Der große Austausch?

Wir bewegen uns hier in einem Bereich, in dem die Information strengstens politisch gefiltert und kontrolliert wird. Der politisch-mediale Komplex hat offenbar einhellig beschlossen, daß keine Debatte über dieses Thema zugelassen werden darf … Renaud Camus

Hin und wieder wundert sich ein Pressevertreter über den Begriff „Lügenpresse“ und den allgemeinen Vertrauensverlust. Dabei sind die Beispiele Legion, ich könnte jeden Tag ein halbes Dutzend Artikel schreiben – finde es aber zu langweilig.

Dieser hier jedoch hat mich gereizt: „Ausgetauschte Völker und Kinderpornos in der Pizzeria“ von einem ganzen Autorenteam in der „Süddeutschen Zeitung“. Die „Süddeutsche“ war noch bis vor wenigen Jahren ein Flaggschiff des Qualitätsjournalismus, mittlerweile ist sie zu einem vollkommen unausgewogenen Propagandaorgan verkommen, seit Krach und Prantl – sicher nicht zufällig im Jahre 2015 – das Zepter übernommen haben.

Schreibt also Alex Rühle über den „Großen Austausch“ als Verschwörungstheorie: Renaud Camus – auf den der Begriff zurückgehe – „raune“ (ein Lieblingswort der Linken!) von einer „gezielten ‚Gegen-Kolonisierung‘. Die arabischen und nordafrikanischen Länder würden ihre Jugend nach Europa schicken und dort rüde und rücksichtslos die alteingesessene Bevölkerung vertreiben. Dem ,internationalen Kapital‘ kann das nur recht sein, kommt es doch so an billige Arbeitskräfte. Die Regierungen planen deshalb hinterrücks den Austausch der Arbeiterschaft bzw. die „Auflösung“ des eigenen Volkes.“

Die offensichtlichen Lügen habe ich kursiv gesetzt! Vielleicht ist es auch nur Unwissenheit? Vielleicht hat Rühle das Buch Renaud Camus‘ nicht gelesen? Mag sein – aber dann bitte Klappe halten!

Ich hingegen habe das Buch zufälligerweise vor einem halben Jahr gelesen – 2016 erschien ein Sammelband bei Antaios, darin findet sich der zentrale Essay „Der große Austausch oder: Die Auflösung der Völker“.

Das Buch hatte übrigens keinen nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht, einen Denker von Format konnte ich in Camus nicht ausmachen, sein Verdienst hat er als Wahrnehmer, Stichwortgeber und mutiger Mahner, der auch die soziale Isolation, die juristische Verfolgung und den Haß der politischen Gegner nicht scheut.

Schon beim Titel sollte man aufhorchen: „Der große Austausch oder: Die Auflösung der Völker“. Was bedeutet dieses „oder“? Drückt es eine Gegenüberstellung, einen Gegensatz oder eine Variante, eine Erläuterung aus? Wohl doch letzteres: Schon hier haben wir Rühle entlarvt! „Großer Austausch“ heißt: „Auflösung der Völker“ und die Auflösung der Völker, ihre Verwischung ist ein allerorten einfach zu sehender Prozeß, dessen Existenz anzufechten den Verlust der intellektuellen Satisfaktionsfähigkeit bedeutet.

Camus‘ Ausgangsfrage: „Wenn man nun mit bloßen Augen erkennen kann, daß ein Volk mit rasender Geschwindigkeit gegen ein anderes oder mehrere andere ausgetauscht wird, auf seinen Straßen, in seinen althergebrachten Wohnbezirken, in seinen Stadtgrenzen, in seinen U-Bahnen, in seinen Schulen, auf dem Fernsehschirm und in seinen ältesten Dörfern, handelt es sich dann wirklich noch um dasselbe Volk, auch wenn sein offizieller Name derselbe bleibt?“ (45)

Hier offenbaren sich auch Camus‘ Grenzen, denn der Austausch „gegen ein anderes oder mehrere andere“ Völker findet insofern nicht statt, als nicht eine feste Größe durch eine oder mehrere andere ausgetauscht wird, sondern durch eine flüssige, identitär nicht mehr benennbare Größe, deren Zusammenhalt – sollte es ihn geben – kein volklicher mehr sein wird, sondern maximal ein religiöser oder, sollte Habermas doch recht haben, ein verfassungspatriotischer, also gesellschaftsvertraglicher. Das Buch enthält eine Reihe solcher Unschärfen.

Die Metapher vom „Großen Austausch“ beschreibt das Phänomen also nur ansatzweise, der Begriff deckt es nicht komplett ab, er kann nur einen Arbeitsstatus beanspruchen. Für Camus ist er „die Essenz und die äußerste Zuspitzung der Ideologie der permanenten Einwanderung“ (57). Derartige Äußerungen machen die Problematik des Bildes eines ökonomischen Tauschaktes deutlich.

