Linkes Demokratieverständnis

Vom 16.9. bis 18.9. findet auf dem Rittergut in Schnellroda die Sommerakademie statt. Bei dieser teils akademischen, teils sozialen Veranstaltung des „Instituts für Staatspolitik“ werden Vorträge gehört, Diskussionsrunden veranstaltet, Bücher verkauft, Beziehungen geknüpft.

Man spricht über die „Lage 2016“, es werden Beiträge zur „Flüchtlingskrise“, zur Landwirtschaft, zum Brexit und TTIP, zu Rußland, zur US-Wahl, zu AfD und Pegida und zur Finanzkrise zu hören sein.

Der kleine Ort Schnellroda mit seinen 150 Einwohnern kennt derartige Termine und es hat ihn bisher noch nie aus dem Schlaf gerissen.

Das könnte diesmal anders werden. Seit Wochen und Monaten trommeln die Medien Alarm. Was letztes Jahr nur wenigen bekannt war, kennt heute jeder: „Neue Rechte“, „Identitäre“, „Sezession“, „Antaios-Verlag“. Der Tenor aller dieser Beiträge ist, in einem Wort: Nazis.

Dabei kann sich jeder, der auch nur einen kurzen Blick in ein Exemplar der „Sezession“ oder ein Buch aus der Feder eines Lichtmesz, Lehnert, Sellner oder Kubitschek wirft, sehen, wie halt- und hirnlos dieser Vorwurf ist. Auch wenn man die Positionen nicht teilt, ist das intellektuelle Niveau dieses Milieus anzuerkennen.

Man kann sich jederzeit argumentativ damit auseinandersetzen. Die Demokratie kannte viele Wege der seriösen Debatte.

Wem jedoch die Argumente ausgehen und zudem die Felle davonschwimmen, wer zudem von der Presse „sensibilisiert“ und mit Feindbild ausgerüstet wurde, der greift auch schnell zu anderen Mitteln.

sitte-schnellrodasitte-schnellrodaEin Spiel mit dem Feuer treiben namhafte Politikerinnen der „Linken“. Petra Sitte etwa, Bundestagsabgeordnete, oder Juliane Nagel, Landtagsabgeordnete. Sie rufen zu einer Demonstration auf: „Rechte Denkfabriken bestreiken“.

Mit antiquiertem Klassenkampfvokabular riskiert man die Eskalation, will man versuchen, eine vollkommen legitime und private Lehrveranstaltung zu sprengen und sozialen Unfrieden in ein Dorf zu tragen, das noch nie Probleme mit seinen prominentesten Einwohnern hatte.

Kubitschek muß die eigenen Kanäle nutzen, um zur Ruhe aufzurufen.

Mitorganisator Wanja Seifert bekommt Sprechzeit in mehreren Radiosendern und darf sich dort über die Deeskalationsbemühungen lustig machen und betonen, „mehr Aufmerksamkeit auf diesen Ort legen“ zu wollen. Die Moderatorin sekundiert gern: „Alle Zuhörenden sollten sich aufmachen, einen Abstecher nach Schnellroda zu machen.“ Oder: „Jeder und jede ist eingeladen“.

Jeder und jede – diese Botschaft von linken Orientierungssendern in die linksradikalen hochentzündlichen Brennpunkte Leipzig und Halle hineingesprochen, ist an Verantwortungslosigkeit nicht zu überbieten: es ist die Einladung für linke Chaoten im ganzen Lande, ihr Mütchen an einem Privatgebäude zu kühlen, in dem u.a. eine Familie mit sieben Kindern lebt.

Worum es geht, zeigt Wanja Seifert auf seinem Twitter-Konto: maximale Eskalation.

maximales Eskalationspotential

maximales Eskalationspotential

Das ist gelebte „Theorie des kommunikativen Handelns“ – mit anderen Mitteln.

5 Gedanken zu “Linkes Demokratieverständnis

  1. Ich war vor Ort. Es war erbärmlich. Es war großartig – was das IfS dagegen aufgeboten hat: Björn Höcke eingeladen zu einem spontanen Kurzbeitrag, Einwohner haben vor dem Veranstaltungsort Freibier und Grillwürstl verteilt, und der Pastor Thomas Wawerka, den die Evangelische Landskirche schändlicherweise vor zwei Wochen aus seinem Amt entfernt hat, weil er auf SiN kommentiert hat ( believe it!), hat eine wunderbar ergreifende Predigt ohne Larmoyanz gehalten.

