Haß im Netz

Kompaktes Wissen für kluge Köpfe“ – so heißt eine Video-Serie bei der FAZ, in der „die Welt“ in anderthalb Minuten erklärt wird. Folge 3: „Haß im Netz“

Diesmal soll es keine Medienschelte sein, obwohl das Filmchen eher zur Verdummung denn zur Aufklärung dient. Stattdessen fällt mir selber eine Geschichte ein, die nicht ganz ohne ist und ein wenig an das Schicksal der Justine Sacco erinnert. Ich bekam sie von einem Bekannten, dem Leidtragenden, erzählt.

Der junge Mann ist Deutscher und Absolvent der Royal Holloway University of London, Fachgebiet „Politics and International Relations“.

Kurz vor dem Brexit schreibt er auf seiner Facebook-Seite an seine britischen Freunde in ausgesprochen englischem Englisch, also freundlich, zurückhaltend, eher indirekt und andeutend:

Liebe Freunde,

es geht um die Zukunft Großbritanniens und Europas, um unser aller Zukunft.

Bevor ihr zur Wahl geht, solltet ihr die Möglichkeit einer Abstimmung im Sinne des Brexit nicht unerwogen lassen und genau darüber nachdenken, ob ein von der Europäischen Union unabhängiges Königreich nicht bessere Zukunftschancen haben könnte.“

So in etwa – ich zitiere der Sache nach, die Quelle ist nämlich versiegt.

Warum?

Weil der junge Mann sich plötzlich einem Shitstorm ausgesetzt sah, der ihn vollkommen kalt erwischt hatte. Einige Freunde versuchten es mit Humor oder Sarkasmus zu nehmen, der Großteil der Nachrichten war jedoch abweisend bis aggressiv und feindlich. Anfangs versuchte der junge Mann – selbst ein Luftikus, wie sein Studium ja bereits verrät – die Sache wegzulächeln und wegzuscherzen. Aber es nahm kein Ende, immer mehr Gülle ergoß sich über ihn, von Bekannten und Unbekannten, In- und Ausland, und es blieb ihm nichts anderes übrig – immerhin wollte er sich gerade bei einem „Business“ bewerben –, als seinen wohlgemeinten Rat nebst den vielen Anmerkungen zu löschen.

Hate speech, wie sie leibt und lebt, jenseits des medialen oder maasschen Auges.

Was lehrt uns die Episode, die scheinbar nie stattgefunden hat, deren Spur im virtuellen Nirvana verschwunden ist, die jedoch einen jungen Menschen ziemlich erschüttert – er wird es, wie alles, irgendwann abschütteln – zurückgelassen hat?

Wohl vor allem dies: Die Politische Korrektheit, welche sich nun in übereiligen Akten der Selbstkritik auch Politik und Presse zum Gegner erkoren hat, sitzt bereits unglaublich tief in dem, was man früher noch „Volksseele“ nennen durfte und wofür mir ein anderer Namen im Moment fehlt, fest.

Sie wirkt bereits von unten, sie quillt aus den Poren, sie ist der schlechte Mundgeruch vielleicht auch schon Deines Nachbarn oder Freundes!

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