Später konkretisiert Camus den Begriff und weitet ihn aus: „Der Große Austausch: damit ist zwar vor allem der Austausch eines Volkes gemeint, im konkreten Fall des eingeborenen französischen Volkes durch ein anderes Volk oder mehrere andere Völker; seiner Kultur durch die multikulturalistische Antikultur; seiner einst großen und viel bewunderten Zivilisation durch ein pluriethnisches ,globales Dorf‘, das seinerseits Rivale des muslimisch-fundamentalistischen Projekts der Eroberung der Welt für den Islam und ihrer Bekehrung zum Islam ist.“ (95) Ein Mal nutzt er auch den Begriff der „ethnischen Substitution“, der möglicherweise präziser ist, weil er weiter gefaßt werden kann, weniger konkret ist.

Austausch bedeutet aber auch, die Ersetzung „der ethnischen oder allgemeiner gesprochen historischen und politischen Faktoren durch ökonomische und soziale“ in den öffentlichen Debatten sowie der „sinnlichen Wahrnehmung“ durch die „Scheuklappen eines Diskurses“ (95). Die „klassischen oder archaischen Kriege“, die Camus auf unseren Straßen bemerkt, dürften als solche nicht mehr benannt werden, stattdessen spricht man im Klassenkampfvokabular, soziologisiert das Phänomen also, als fänden die Konflikte „innerhalb eines einheitlichen Volkes“ statt (94)

In seiner Schrift „Revoltiert“ macht Camus für den Großen Austausch ein „effizientes Zusammenspiel von drei benebelnden Faktoren“ aus, die da lauten: Schulwesen, „mediale Verblödung der Massen“ und „organisierter Drogenhandel“. Leider konnte ich keine Erklärung für diesen Kategorienwechsel finden.

Rühle unterstellt Camus ja ein doppeltes Aufdecken von Plänen. Zum einen planen die (europäischen) Regierungen hinterrücks den Austausch, zum anderen würden die arabischen und nordafrikanischen Länder ihre Jugend (gezielt) nach Europa schicken und dort rüde und rücksichtslos die alteingesessene Bevölkerung vertreiben.

Man muß schon etwas beschränkt sein, um die zahlreichen textinternen Warnungen Camus‘ vor zu simplizistischen und deterministischen  Darstellungen zu überlesen, aber man agiert bösartig und mit offensichtlicher Agenda, wenn man die ausdrücklichen Distanzierungen überliest. Camus spricht eindeutig von einer „unglaublichen Fahrlässigkeit“ bzw. „einer totalen Besinnungslosigkeit“ (65) der politischen Entscheidungsträger, um damit ebenjenen Verschwörungstheorien vorzubeugen. Nirgendwo wird ein „großer geheimer Plan“ einer sinistren Macht unterstellt, sondern ein objektiv ablaufender Prozeß beschrieben und die falsche politische Reaktion darauf, die in einer Ideologie wurzelt, analysiert. Diese Ideologie sei das eigentliche Übel.

Mehr noch, er schreibt unmißverständlich: „Ich glaube kaum, daß sich eines schönen Tages eine Gruppe von mächtigen und übelwollenden Personen in einem Büro, einem Salon oder einem Konferenzsaal getroffen hat, um zu beschließen, Frankreich und sämtlichen Ländern Europas eine radikale Umwandlung ihrer Bevölkerung aufzuzwingen“ (61), wendet sich also ganz ausdrücklich gegen verschwörungstheoretische Erzählungen! Er erachtet es für „fruchtlos, darüber zu streiten, wer nun die Verantwortung dafür hat, die Auflösung der Völker erlaubt, gewollt, ermutigt zu haben“ (67).

Das ändert nichts daran, daß es Gewinner des Austausches gibt, die demnach auch ein genuines Interesse haben, ihn weiter zu unterstützen oder doch zumindest nicht abzubremsen und diese Gewinner müssen mit Namen und Adresse benannt werden dürfen.

Zum einen sind das bestimmte politische Parteien, die aus dem Thema politischen und ideologischen Profit schlagen, ihre eigene Legitimität damit begründen, die aber auch durch den immer stärker werdenden Faktor der ethnischen Wahl[1] – „mehr als drei Viertel der Neo-Franzosen haben während der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen des Jahres 2012 für die Kandidaten der Sozialisten gestimmt“(54) – sich kurzfristige politische Macht versprechen, selbst wenn der Kollateralschaden irreversibel und systembedrohend ist. Diese vor allem linken Parteien müssen dem Migranten demzufolge Versprechungen machen, müssen den Einwanderungsprozeß am Laufen halten, die Einwanderung alimentieren, um diese wachsende Klientel bei Laune zu halten.

Zum anderen sind das natürlich auch „die Arbeitgeber“. Es genügt ein Blick auf die Gastarbeiterepoche, um zu begreifen, daß die Arbeitgeber „es für eine gute Idee hielten, weitere Anreize zur Einwanderung zu schaffen, sahen sie doch die Chance, sich ebenso unerschöpfliche wie billige Arbeitskräfte zu erschließen, mit deren Hilfe man gleichzeitig die Lohnforderungen der Eingeborenen im Zaum halten konnte.“ (55) Das sind ganz basale ökonomische Prozesse, die die linke Denktradition selber erst aufgedeckt hat.