    Erbärmlich war die Antifa – und mit einem extra Schmankerl für pérégrinateur 🙂 ein Plakat, auf dem (sic! Originalschreibweise) stand: INTELEKTUELLE RECHTE HALTS MAUL. Drei Fehler auf einem Pappplakat. Ein Mitveranstalter der Demonstration („DJ Silvan“) hatte angekündigt, die „sich allein gelassen fühlenden“ Einwohner zu schützen, welche sich eindeutig vor den angereisten vermummten Antifanten und nicht vor der Familie Kubitschek/Kositza und den Akademieteilnehmern gefürchtet haben. Nur dem Wirt des Tagungslokals geht’s nicht gut gerade wegen facebook-Drohungen, er beherberge Rassisten. Eine Mischung aus Mut und Angst stand in sein einfaches, freundliches Gesicht geschrieben.
    Alles ein sehr, sehr bedenkliches Demokratieverständnis, das mich mit Zuversicht erfüllt, daß es irgendwann massiv gegen den Baum fährt, aus sich heraus, Sie wissen schon, Widersprüche …

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  2. Pérégrinateur schreibt:

    Siehe da, man befürchtet also einen „fortschreitenden […]Ruck“. Vielleicht sollten die semantisch so kreativen Befürchter, die sich irgendwie in den höheren Ableitungen verirrt haben, vor Ort mal inchoativ die Verlaufsform üben, um ihr argumentatives Repertoire etwas zu bereichern.

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    • Die Sache scheint „friedlich“ abgelaufen zu sein. Dafür wurden 200 Polizisten mobilisiert, bei ca. 100 Demonstranten. Wenn man das Photo auf MDR aber sieht, dann ahnt man, daß die gewaltbereite Antifa vor Ort war: schwarze vermummte Gestalten. http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/halle/linke-gruppen-demonstrieren-schnellroda-100.html

      Auf Twitter scheint eine gewisse Ernüchterung durchzuklingen – vermutlich hat man sich ein bißchen mehr Zuspruch und Event versprochen. https://twitter.com/hashtag/Schnellroda?src=hash

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      • Pérégrinateur schreibt:

        Vor Jahren kam ich mal an einer Bushaltestelle mit so einem zumindest verbal „gewaltbereiten“ Jungmann ins Gespräch über dies und das. Er verkündete resolut „Gegen Nazis ist alles erlaubt!“, worauf ich erstaunt nachfragte, ob er das wirklich genauso meine, die Folgen ausmalte, aber dennoch volle Bestätigung bekam. Ich habe danach noch etwas die Linien ausgezogen, immer ironischer, aber das war offenbar kein Kanal, auf dem er sensibel gewesen wäre. Ein Gläubiger.

        Das sind an sich schon nette Aussichten auf ein friedliches Gesellschaftsleben, aber wenn dann noch dazukommt, dass man bei Bedarf alle und jeden zum Nazi erklärt, also sozusagen die demokratische Takfīr-Erklärung etabliert, dann wird es heiß. Hoffentlich dreht das Empörungsspiel bald leer, weil immer mehr Menschen allergisch gegen diese schrillen Heulbojen à la Claudia Roth werden. Vor einigen Wochen hat doch sogar ein SPD-Ministerpräsident im Osten bekundet, von diesen Selbstgerechten angeekelt zu sein. Und nach einem heftigen Blogartikel von Don Alphonso sowie der Behandlung des Themas auch bei Tichy ist jetzt die Denunzieranweisung neue-rechte.net der AAS jetzt auch schon einige Zeit geschlossen: „Eine Überarbeitung des Wikis »Neue Rechte« wird derzeit überprüft.“ Wenn man sogar gegen den Wind der Kanzlerinnenpartei pisst … dann muss man offenbar Abbitte leisten, indem man genauso verquast schreibt, wie selbige redet.

        Nachteilig für den wünschenswerten Wandel scheint mir aber zu sein, dass immer mehr Junge in diese bodenlosen akademischen Rechthaberfächer bzw. in diese Allerlei-Verschnitt-Studiengänge gehen. Auch wenn man gar kein spezifisches Talent hat, muss man ja heute trotzdem studieren, also nimmt man wohl am besten dann etwas Unfundiertes, Inkritikables, bei dem notfalls die Beherrschung einer Terminologie genügt, also Geschwätz. Das verlängert unter den heutigen verschulten Studienbedingungen im Mittel die Jugendphase und gibt am Ende viele schnell und hart gesottene, aber entsetzlich ungare Bachelors für Meinungstrompete. Ich hätte da, horribile dictu, lieber mehr Atomphysiker und solide Installateure. Wer keinen Kopf hat, hat doch meist eine Hand.

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