          „Über all diese Aspekte gibt es wahrscheinlich Regalkilometer von Literatur, die weder Sie und noch ich hier ausreichend berücksichtigen könnten…“ Einfach nur weniger davon wäre schon ein Erfolg. Die Unübersichtlichkeit der Diskussion enthebt uns nicht, darüber nachzudenken und Schlüsse zu ziehen, wohl wissend, daß sie auf schwankender Basis getroffen werden.

          „Ich selbst würde mir nicht anmaßen darüber zu entscheiden, welche einzelnen Maßnahmen nun z.B. Ökologisch sinnvoller wären“ – Ich auch nicht in jedem Falle aber es gibt Fälle, in denen man das kann. Der flächendeckende Einsatz von nachgewiesenermaßen problematischen Pestiziden z.B., dürfte den meisten verändernswert erscheinen. Und wenn ich im Garten den Eimer nehme statt des Giftes oder die Wiese stehen lasse, dann habe ich diese Entscheidung auch lebensweltlich verwirklicht. Ihre Position läuft Gefahr vollkommen unpolitisch zu werden. Wenn Sie das dann konsequent durchziehen wollen – denn Konsequenz scheint ja eine bedeutende Größe bei Ihnen zu sein – dann sollte das auch auf die Migration u.a. angewandt werden.

          „Ähnlich wie die CO2-Debatte“ – Unabhängig von der Klimadebatte erscheint mir die Idee, weniger Abgase in die Luft zu blasen, als selbstevident. Das wäre auch anzustreben, wenn weder Diesel noch Erderwärmung eine Rolle spielten. Jeder empfindsame und denkende Mensch sollte das einsehen können (auch Plastik, Müll, Verschwendung von Ressourcen etc.).

          „die Frage der sinnvollsten Lösung“ – stellt sich für mich nicht, nur die, nach sinnvollen Lösungen.

          „Offensive Vegetarierin wurde sie aber erst…“ – Das Problem des Vegetarismus ist diese „Offensivität“, die ich ablehne und die mich genauso stört, die auch kontraproduktiv ist. Wenn jemand bei uns früher kein Rotkraut gegessen hat, dann hat er es einfach nicht gegessen. Niemand hat sich daran gestört. So hat sich der Vegetarier zu verhalten: Was er nicht ißt, ißt er nicht ohne große Worte zu machen.

          „brachten alle diese Vegetarier diese universalen Gründe hervor: „Wenn die Menschen kein Fleisch essen würden, wäre das -besser für die Umwelt, – könnten alle satt werde,- würde weniger CO2 ausgestoßen, weniger Wasser verbraucht…. Tiere töten ist falsch…Tiere gefangen zu halten ist Quälerei…“

          Ob diese Gründe Werturteile beinhalten ist sekundär. Sie sind entweder falsch oder richtig. Sind sie richtig, müssen sie vorgebracht werden können (natürlich auch, wenn sie falsch sind – dann widerlegt man sie und basta). An sich sind sie wertfrei. Wenn der Nichtvegetarier sie als Vorwurf empfindet, ist das sein Problem – vermutlich beruhend auf der Einsicht, daß sie valide sind und ergo schlechtes Gewissen bereiten. Ich bringe sie auch vor ohne Vegetarier zu sein. Entscheidend ist freilich der Ton und die Gefahr, es zur Erlösungsreligion zu machen, ist in der Tat groß. Man muß das Ungenügen des menschlichen Charakters stets mitbedenken. Aber die Psychoarbeit sollte hier auf der Empfängerseite ansetzen. Nicht wir – die Fleischesser – haben die Vegetarier darüber zu belehren, wie sie zu sprechen haben, sondern uns selbst zu prüfen und zu schulen, gelassen mit diesen Situationen umzugehen.

          Noch einmal: Die Art und Weise, wie Vegetarier ihre Argumente vorbringen und ob sie sie ideologisieren, hat mit der Validität der Argumente unmittelbar nichts zu tun! Allerdings verführt die offenbar starke Validität viele zur Missionierung.

          „All diese Argumente enthalten implizit Werturteile über diejenigen die Fleisch essen oder herstellen und darauf hinauslaufen: „Vegetarier sind die besseren Menschen.“ – Das bezweifle ich. Wahrheit enthält keine Werturteile. Diese entstehen erst durch die Sprechsituation. M.E. sind Sie hier wieder zu absolut. An der Frage entscheidet sich nicht, wer der bessere Mensch ist, sondern nur, was die bessere Handlung vollbringt/unterläßt. Hitler hatte recht! – in dieser Frage. Das ändert an der Gesamtbewertung der Person wenig. Auch die Motive müßten in Erwägung gezogen werden. …

          „Die Entscheidung eines Familienmitgliedes oder einer Person im Freundeskreis, wirkt sich also auf einen größeren Personenkreis aus“ – Wir fordern es von fordernden Muslimen, warum sollten wir es nicht von fordernden Vegetariern verlangen: shut up und richte dich nach der Norm. Es gibt übrigens auch Vegetarier, die sich ihr Essen selber mitbringen und das ohne Aufhebens verzehren.

          „Bei all diesen anderen Themen, die sich irgendwie im „Clusterfuck“ eingefunden haben ( Masseneinwanderung, menschengemachter Klimawandel, Impfpflicht, Fleischverzicht, Evolution, sechs Mio., Bienensterben, Dekonstruktion, Dieselverzicht etc) gilt im Prinzip das Gleiche: entweder haben sie eine absolute moralische Position, was richtig und falsch ist.“

          Ich habe zu keinem dieser Themen eine absolute Position, zu einigen allerdings eine, die relativ weit fortgeschritten ist. Bei jeder behalte ich mir vor, durch überzeugende Argumente umgedreht oder doch wenigstens verändert zu werden. Ich vertrete meine Argumente, so lange ich diese für schlüssig halte. Indem ich sie vertrete, setze ich sie der Gefahr aus, widerlegt zu werden.

          Und selbstverständlich muß man die zahlreichen relativierenden externen Faktoren berücksichtigen. Prinzipiell halte ich eine Verringerung aller möglicher Belastungen durch das Auto für anstrebenswert, die hirnrissige, verbohrte und selbstzerstörerische Art und Weise, wie das etwa beim Diesel in D gemacht wird, macht mich aber zum entschiedenen Gegner dieser grünen Politik. Auch hier wäre die einfachste Lösung das Weniger: Weniger fahren – wo ist das Problem? Wie viele überflüssige Fahrten jeden Tag? Wie viele leere Autos? … Das wäre so einfach. Ich selbst fahre z.b: alle Kurzstrecken bis 20 km in der Regel mit dem Fahrrad. Wer darin einen Vorwurf sieht, ist selbst schuld. Aber ich weiß, daß andere Menschen dadurch – ohne ein einziges Wort – auf die Idee kamen, es selbst auch zu tun.

          Natürlich halte ich die Atomenergie für ein Grundübel unserer Zeit und für eine existentielle Gefahr, aber das hindert mich nicht daran, flexibel über den status quo nachzudenken und selbst eine Befürwortung atomarer Aufrüstung nicht prinzipiell abzulehnen usw.

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