Fast marxistisch klingt Camus, wenn er den „dürftigen Patriotismus“ des Kapitals beschreibt: „Getrieben von einem rein ökonomischen Denken, einer rein ökonomischen Sicht auf die Dinge, betrachteten sie das Gebiet des Vaterlandes als eine völlig abstrakte, ihrem Eigeninteresse dienende Angelegenheit, als einen zu ihrer Verfügung stehenden Aktionsradius für all ihre industriellen, kommerziellen und finanziellen Vorhaben, völlig losgelöst von allen anderen Erwägungen, seien sie emotionaler, hegender, bewahrender, ich wage kaum zu schreiben: patriotischer Art.“ (56) Diese Zeilen klingen nahezu wie ein Plagiat aus dem „Kommunistischen Manifest“.

Das führt letztlich zur dritten Variante: „Das ganze Volk ist unter den Zwang eines reinen Ökonomismus geraten, der sich jeglichen nationalen, patriotischen, ethnischen oder kulturellen Bewußtseins entledigt hat“ (57) – die Leidtragenden sind – um für einen Moment im marxistischen Duktus zu bleiben – durch ein „falsches Bewußtsein“ selber zum Träger der gegen sie gerichteten Ideologie und Verblendung geworden.

Wenn Camus die Akteure konkret benennt, dann tut er das – wie Marx – jenseits des Individuums: es ist die gesellschaftliche Funktion, die die Rollen verteilt:

„Die Herren des internationalen Handels, die Geldgeber des globalen Dorfes, die Unternehmer der globalisierten Industrie, die Manager der übernationalen Konzerne, die Schar der Manipulateure und Spekulanten, die vom Ausverkauf oder auf Kosten der Vergangenheit leben: auf dem ganzen Planeten haben sie sich die Sichtweise zu eigen gemacht, daß einer Welt ohne Nationen, ohne Grenzen, ohne Unterschiede der Vorzug zu geben ist. Der Große Austausch unseres Volkes ist nur eine, wenn auch besonders spektakuläre und – in unseren Augen, nicht in ihren – katastrophale Folge der Ideologie der universalen Austauschbarkeit aller Dinge, die ihrem Denken fundamental zugrunde liegt. Der austauschbare Mensch, eine entwurzelte Spielfigur, der man alle Ecken und Kanten ihrer nationalen, ethnischen und kulturellen Zugehörigkeit abgeschliffen hat, von Geburt an entortet, daher nach Belieben versetzbar, ein solcher Typ Mensch ist in den Augen der überbezahlten Geschäftsführer ein unverzichtbares Basismodul in der Maschinerie der planetaren Geld- und Güterströme“ (60f.)

„Es geht nicht darum, die Masseneinwanderung für sämtliche Übel verantwortlich zu machen, sondern einzugestehen, daß sie einige davon vehement verschärft hat.“ (103)

Der Vorwurf der „Verschwörungstheorie“ fällt wie ein Kartenhaus zusammen.

Ähnlich sieht es mit dem von Rühle angeführten Begriff der „gezielten Gegen-Kolonisierung“ aus. Camus ist sich der Problematik dieses Begriffes bewußt – immerhin hat er dafür jede Menge Kritik, von links und rechts, einstecken müssen. Die einen sahen darin eine Relativierung der imperialistischen Kolonialgeschichte, die anderen können in ihr die Kultivierungs- und Wertschöpfungsleistung nicht sehen, die ein Effekt der Kolonialgeschichte war (77). Zudem, das muß Camus zugeben, betrifft der Prozess der Einwanderung ja nicht nur ehemalige Kolonialstaaten, sondern umfasst mittlerweile ganz Mittel- und Westeuropa (72). Er hält an dem Begriff trotzdem fest, weil er ihm als taktisches Mittel dient, die Dinge in ihrer Dialektik und Drastik sichtbar zu machen.

Allerdings bewegt sich auch dieser Begriff ins Unscharfe, wenn er ihn später als „rasch fortschreitende Rekonstitution dominanter sozialer Modelle, die inzwischen zu regelrechten Gemeindeverbänden herangewachsen sind“ (128) bezeichnet.

Wie dem auch sei: an keiner Stelle wird, wie die „Süddeutsche Zeitung“ insinuiert, von einer gezielten, gesteuerten Einflußnahme arabischer, nordafrikanischer Länder oder muslimischer Gemeinschaften gesprochen.

Problematisch ist in diesem Kontext allenfalls der Begriff des „Eroberers“, insofern er einen bewußten Eroberungsakt des Einzelnen evoziert. So viel historisches Bewußtsein traut Camus den kulturfremden Neuankömmlingen denn auch nicht zu. Sie stellten stattdessen „instinktiv genau jene Bedingungen wieder her, die die besagten Mißstände (in ihren Herkunftskulturen) nicht nur möglich, sondern unvermeidlich machen.“ (71) Instinktiv ist eben gerade nicht reflektiv.

Allerdings gibt es natürlich Politiker und religiöse Instanzen, die die Besiedlung Europas durchaus und auch ganz offen als Teil einer Eroberung betrachten – es ist allerdings zu bezweifeln, ob der je einzelne Migrant in diesem Kontext denkt oder nicht doch lediglich an seinen persönlichen Nutzen. Objektiv wird er damit freilich Teil des „Eroberungsprozesses“, ob er es weiß oder nicht, ob er es will oder nicht, es sei denn, er legt seine alte Identität ab und nimmt die des Gastgeberlandes an. Nur wenn man sie so versteht, scheinen Camus‘ Worte vom Eroberer bestehen zu können: „Und schließlich kommt hinzu, daß ein enormer, überproportionaler Teil dieser Schikanen, Belästigungen und Verbrechen den Eroberern eindeutig als objektives Mittel ihrer Eroberungsstrategie dient.“ (90)

(Was mir an diesen Worten zudem nicht gefällt, ist die unausgesprochene Unterstellung, Migranten wären in der Masse und zwangsläufig kriminell. Man muß es immer wieder wiederholen: auch im Islam ist unmoralisches Handeln nicht statthaft! Dieses Moralkorsett, das anders als unseres begründet ist, haben die meisten dabei. Auch wenn die Kriminalitätsrate unter den Migranten höher ist und auch höher sein muß – aus verschiedenen Gründen – ist sie relativ gering; die übergroße Mehrzahl dieser Menschen führt ein integeres Leben ohne aktiven Diebstahl, sexuelle Belästigung etc. Die steigende Kriminalitätsrate ist ein statistischer Wert, der nicht auf das Individuum heruntergebrochen werden darf!)

Zum Schluß: Was die „Süddeutsche“ natürlich verschweigt, sind Camus‘ wesentliche Gedanken, den Umkehrprozess demokratisch, gewaltfrei, menschlich, ökologisch und europäisch zu gestalten. Wir haben es hier mit einem offenbar warmherzigen, mitfühlenden Menschen zu tun, der die europäische Idee retten will und sie gerade durch die EU gefährdet sieht, der sich für einen allgemeinen Geburtenrückgang – auch in Europa – einsetzt, weil die Überbevölkerung die Kapazitäten eines endlichen Systems übersteigt.

Seine Sensibilität zeigt sich auch im Eingeständnis des Schmerzes, den er und seinesgleichen (mich inbegriffen) fühlen, wenn sie zusehen müssen, wie alles Eigene an Kultur, Sprache, „Seele und Geist“, an „Heimat und Land“ verspielt wird.

Der eigentliche Skandal am Artikel der „Süddeutschen“ ist jedoch dieser: Man setzt dieses legitime Denken und Sorgen gleich mit absurden Verschwörungstheorien, mit Reptiloiden, Chemtrails und Pizzagate. Damit hätte sich jede ernsthafte Auseinandersetzung mit Rühle, Prantl und Co. eigentlich bereits erledigen müssen – wenn es nicht gegolten hätte, einen kleinen Schatz zu bewahren:

Renaud Camus: Revolte gegen den Großen Austausch. Schnellroda 2016. 221 Seiten

PS: Es versteht sich von selbst, daß die Beiträge über Jean Raspails „Heerlager der Heiligen“ – mein Verdikt dazu hier –, oder „Weltenlenker Soros“ ähnlich zerpflückt werden könnten.

[1] Die Senats-Wahl in Alabama hat dieses Phänomen gerade überwältigend sichtbar gemacht!

Siehe auch: !Lesewarnung! – Raspail

13 Gedanken zu “Der große Austausch?

  1. lynx schreibt:

    Nur zwei kurze Gedanken dazu:
    1. Rühle hat sich ja nicht ausschließlich auf Camus bezogen sondern ist viel mehr einer Stimmung im Land nachgegangen. Wenn Sie einschlägige Blogs der rechten Einheizer und ihre Kommentarspalten studieren, dann finden Sie unschwer das Material, bei dem sich Rühle bediente, teils Wort für Wort.
    2. Als in Bayern lebender, der sich ein wenig mit der Geschichte der Bayern hin und wieder beschäftigt, muss man sich doch fragen, was dieses ganze identitäre Gequatsche eigentlich soll. Gerade Bayern ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich ein zunächst undefinierbares Gemenge von Völkerschaften eine Identität verpassen kann, aus der Auseinandersetzung mit ethnisch wohl homogeneren Stämmen im Umfeld, und am Ende sogar als besonders homogen erscheint – ist das nicht kurios? Man könnte gut bayerisch sagen: das Sein ist nichts, der Wille zum Sein ist alles. Warum sollen wir uns für immer und ewig mit einem Durchgangsstadium unserer Geschichte zufriedengeben und dieses festschreiben wollen? Vertun wir nicht die Chance, dass etwas Besseres nachkommt? Schade, dass man Stammvater Agilulf nicht mehr befragen kann.

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    • Nur ein paar kurze Antworten dazu:

      1. Rühle hat ausdrücklich auf Camus bezogen, sein erster Abschnitt lautet: „Der Ausdruck vom „großen Bevölkerungsaustausch“ stammt von dem französischen Autor und Politiker Renaud Camus, der in seinem Buch „Le grand remplacement“ von einer gezielten „Gegen-Kolonisierung“ raunt: Die arabischen und nordafrikanischen Länder würden ihre Jugend nach Europa schicken und dort rüde und rücksichtslos die alteingesessene Bevölkerung vertreiben. Dem „internationalen Kapital“ kann das nur recht sein, kommt es doch so an billige Arbeitskräfte. Die Regierungen planen deshalb hinterrücks den Austausch der Arbeiterschaft bzw. die „Auflösung“ des eigenen Volkes. Und die kulturelle Elite sieht in ihrer läppischen Naivität nicht, was die Stunde geschlagen hat, sondern freut sich über multikulturelle Lebensbereicherung. Camus-Leser verweisen gern auf Jean Raspail ….“

      2. Treibe ich mich nicht auf Blogs rechter/linker Einheizer herum – es sei denn, sie sind intelligent

      3. „dieses ganze identitäre Gequatsche“ ist so lange Gequatsche, so lange man sich nicht damit beschäftigt. Hätten Sie es getan, dann hätten Sie hier nicht so viel Quatsch erzählt, denn fast nichts, was Sie darüber phantasieren, ist irgendwo geschrieben oder gemeint, sondern das sind die üblichen Vorurteile der Linken, die sie in allen müden Medien weiter verbreiten. Geschichte – das sagt der Begriff schon – ist immer im Durchgangsstadium, und kein vernünftiger Mensch hat das je angezweifelt. Trotzdem empfinden sich die Franken in Bayern auch nach 1500 Jahren noch immer als Franken… Und die Araber werden sich auch in 1500 Jahren in Europa noch als Araber empfinden. Und Sie schreiben noch immer aus Bayern und nicht aus dem Wunderland. Man könnte gut logisch sagen: Geschichte ist, was ist, die Einsicht, das zu akzeptieren, ist alles.

      4. Ich glaube (nicht mehr) an „das Bessere“ – besser ist, „das Bessere“ ist, das Gute erhalten. (Und aus dem, was Sie für das Bessere halten, kann objektiv noch nicht mal was Gutes werden!)

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      • lynx schreibt:

        Zur Verdeutlichung meiner Position: Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass Rühle sich auf Camus beziehe und dessen Aussagen wiedergebe, wenn auch Ihrer Ansicht nach nicht richtig. Mein Punkt ist der, dass genau die Formulierungen, die Rühle anführt, so in einschlägigen Blogs verwendet werden und damit Stimmung gemacht wird (David Berger, Jürgen Fritz…). Man könnte dann sagen: die haben Camus auch nicht gelesen, wahrscheinlich ist das so. Aber die Begriffe sind in der Welt und sie werden instrumentalisiert, zunächst nicht von den Linken.

        Die Reutourkutsche zum „identitären Gequatsche“ ist billig, falsch und passt so gar nicht zu Ihrem sonstigen Stil? Keine Argumentation. Ich vermute weil schwierig, wenn man ein gewisses historisches und evolutionäres Bewusstsein hat. Was Franken und Bayern angeht, liegen Sie einfach nur daneben. Dieses eher rezente Geschehen habe ich auch nicht gemeint. Viel eher die Anfänge der Bayern aus einem Völker- und Sprachengemisch von Römern, Kelten, diversen Germanen, womöglich Dakern und anderen östlichen Völkern, das ganze Gemenge um den Limes herum, als die Römer allmählich abzogen. Das hat übrigens auch historisch rein gar nichts mit den Franken zu tun, die Sie meinen.

        Und woher Sie Ihre Prognosen beziehen? Über Araber, das „Bessere“? Klingt ziemlich hoffnungslos und entsteht vielleicht vor dem ungarischen Hintergrund, den Sie, wie ich finde, neulich sehr zutreffend beschrieben haben.

        Ihr Schlussatz dazu, „Geschichte ist, was ist, die Einsicht, das zu akzeptieren, ist alles.“, ist einfach, auch logisch, falsch, denn was wäre dann die Gegenwart? Die hat sich aufgelöst zwischen einer Geschichte, von der sie komplett okkupiert wird und einer Zukunft, die nach diesem Weltbild möglichst gar nicht anfängt, es sei denn sie wäre eine lineare Verlängerung der Geschichte in ihrer bisherigen Form? Sie kennen ja den Fehlschluss vom „Ende der Geschichte“, der auch eine Wunschvorstellung festschreiben wollte: irgendwie klingt das danach – als würde nichts mehr nachkommen.
        Ich glaube, ich habe das an anderer Stelle schon gesagt: für sich persönlich kann man das alles so sehen und praktizieren, das sei Ihnen selbstverständlich unbenommen. Aber eine Gesellschaft, gar ein Staat, der fortleben möchte, kann so nicht handeln. Da ist doch etwas mehr Flexibilität gefragt. Das wird auch Trump noch merken (oder hat er schon) und auch die Ungarn et al.

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        • Man unterscheidet zwischen Geschichte als Geschehen – das, was ist – und als Narration – das, was davon als Erzählung übrigbleibt. Diese Narration ist selbst wirkmächtiger Teil der Geschichte. Reinhard Koselleck hat in „Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten“ die Geschichte als „Kollektivsingular“ bezeichnet und damit den Prozeß der Herauslösung der historischen Erzählung aus den anderen Erzählungen beschrieben. Wir müssen das, was geschieht, erzählen. Wie wir das machen, daran scheiden sich die Geister. Die einen erzählen es auf eine Zukunft hin, also immer am Imaginären – was sein soll – hin. Die anderen halten den Vergleich mit dem Gewesenen für sinnvoller, weil wir diese Geschichte -als Geschehen und Erzählung – ja bereits „haben“, auch wenn man sie immer wieder umschreiben kann. Das setzt ein Akzeptieren des Geschehenen voraus. Ich muß nicht erwähnen, daß dies die konservative Sichtweise ist – schon deswegen kann der wirkliche Konservative „Auschwitz“ gar nicht verleugnen (er kann freilich die Erzählung davon anzweifeln).

          Ich kann da keinen logischen Fehler sehen. Die Gegenwart ist sich vollziehende Geschichte, ihr Erzählmedium sind die Tatsachen – sie kann freilich immer erst im Nachhinein reflektierend erzählt werden und sei es im Futur II. Die Zukunft gehört auch zum Geschehen und muß als solche akzeptiert werden. Wenn Sie mir unterstellen, sie als etwas zu begreifen, was „nach diesem Weltbild möglichst gar nicht anfängt“, dann ist das wieder Quatsch und eines dieser Klischees der Linken, daß „Rechte“ zukunftsfeindlich wären, keine Visionen hätten, das Mittelalter zurück wollen etc.

          Die Denkfigur des „Endes der Geschichte“ ist eine genuin linke, in der Apokalypse wurzelnde. Fukuyama hat nichts anderes gemacht, als Hegels absoluten Geist, mehr noch Marxens Kommunismus in Liberalismus und Demokratie zu übersetzen. Das war für die Rechte nie akzeptabel und ist seit einigen Jahren nicht nur in der Theorie, sondern auch an der Evidenz gescheitert.

          Ich hatte meine Überlegungen dazu in „Die Geschichte der Zukunft“ offen gelegt.

          Meine etwas derbe Reaktion war Ihrer scheinbaren Lesefaulheit geschuldet – sowohl den Rühle betreffend, als auch die Rede vom „identitären Gequatsche“. Das ist Özoğuz-Niveau. Kritisieren Sie die Texte – die man natürlich erst kennenlernen muß – und nicht die Meinungen.

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          • lynx schreibt:

            Zum ersten Absatz: keinen Einwand, eher Einverständnis. Im zweiten Absatz wird es aus meiner Sicht zweifelhaft: zu den ursprünglichsten Ingredenzien des italienischen Faschismus gehört der Futurismus in einer gar nicht linken Form. Und wozu diese stets unbegründete „Linkenklatsche“ als Totschlagargument?
            Warum ist Apokalypse genuin links? Arbeiten nicht gerade rechte Apologeten mit Untergangsszenarien und einer „Wiedergeburt“? Dass Fukuyama Schmarrn ist, darin stimmen wir überein.
            Und Argumente pro-identitärer Haltungen vor einem geschichts- und naturwissenschaftlichen Hintergrund? Ist mir bislang nichts untergekommen. Oder haben Sie einen (wissenschaftlich relevanten) Tipp?

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            • Pérégrinateur schreibt:

              Ich denke, mit der Apokalypse im dritten Absatz war schlichtweg das letzte Buch des Neuen Testaments gemeint, das in der Tat in einer eschatologischen Tradition steht: „Das Ende der Zeiten ist nahe“ / „Das Himmelreich ist nahe“ / „Die friedlich vereinte Menschheit ist nahe“ usw. Eschatologie wiederum ist ein periodisch wiederkommender Massenwahn bei den Anhänger des linear-progressiven Geschichtsmodells. Für mich mutet die Geschichte eher wie ein random walk an und ich mag nicht an einen selbstverständlichen Fortschritt glauben oder mich sogar darauf verlassen – im Sinne welcher Werte auch immer aufgefasst.

              Ich würde John Grays Behauptung† nicht so zuspitzen wie womöglich unser Gastgeber – „Die Denkfigur des ‚Endes der Geschichte‘ ist eine genuin linke, in der Apokalypse wurzelnde“ – die Utopien stammten direkt (!) aus dieser jüdisch-apokalytischen Tradition. Ich glaube eher, dass diese anthropologische Möglichkeit eben manche Charaktere bevorzugt befällt und manchmal dann massenhaft aufkocht. Man sollte den Tatsachen ins Auge sehen: Manche brauchen eine Religion mit deren Versprechungen, dann haben sie auch eine, manchen brauchen eine Utopie, dann haben sie halt diese, und fast nichts kann sie davon abbringen. Die verheerenden Massenschübe rühren wohl von zeitgebundenen Bedürfnissen her.

              Rechts und links wären mir persönlich hierzu übrigens zu schlichte Etiketten. Aber es scheint mir unbillig, unserem Gastgeber apokalyptisches Denken zu unterstellen. Man kann nämlich auch im Geschichtsmodell prinzipiell skeptisch sein, sich aber von den je laufenden Ereignissen über die bevorstehende Zukunft bereitwillig instruieren lassen, indem man schlicht Tatsachen ungefiltert zur Kenntnis nimmt und aus ihnen Schlüsse zieht. Können Sie das auch, auch wenn das Moderne und deshalb anscheinend habituell für Sie Begrüßenswerte vielleicht einmal doch nicht so wünschenswert wäre?

              Wissen SIe noch, was für ein Geschrei sich über Sarrazins „Deutrschland schafft sich ab“ in der Öffentlichkeit ertönte? Ich habe, da immer skeptisch, wenn alle bestallten Wohlmeinenden einer Meinung sind, das Buch vor allem dessetwegen gelesen und darin einen Ökonomen gefunden, der schlicht aufgrund der verfügbaren Zahlen mit ein bisschen Tabellenkalkulation die anstehende Entwicklung ceteris paribus prognostiziert. Wieviele seiner vehementen Bekämpfer, meinen SIe, haben sich der kleinen Mühe der Rechnung unterzogen, und wie viele haben sich schlicht auf ihre moralische Überzeugung gestützt, dass das einfach nicht so sein darf? Wieviele Energiewendler haben auch nur einmal überschlagen, welche Menge an jahreszeitlicher Pufferung der erzeugten elekrtischen Energie man hinbekommen kann? Der Tatsachensinn ist nicht sehr beliebt.

              Zugestehen muss ich Ihnen allerdings, dass die sogenannte (moderne, sozietale, moralisierende – nur damit SIe mich richtig verstehen) Linke mit ihrem „Wehret den Anfängen, und der Anfang ist ja schon da, wenn man nicht genauso denkt wie ich“ überhaupt kein Bisschen gar nicht untergangshysterisch ist …

              † John Gray, “Black Mass: Apocalyptic Religion and the Death of Utopia”

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              • lynx schreibt:

                Ihre Beschreibung Sarrazins als Buchhalter und Tabellen-Freak gefällt mir, ein echter Finanzbeamter. Was wäre eine Firma, eine Gesellschaft ohne solche Leute? Sie sind wichtig zur Überprüfung der Fakten und als Korrektiv. Sie sind aber keine Gestalter. Was wäre eine Firma, eine Gesellschaft ohne die Leute, die eine Idee davon haben, wie es weitergehen kann, wo die Erfolge von morgen liegen, die den heutigen Wohlstand für die Zukunft absichert? Da sind Buchhalter i.d.R. nicht die besten Ratgeber, aber unverzichtbare Helfer. Und da überschätzen sich halt Sarrazin und Seinesgleichen. Würden wir ihnen folgen, wäre Stillstand und Rückschritt, weil wir uns nur noch in unsere Tabellen vergraben würden und nicht merken, dass die Welt um uns herum sich heftig verändert. Seien es verrückte Steuergesetze in den USA oder Stellvertreterkriege in Vorderasien mit ihren unmittebaren Auswirkungen auf uns.
                ———————————
                Noch ein nachgetragener Gedanke zum Tabellenstudium: immer wichtiger wird, was die Einschätzung der Lage angeht, die Auswertung von Satellitenbildern. Da gelangt Vieles nicht an die Öffentlichkeit, ist wahrscheinlich auch besser so. Da zeigt sich, was man so hört, ein Bild unserer Welt, das unsere kleinlichen Debatten geradezu verhöhnt und wohl dringend verlangt, etwas größer zu denken… Und da sind wir wieder am Anfang, bei den Verschwörungstheorien, die so eine wunderbar einfache Flucht aus der Wirklichkeit darstellen.

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                • Ulrich Christoph schreibt:

                  Sie vergleichen den Sozialdemokraten Herrn Sarrazin mit einem Buchhalter? Während seiner Amtszeit als Finanzsenator von Berlin senkte er die desaströse Verschuldung Berlins um einen zweistelligen Milliardenbetrag. Tempi passati. Hätten die diversen grün-roten Interessenvertretungen im Regierungsviertel mehr „Tabellenfreaks“ wie Thilo Sarrazin auzuweisen, wäre mir um die Zukunft Deutschlands und Brüssels weniger bange. Würden Sie derartige Kommentare wie die beiden letzten beispielsweise in schweizerischen Medien hinterlassen, wären Ihnen einige Begegnungen mit dem Tatsachensinn gewiß.

                  Der Dresdener Finanzwissenschaftler Helmut Seitz, der seit Jahren die Finanzen der Bundesländer erforscht und vergleicht, nannte Sarrazin „unzweifelhaft den profiliertesten und erfolgreichsten Finanzpolitiker, den diese Republik jemals gesehen hat“.

                  „Stillstand und Rückschritt“, um Ihre Worte aufzunehmen, erleben wir gerade unter einer geschäftsführenden Bundesregierung, u. a. mit einer geschäftsführenden Vielzweckwaffe in Person von Herrn Altmeier (Tabellenfreaks sind dank Frau Merkel in Berlin gerade dünn gesät), während sich „die Welt um uns herum heftig verändert“. Dafür sorgt nicht nur der amerikanische, sondern, im EU-Maßstab, der französische Präsident –, beileibe kein Tabellenfreak sondern ein Mann mit genuin politischem Tatsachensinn. Beachten Sie die „unmittelbaren Auswirkungen auf uns.“

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                • Pérégrinateur schreibt:

                  Sie übersehen einen wesentlichen Punkt. Auch bei jeder auf die Zukunft ausgerichteten Politik hat man gefälligst die erwartbaren Folgen abzuschätzen, sonst ist diese nur Phantasterei im Nebel. Eben das tut Sarrazin und urteilt etwa deshalb, zu Recht oder nicht, die Einwanderung aus Südosteuropa bringe zwar auch manche Probleme, werde aber ohnehin durch den demographischen Wandel dort nach und nach austrocknen, also bitte Konzentration aufs Hauptproblem der nahöstlichen und afrikanischen Immigration. Was wurde ihm entgegengehalten? – Deutschland dürfe prinzipiell keinen Menschen abweisen, und überhaupt könne man das auch gar nicht. Traumtänzer, die tröten, man könne nicht, nur weil sie selbst anfangs aus Mangel an Courage nicht wagten, und da sie späterhin fahrlässige Versäumnisse in der Vergangenheit hätten durch die neue Praxis konzedieren müssen!

                  „Würden wir ihnen folgen, wäre Stillstand und Rückschritt, weil wir uns nur noch in unsere Tabellen vergraben würden und nicht merken, dass die Welt um uns herum sich heftig verändert.“ – Sie sind offenbar wieder in Ihr habituelles Spielchen geraten, das Argumentum ad novitatem, vgl.

                  https://en.wikipedia.org/wiki/Appeal_to_novelty

                  Ich drehe das Argument mal herum: Immer mehr Menschen und Staaten um uns herum werden „rechtspopulistisch“. Also ist der „Rechtspopulismus“ die Zukunft und sich ihm nicht anzuschließen wäre Stillstand und Rückschritt und ist also unbedingt zu meiden.

                  Zu Ihrem „nachgetragenen Gedanken“: Meine Tante hat mir erzählt, die Regenwürmer hätten letztes Jahr ein völlig neues Bewegungsmuster gezeigt, wie mit einer neuen Messtechnik ermittelt werden konnte. Das werde aber vor der Öffentlichkeit noch zurückgehalten. Also habe sie Recht, dass man Pfannkuchen immer nur in Schmalz braten darf.

                  Das ist also eine Fallacia non causae ut causae, ein unmotivierter Schuss von etwas, dessen Relevanz zur diskutierten Frage gar nicht dargetan wurde, und dann aparterweise auch noch zu einer Folgerung, die gar nicht genau benannt wird, die also sozusagen nur geraunt wurde. Diese Schlussweise ist mir ünrigens zuerst bei Lessing begegnet. Bekanntlich bekamen die Christen in seinem Jahrhundert Probleme, sich der klassischen Gottesbeweise zu bedienen. Wie hilft er sich da heraus? – Man solle doch einfach einen blühenden Baum anschauen, dann könne man doch gar nicht mehr an Gottes Existenz zweifeln. – Ich war, um es höflich zu sagen, nicht wirklich überzeugt.

                  Im übrigen wollte ich der vorstehenden Einschätzung von Ulrich Christoph beitreten. Wem es gelingt, den Berliner Etat wenn auch nur für ein Jahr auszugleichen, den muss man als einen überragenden, zu geradezu göttlichen Wundertaten fähigen Menschen ansehen.

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                  • lynx schreibt:

                    Dass Herr Sarrazin ein ordentlicher Finanzsenator war, dem werden wohl Wenige widersprechen. Eben ein guter Verwalter. Aber man stelle sich ihn vor in leitender Regierungsverantwortung…
                    Rechtspopulismus und Regenwürmer, nun ja, dünne Bretter. Meinetwegen bleiben Sie bei den Tabellen. Ändert eh nix an dem, was vor sich geht. Auch wenn man sich das noch so sehr wünschen würde. Denn letztlich verbindet uns das wohl alle hier: wir hätten gerne unsere Ruhe, insbesondere in unserem Elfenbeinturm. Schert aber keinen, insbesondere nicht die lebenshungrige Jugend in südlicheren Gegenden. Wer will es ihnen verdenken? Dafür brauchen wir Rezepte, nicht Besserwissereien vom Schlage Sarrazin.

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                    • Ulrich Christoph schreibt:

                      Dann fehlt nur noch ein Rezept, auch noch ein angenehm südliches Klima für *unsere* von trübem Regenwetter heimgesuchten Elfenbeintürme zu importieren. Aber der Meeresspiegel …

                      Da Sie sich Herrn Sarrazin nicht in leitender Regierungsverantwortung vorstellen mögen, habe ich Ihren Gedankenversuch auf eine Reihe führender, genauer: derzeit geschäftsführender, Regierungsmitglieder angewendet. Ich erspare Ihnen Details.

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                    • Es ist ein Graus…

                      „Schert aber keinen“ -> falsch.
                      „Ändert nix an dem, was vor sich geht…“ -> falsch.
                      „wir hätten gerne unsere Ruhe…“ -> falsch.

                      Sie bewegen sich in einem anderen Raum. Dahinein haben wir keinen Zutritt. Keine Ahnung, was das für ein Raum ist…mit dem bekannten Universum hat er jedenfalls nichts zu tun.

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    • Olaf schreibt:

      „Vertun wir nicht die Chance, dass etwas Besseres nachkommt?“

      Ein Hammer-Satz, könnte von der grünen Göring sein. Nein danke, die Chance will ich nicht haben

      Zur SZ fällt mir Doktor Schiwago ein: „Ich mag die Bolschewiken nicht, die lügen zuviel.“
      Also mich von linken Schreiberlingen über den Inhalt von kritischen Büchern „informieren“ zu lassen, fiele mir nicht im Traume ein.

      Seidwalk: Lynx hat sich hier abgemeldet – ob er trotzdem noch mitliest?

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